Kunst

500 Jahre Bosch: Wundersame Welt zwischen Himmel und Hölle

© HELMUT FOHRINGER / APA / picture

Teufel, Monster, Heiliger: Rund um den 500. Todestag des Malers Hieronymus Bosch am 9. August wird seine Heimatstadt zur Bühne.

Den Bosch –Fliegende Fische ziehen dickbäuchige Boote über den Fluss Dieze. Am Ufer fletscht ein gehörntes Wesen die Zähne. Die niederländische Stadt ’s-Hertogenbosch hat sich für ein Festjahr herausgeputzt: Vor 500 Jahren starb ihr berühmtester Bürger, der Maler Hieronymus Bosch. Ihm zu Ehren wird seine Heimatstadt ein ganzes Jahr lang selbst zur Bühne für die wundersame Welt zwischen Himmel und Hölle.

„Eine Zeitreise“ verspricht Justine de Jong von der Organisation „bosch500“ den Besuchern. Über 90 Aktivitäten, 13 Ausstellungen, Theater, Tanz, eine „Himmel- und Höllen-Fahrt“ auf der Dieze, abendliche Licht- und Musikspektakel, sogar ein Requiem wird es geben.

Vor allem aber werden die wundersamen Wesen, für die Bosch so berühmt ist, die mittelalterlichen Gassen, Plätze und Parks beleben. Monster, Fabelwesen und Engel ziehen in den Wald des Herzogs, wie ’s-Hertogenbosch wörtlich übersetzt wird.

Alle seine Meisterwerke schuf der Maler in Den Bosch, wie die Niederländer die Stadt nennen. Etwa 45 gibt es noch und sie sind heute im Besitz von 18 Sammlungen in zehn Ländern. Doch keines ist noch in seiner Heimatstadt. „Doch jetzt kommen viele nach Hause“, sagt der Direktor des Noordbrabants Museum, Charles de Mooij, und freut sich. Etwa 20 Gemälde und 19 Zeichnungen sind ab 13. Februar dort zu sehen. „Hieronymus Bosch – Visionen eines Genies“ ist die bisher größte Bosch-Ausstellung.

Direktor de Mooij ist zu Recht stolz. Denn dass ausgerechnet sein Museum in der 140.000-Einwohner-Stadt diese spektakuläre Ausstellung zeigen kann, ist fast schon ein kleines Wunder. Warum sollten die großen Museen auch ihre kostbaren Juwelen auf die Reise in die südniederländische Provinz Nord-Brabant schicken? Der „Heuwagen“ aus dem Prado in Madrid etwa oder „Das Narrenschiff“ aus dem Louvre? „Wir hatten ja nichts als Gegenleistung zu bieten“, sagt de Mooij.

Doch dann kamen die Niederländer mit einem verlockenden Angebot. Vor neun Jahren startete das bisher umfangreichste Forschungs- und Restaurierungsprojekt zum Gesamtwerk von Hieronymus Bosch. „Wir haben die Gemälde und Zeichnungen mit den neuesten Techniken untersuchen lassen“, sagt de Mooij. 12 Werke wurden restauriert.

Die Forscher konnten einige Rätsel lösen – die Ergebnisse des Projekts werden im Februar vorgelegt. Doch das größte Rätsel bleibt. Wer war dieser Maler auf der Schwelle von Mittelalter und Renaissance, dessen Visionen von Himmel und Hölle eine unerklärliche Anziehungskraft auf Millionen Menschen ausüben?

Sein Leben war mysteriös, aber so viel ist sicher: Am 9. August 1516 läuteten die Glocken der Sint-Jans-Kathedrale zur Trauerfeier. Doch wo sein Grab ist, woran er starb, ob er Kinder hatte – das alles ist unbekannt. Als der Maler als Hieronymus van Aken um 1450 geboren wurde, war Den Bosch eine blühende, reiche Metropole – bekannt für feine Stoffe und die Kunst. Auch die van Akens waren eine angesehene Maler-Familie mit Sitz am alten Markt. Seine Heirat mit der wohlhabenden Aleid van de Meervenne 1480 brachte Jeroen, wie er noch immer genannt wird, in die höheren Kreise. Er wurde sogar in die illustre Liebfrauen-Bruderschaft aufgenommen. Die so genannte Schwanenbruderschaft besaß in der Kathedrale eine eigene Kapelle, für die Hieronymus wohl auch ein Altarbild gemalt hat. Der Ruhm des Meisters, der nun mit seinem Künstlernamen Bosch signierte, aber reichte weit über die Stadtgrenzen hinaus bis an den spanischen Hof.

Vieles in der charmanten Stadt ist noch genauso wie zu Lebzeiten des Malers. Die Gässchen, der alte Markt, die Kathedrale. Auch die Schwanenbruderschaft gibt es noch immer – ihr berühmtestes Mitglied ist heute König Willem-Alexander.

Auch die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien, die ab 1. April von der Literatur- und Kunsthistorikerin Julia M. Nauhaus geleitet wird, steht heuer ganz im Zeichen von Hieronymus Bosch: Im 500. Todesjahr widmet man dem Meister drei Schwerpunkte. Den Beginn macht das Tanzprojekt „Hieronymus Bosch – Just Happening. Video Tanz Visionen“ im Rahmen des EU-Tanzprojekts „Dancing Museums“ (10. Mai bis 12. Juni). Von 26. August bis 30. Oktober ist die Schau „Natur auf Abwegen? Mischwesen, Gnome und Monster (nicht nur) bei Hieronymus Bosch“ zu sehen. Highlight der Sammlung ist freilich Boschs großes „Weltgerichts-Triptychon“: Ihm ist ab 14. Dezember (bis 26. Februar 2017) die Schau „Das Jüngste Gericht“ gewidmet. Dabei werden auch die Ergebnisse eines seit 2009 laufenden FWF-Forschungsprojekts zur monografischen Untersuchung des Triptychons und eine dazugehörige Publikation vorgestellt. Auch Konzerte, Lesungen und eine Tagung sind geplant.

Das „Weltgerichts-Trip­tychon“ wird übrigens nicht den Weg ins niederländische Noorbrabants Museum antreten. Laut Martina Fleischer, der derzeitigen interimistischen Leiterin der Gemäldegalerie, sei es „konservatorisch zu prekär, es zu verleihen“. (dpa, APA, TT)

Verwandte Themen