Tirol

Trotz Steuerreform nicht mehr bar auf die Hand

Die meisten Arbeitnehmer erhalten nun 70 bis 120 Euro mehr.
© Thomas Böhm

Wer einen Nettolohn vereinbart hat, schaut bei der Steuerreform vielfach durch die Finger. Die AK Tirol fordert die Firmen auf, Vorteile weiterzugeben.

Von Nina Werlberger

Innsbruck – Die Steuerreform bringt nicht allen Arbeitnehmern mehr Geld: Wer eine Nettolohn-Vereinbarung unterschrieben hat, schaut jetzt vielfach durch die Finger. Üblich sind solche Absprachen über einen fixen Nettolohn etwa im Gastgewerbe, am Bau oder auch in der Transportwirtschaft. Der abgemachte Nettolohn bleibt dann nach Inkrafttreten einer Steuerreform der Höhe nach gleich. Das ärgert nun Tirols Arbeiterkammerpräsidenten Erwin Zangerl. „In diesen Fällen stecken sich die hart erkämpfte Senkung der Lohnsteuer stattdessen die Arbeitgeber in die Tasche! Das ist moralisch höchst verwerflich. Ich fordere die Arbeitgeber auf, dieses Geld den Mitarbeitern auszuzahlen. Im Übrigen verlangen wir eine gesetzliche Regelung.“

Franz Hörl, Tourismus-Obmann in der Wirtschaftskammer Tirol, sieht die Sache erwartungsgemäß konträr. „Der AK-Präsident irrt – auch bei den Nettolohn-Vereinbarungen“, erklärte Hörl. Diese seien nur noch selten anzutreffen und bei Weitem nicht mehr so verbreitet wie früher. Zangerl richtete Hörl aus: „Wenn er sich unter den Betrieben mal umhören würde, dann würde er feststellen, dass die meisten den Steuervorteil auch weitergeben. Auch wenn sie das gar nicht müssten!“, sagte Hörl. Und: „Natürlich sollen unsere Mitarbeiter auch von der Steuerreform profitieren.“

Wann müssen Betriebe nun die Steuervorteile weitergeben und wann nicht? Arbeitsrechtlich ist zwischen der „unechten“ und der „echten“ Nettolohn-Vereinbarung zu unterscheiden. Bei Ersterer wird zwar ausgemacht, was der Mitarbeiter bar auf die Hand bekommt, aber diese Summe wird vom Bruttolohn abgeleitet. Wenn eine Steuerreform einen Vorteil oder auch einen Nachteil bringt, spürt der Mitarbeiter beides auch.

Bei der „echten“ Nettolohn-Vereinbarung hingegen muss der Arbeitgeber den Wegfall individueller Steuervorteile ebenso ausgleichen wie Steuererhöhungen. Andererseits muss er neue Steuervorteile aber nicht weitergeben. Diese Abmachungen sind laut Wirtschaftskammer in der Praxis eher die Seltenheit.

Die Arbeiterkammer schätzt, dass mehrere Hundert Arbeitnehmer in Tirol betroffen sind. Zangerl fordert nun, dass jene Arbeitsverhältnisse mit echten Nettolohn-Vereinbarungen erfasst werden, die vor Inkrafttreten der Steuerreform begonnen wurden. Der sich durch die Steuerreform ergebende höhere Nettolohn müsse ausgezahlt werden. „Das Finanzministerium blockiert unsere Forderungen bisher mit verfassungsrechtlichen Bedenken, trotzdem werden wir weiterhin darauf drängen, dass die Lohnsteuervorteile auch an die Arbeitnehmer mit echten Nettolohn-Vereinbarungen weitergegeben werden“, betonte der AK-Präsident.

Entlastung für Arbeitnehmer, Pensionisten und Selbstständige

Wer bekommt wann mehr Geld? Die Steuerreform wurde genau genommen schon vor Jahreswechsel spürbar – und zwar für all jene, deren Jänner-Gehalt schon im Dezember ausgezahlt wurde. Jetzt mit Jänner-Schluss bekommt das Gros der Beschäftigten das Plus am Gehaltskonto vermerkt. Ein Durchschnittsverdiener mit etwa 26.000 Euro Jahresbrutto sollte dabei rund 70 Euro netto mehr am Konto haben. Einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer (durchschnittlich rund 49.000 Euro Jahresbrutto) bleiben laut Entlastungsrechner des Finanzministeriums gut 120 Euro monatlich mehr, einer vollzeitbeschäftigten Frau (durchschnittlich rund 38.000 Euro) etwa 90 Euro.

3,75 Milliarden Euro kostet die Lohnsteuerentlastung den Staat allein heuer. Auch bei den Pensionen wird die Reform jetzt spürbar. Wer nachrechnen will, kann dies mit dem so genannten Entlastungsrechner auf der Homepage des Finanzministeriums tun.

Wer sein Gehalt für Jänner schon in der zweiten Dezemberhälfte überwiesen bekommen hat, profitierte bereits von den niedrigen neuen Steuersätzen. Wer im umgekehrten Fall sein Dezembergehalt aber erst nachträglich in der ersten Jänner-Hälfte erhielt, zahlt noch die höheren alten Steuersätze.

Selbstständige rechnen die Einkommensteuer im Nachhinein ab, die Entlastung wird für sie daher erst mit der 2017 fälligen Einkommensteuererklärung schlagend. Wer nicht so lange warten möchte, kann mit Verweis auf die Steuerreform die Herabsetzung der quartalsweise fälligen Steuervorauszahlungen beantragen. Dafür reicht laut Finanzministerium ein formloses Schreiben über „Finanz­Online“ aus.

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