Gesellschaft

Arbeiter in bosnischer Waschmittelfabrik produzieren selbst

Symbolfoto.
© APA (dpa)/Silvia Marks

Nachdem der Betrieb vor drei Jahren eingestellt wurde, nehmen einige Arbeiter jetzt das Zepter in die Hand. Sie suchen auch nach neuen Absatzmärkten.

Sarajevo – Die bosnische Waschmittel-Fabrik Dita war vor dem Krieg einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Großstadt Tuzla, doch der Krieg und die spätere Privatisierung haben den Betrieb ruiniert. Vor drei Jahren wurde die Produktion ganz eingestellt, doch im vergangenen Jahr hat ein Teil der Arbeiter die Fabrik wieder aufgesperrt. Sie bemühen sich nun um neue Absatzmärkte, darunter auch Österreich.

Vor dem Krieg war das im Nordosten Bosnien-Herzegowinas gelegene Tuzla ein Zentrum der Chemie- und der metallverarbeitenden Industrie im sozialistischen Jugoslawien gewesen. Dita beschäftigte damals rund 1400 Leute und stellte unter anderem ein Putzmittel gleichen Namens her. Durch den Lizenz-Entzug der italienischen Partner im Jahr 1995 und den Verkauf der Fabrik an das in Sarajevo ansässige Unternehmen Lora im Jahr 2005 wurde die Produktion des früheren jugoslawischen Marktführers immer weiter zurückgefahren.

Symbol für Misswirtschaft

Seit 2012 protestierten Arbeiter auf den Straßen und forderten ihre Gehälter, 2013 stellte die Fabrik die Produktion völlig ein. Das Unternehmen wurde zum Symbol für Korruption und Misswirtschaft in Bosnien-Herzegowina.

2015 organisierten sich aber die ehemaligen Dita-Angestellten, besetzten die Fabrik und produzieren seither auf eigene Faust aus den übrig gebliebenen Rohstoffen wieder Reinigungsmittel. Sehr beliebt war in Jugoslawien auch das Waschmittel „Ida“ gewesen, dessen Produktion aber vor sechs Jahren eingestellt wurde. Letzte Woche wurde auch die Produktion dieser Marke wieder aufgenommen, nachdem es gelungen war, die Verpackungsmaschine zu reparieren, wodurch man die Produktion von zwei auf drei Waschmittelsorten erweitern konnte.

„Mittlerweile haben wir 78 Angestellte“, sagte der Verkaufsleiter des Betriebes, Nedzad Gavranovic, im Gespräch mit der APA. „Wir schaffen es, unsere Arbeiter zu bezahlen, Rohstoffe zu kaufen und die laufenden Kosten zu decken.“ Eine Ausweitung der Produktion scheitere derzeit aber noch an den fehlenden Finanzmitteln.

Export in die EU

„Dita war nicht nur auf dem inländischen Markt präsent, sondern immer auch exportorientiert. Wir haben bereits die ersten Aufträge aus dem Kosovo erhalten, Serbien und Slowenien sollen demnächst folgen“, so Gavranovic. Verhandlungen mit möglichen Abnehmern in Österreich würden bereits laufen.

Man habe Produktproben vom österreichischen Markt erhalten, um die Qualität der Dita-Reinigungsmittel dem europäischen Standard anzupassen. „Wir versuchen uns nicht nur auf den EU-Markt zu konzentrieren, sondern führen auch Verhandlungen mit Kuwait, Katar, den Emiraten und Saudi-Arabien“, erzählt Gavranovic.

Heute liegt das Industriegebiet im Kanton Tuzla brach, ein Fünftel aller Arbeitslosen Bosniens lebt in der Region mit rund 477.000 Einwohnern.

Auch 20 Jahre nach dem Krieg hat sich Bosnien-Herzegowina wirtschaftlich nicht erholt. 2015 lag die Anzahl der Arbeitslosen bei 551.187, bei nur knapp über 700.000 Beschäftigten. Das Durchschnittseinkommen beträgt rund 400 Euro im Monat. Das Land leidet auch massiv unter dem Braindrain durch Abwanderung. Seit dem Ende des Krieges haben laut Berichten bosnischer Medien rund 150.000 junge Menschen das Land verlassen. (APA)