Sauer ist nicht lustig
Hinter ständigem Aufstoßen und Sodbrennen steckt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Zwerchfellbruch. Der Schwazer Spezialist Gerold Wetscher weiß, was dann zu tun ist.
Von Theresa Mair
Schwaz –Lachen, bis der Bauch weh tut. Daran denkt man beim Wort „Zwerchfell“ womöglich als Erstes. Wem Sodbrennen regelmäßig den Schlaf raubt, dem wird das Lachen aber schnell vergehen. Auch das hat mit dem Zwerchfell zu tun. „Ein Zwerchfellbruch ist die häufigste Ursache für Sodbrennen und auch für Schluckstörungen“, sagt Gerold Wetscher, Primar am Bezirkskrankenhaus Schwaz. Nahezu jeder zweite Erwachsene ab 50 Jahren habe einen Zwerchfellbruch (Zwerchfellhernie) – merke aber oft gar nichts davon.
„Das Zwerchfell ist eine Muskelplatte, die den Bauchraum vom Brustraum trennt. Durch eine Lücke in der Mitte führt die Speiseröhre zum Mageneingang“, erklärt der Mediziner. Eine Muskelschlinge – die Zwerchfellschenkel – zieht sich dort um die Speiseröhre zusammen und verhindert den Rückfluss von Mageninhalt. Diese leiert aber mit der Zeit aus, die Lücke erweitert sich, Magensaft kann so in die Speiseröhre zurückfließen und Sodbrennen verursachen. Doch auch die Speiseröhre erschlafft, weil ihr mit den Zwerchfellschenkeln der untere Aufhängemechanismus abhandengekommen ist. Das könne zu Schluckstörungen führen oder sich wie ein ständiger Knödel im Hals anfühlen.
Wer nur ab und zu von Sodbrennen geplagt wird, kann Protonenpumpenblocker einnehmen, welche die Magensäureproduktion hemmen. Eine Dauerlösung ist das aber nicht. „Protonenpumpenblocker beheben die Ursache nicht. Mittlerweile weiß man, dass sie auf Dauer Verdauungsbeschwerden und Nahrungsmittelintoleranzen auslösen können.“ Wer häufig Sodbrennen hat, leidet an der Refluxerkrankung. Dann operiere man auch kleine, etwa pflaumengroße Brüche. Bei einer großen Zwerchfellhernie führe sowieso kein Weg an der OP vorbei. Nach und nach könnten nämlich durch das Loch immer mehr Magenanteile, ja sogar das ganze Organ in den Brustraum dringen und dort eine Reihe von Problemen bereiten. „Diejenigen, die den Magen komplett im Brustraum haben, leiden oft bereits seit vielen Jahrzehnte an schwerem Sodbrennen. Ein im Brustraum fixierter Magen kann aber auch Herz-Rhythmus-Störungen auslösen. Oder der Magen dreht sich, klemmt damit die Blutzirkulation ab und stirbt ab.“ Weiters könne Speiseröhrenkrebs eine – wenn mit 300 Neuerkrankungen in Österreich pro Jahr auch seltene – Folge anhaltenden Sodbrennens sein.
Das ist aber noch nicht alles: Wenn der Mageninhalt in den Mund zurückfließt, würde man diesen nachts einatmen, was zu Bronchospasmen – Krämpfe in den Bronchien – und folglich zu Husten führen könne. „Wenn Lungenfachärzte die Ursache für COPD oder Asthma nicht an einer Atemwegserkrankung festmachen können, schicken sie ihre Patienten häufig zur Gastroskopie.“ Diese Magenspiegelung in Verbindung mit einer Manometrie und einer PH-Metrie (siehe: Factbox) ist die einzige Möglichkeit, einen Zwerchfellbruch zu diagnostizieren und den Schweregrad einer Refluxerkrankung festzustellen.
Im BKH Schwaz werden jedes Jahr rund 150 Patienten mit Refluxerkrankung operiert. Wetscher hat die OP-Methode in den 1990er-Jahren in den USA gelernt, in Österreich eingeführt und – nach eigenen Angaben – mit tausenden Operationen österreich-, wenn nicht gar europaweit die meiste Erfahrung damit.
Mittels Schlüssellochchirurgie wird bei dem Eingriff die Speiseröhre bis in den Brustraum freigelegt und der Magen wieder in den Bauch verschoben. Danach vernäht der Operateur die Zwerchfellschenkel an der Speiseröhre und schlingt zusätzlich das Magendach, das wie ein Schließmuskel funktioniert, als stützende Manschette von hinten um die Speiseröhre. Wetscher legt Wert darauf, dass keine Kunststoffnetze eingesetzt werden. „Die Gegend reagiert sensibel auf Fremdkörper. Kunststoffnetze führen zu Vernarbung und können einen Rückfall nicht verhindern.“ Einen solchen würden nach der OP ohnehin weniger als fünf Prozent der Patienten erleiden. Allerdings sollte man die Ernährung auf sechs kleine Mahlzeiten pro Tag umstellen und dürfe in den ersten acht Wochen nach dem Eingriff nichts tragen und heben. Dann kann man ohne Angst vor einem Bruch beim Wort „Zwerchfell“ wieder ans Lachen denken.
Ein überdehnter Magen lässt das Zwerchfell brechen
Ein Zwerchfellbruch ist laut Gerold Wetscher vom BKH Schwaz eine Erkrankung der westlichen Welt. Durch zu wenige, aber große Mahlzeiten werde der Magen überdehnt. Fettreiche Nahrung bleibe zudem lange im Magen liegen. Auf die Dauer hielten die Zwerchfellschenkel diesem Druck nicht stand.
Die Gastroskopie: Eine Magenspiegelung wird unter Narkose durchgeführt. Dabei sieht der Arzt die Funktion des Verschlussmechanismus der Speiseröhre, den Zwerchfellbruch, mögliche Entzündungen, aber auch Tumore.
Die Manometrie ist ein Verfahren, um den Druck zu messen, den der Verschlussmechanismus der Speiseröhre erreicht, was ein Maß für seine Effizienz ist. Sie ist wichtig für die Diagnose eines Zwerchfellbruchs und um andere Erkrankungen — z. B. Achalasie (Schließmuskelkrampf) — ausschließen zu können. Dafür wird eine dünne Sonde über die Nase eingeführt.
Bei der PH-Metrie wird auch eine Sonde über die Nase bis in die untere Speiseröhre eingeführt und dort 24 Stunden zur Messung der Magensäure in der Speiseröhre belassen.