Kolumne: Mut zum Absprung

Pointner: Skisprung-Großmacht, das war einmal

Die ÖSV-Hoffnungsträger beim Weltcup-Finale in Planica: Michael Hayböck und Stefan Kraft.
© Gepa

Alexander Pointner (45), erfolgreichster Skisprung-Trainer aller Zeiten, kommentiert für die TT das Schanzen-Geschehen.

Von Alexander Pointner

Die Freude im österreichischen Skisprung-Team hielt nicht lange an. Dem kurzen Höhenflug in Finnland folgte die totale Ernüchterung: Während in Polen noch ein Springer als Achter in den Top 20 landete, war in Titisee-Neustadt dort keiner mehr zu finden. Kraft 22. und Fettner 28., der Rest unter ferner liefen.

Die Mechanismen bleiben dennoch die alten: Hayböck hatte schlechten Wind, was definitiv der Fall war, von den anderen sechs Athleten wird nicht gesprochen. Die Trainer laufen gekränkt im Athletendorf umher und wirken besonders auf jene beleidigt, die eventuell Kritik anbringen könnten. Nebenbei gab es heuer auch schon Sprechverbot mit einzelnen Medienvertretern. Ein professionelles Team müsste meiner Meinung nach anders agieren.

Mehr als 700 Punkte liegt das ÖSV-Team im Nationencup hinter Platz drei und mehr als 2000 Punkte hinter den führenden Norwegern, die als unerreichbar dargestellt werden. An die Rekordzahlen von früher kommen diese aber gar nicht heran. Für die ehemalige Großmacht Österreich wird Platz vier übrig bleiben. Das ist erst dreimal seit Bestehen des Weltcups passiert, das letzte Mal 1996/97.

Auch wenn sich das Team im Umbau befindet, sind zum Großteil noch immer dieselben Athleten wie vor zwei Jahren am Werk, nur sind manche in die zweite Liga abgerutscht. Zur Veranschaulichung: In meiner letzten Saison als Trainer hätten wir den Nationencup auch ohne die Punkte von Morgenstern, Koch und Loitzl, deren Fehlen jetzt ins Treffen geführt wird, gewonnen. Man sollte auch hinterfragen, warum mit Loitzl und Schlierenzauer gleich zwei Spitzen­athleten mitten in der Saison wegen Erfolglosigkeit ihre Skier zur Seite stellten.

Zu Letzterem wird seitens des ÖSV nun wieder Kontakt aufgenommen, wie man aus Skisprung-Kreisen vernimmt. Aber nicht vom Cheftrainer, sondern von der sportlichen Leitung des ÖSV. Hoffentlich werden nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholt und Versprechungen gemacht, ohne diese mit der Skisprung-Abteilung zu koordinieren.

Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass es zu einem versöhnlichen Abschluss kommt und Hayböck noch auf den dritten Weltcup-Gesamtrang springt. Sonst steht der ÖSV mit leeren Händen da – wie übrigens auch bei der Junioren-WM (männlich). Eine schwierige Zukunft steht bevor.

Weitere Infos und Analysen: alexanderpointner.at