Außerferner Rollifahrer ist ein echter Bergfex
Stefan Posch ist seit fast 16 Jahren querschnittgelähmt. Rückzug? Im Gegenteil: Er fährt ehrenamtlich Pistenraupe und bewältigt im Sommer selbst mühelos Wege im Gebirge.
Von Hans Nikolussi
Weißenbach –Wenn es die Verhältnisse erfordern, schwingt sich Stefan Posch in aller Herrgottsfrühe auf sein „Tuxerl“ und macht sich auf den Weg zum Skilift. Das „Tuxerl“ ist ein Quad mit Raupen, gekauft von den Gletscherliften in Hintertux, mit Skilift ist der Dorflift von Weißenbach gemeint. Noch vor seinem regulären Arbeitsbeginn bei Plansee, wo er halbtags beschäftigt ist, wird er beim Verein „Moosberglift“, der aus einer Bürgerinitiative entstanden ist, als Pistenraupenfahrer tätig. Ehrenamtlich, wie übrigens alle Mitglieder des Vereins. Das Außergewöhnliche daran: Stefan ist seit dem Sommer 2000 querschnittgelähmt. Musste er zu Beginn seiner Tätigkeit als Raupenfahrer von Freunden mit der „Schneehex“ zum Fahrzeug gebracht werden, so steigt er nun für ihn einigermaßen komfortabel in das Gefährt einfach um und fährt mit dem Riesending die Hänge ab, um vor allem der Dorfjugend das Skifahren vor Ort zu ermöglichen.
Im Sommer 2000 brach für den lebenshungrigen Weißenbacher eine Welt zusammen. Ein Sprung ins erfrischende Nass, und nichts war mehr wie vorher. Nach zwei Operationen stand nach dem Badeunfall fest: inkomplette Querschnittlähmung, irreparabel. Aber Stefan entpuppte sich als Kämpfertyp. Bereits nach einem knappen Jahr meldete er sich bei Plansee SE „zurück“. Und schon kurz nach seiner Reha hatte er einen Monoskikurs absolviert.
Mit seiner Immobilität wollte er sich partout nicht abfinden. Nach einem Urlaub am Meer wollte auch er sich am Sandstrand entlangflitzen sehen. Mit dem Rolli war das nicht möglich. Der Tüftler baute sich aus einem „Outdoor-Segway“ ein Gerät, das es ihm ermöglicht, auch Steige und Wege im Gebirge mühelos und ohne Hilfe zu bewältigen. Posch über eines seiner „Highlights“: „Es war schon ein außergewöhnlicher Moment, als ich über die Mauern der Festung am Schlosskopf auf den Talkessel von Reutte blicken konnte.“ In der Zwischenzeit ist für ihn keine Alm, kein noch so steiler Bergpfad ein Hindernis. Er bezwingt die Unwägbarkeiten mit Hartnäckigkeit und dem von ihm adaptierten Kultgerät aus den USA.
Im Dorfleben voll integriert, engagiert sich der Rollifahrer nicht nur am Skilift, sondern auch als Obmann des Stockschützenvereins, wo er selbst die „Keule“ schwingt. Bogenschießen, Tischtennis und das Modellfliegen gehören zu seinen Hobbys. Mit einem Wasserflugzeug probiert er Landungen auf dem Schnee, im Sommer lässt er seine Gleiter vom „Moosberg“ aus starten. Kämpferisch gibt sich der 42-Jährige, wenn es um das Behindertengleichstellungsgesetz geht, und ortet weitum große Versäumnisse: „Wie soll sich ein Rollifahrer integrieren können, wenn ihm schon technisch der Zugang zu vielem verbaut ist? Ein negatives Beispiel dafür ist meine Heimatgemeinde, wo das Gemeindeamt im ersten Stock für mich einfach nicht zu erreichen ist. Seit 2006 ist das Gesetz in Kraft. Passiert ist viel zu wenig.“
Bezeichnend für den „positiven Typ“ war auch sein Hochzeitstermin. Auf den Tag genau fünf Jahre nach seinem Unfall heiratete er Brigitte, seine Sport-Pflegerin aus der Reha. Er betrachtet das Datum als Glücksfall.