Bundespräsidentwahlen 2016

Richard Lugner: „Im Privatleben darf ich lustig sein“

Der Werbewert der Wahlkampagne? Richard Lugner winkt ab. Von der Steuer abschreiben könne er das Wahlkampfbudget nicht. Er stellt aber nicht Abrede, dass sein Einkaufszentrum am Wiener Gürtel von der Medienpräsenz profitiert.
© Zoom Tirol

Präsidentschaftskandidat Richard Lugner und die Frage, wie sich Badewannen-Selfies und die Würde des Staatsoberhaupts vereinbaren lassen. Rot und Schwarz würde er nicht mehr gemeinsam regieren lassen.

Sie sind mit dem Anspruch in den Wahlkampf eingestiegen, dass Sie der „Kasperl“ seien. Bereuen Sie diese Ansage inzwischen?

Richard Lugner: Die Medien haben mich immer wieder zum Kasperl gemacht. Und ein Karikaturist hat eine schöne Zeichnung gemacht. Nur beim Wahlkampfauftakt hätte eigentlich das Bild von meiner Frau und mir an die Wand projeziert werden sollen. Nur hat dann jemandem das Kasperlbild so gut gefallen, dass sie das verwendet haben.

Noch einmal: Bereuen Sie die Ansage des Kasperls?

Lugner: Schauen Sie. Wir führen den Wahlkampf mit den Inhalten, die wir vertreten. Der Kerninhalt ist weg von Rot-schwarz, hin zu einer echten Demokratie. Dazu gehört der Wechsel, dass einmal die einen dran sind und dann die anderen. Das muss man in Österreich wieder erreichen. Wir funktionieren nicht wie eine echte Demokratie: Egal, was wir wählen, wir bekommen immer Rot-schwarz – vielleicht jetzt zum letzten Mal.

Was kann der Bundespräsident daran ändern?

Lugner: Der Bundespräsident hat die Möglichkeit, die Regierung zu bilden. Und da unterscheide ich mich von den anderen, dass ich sage, ich will Rot und Schwarz trennen. Außer Streiten können SPÖ und ÖVP nichts. Und die Grünen in einer Dreierkoalition dazu? Das kann wirtschaftlich nur noch weiter ins Chaos führen. Wir waren vor Deutschland in der Wirtschaftsentwicklung – und jetzt sind wir Schlusslicht.

Wenn SPÖ und ÖVP eine gemeinsame Mehrheit hätten…

Lugner: … würde ich sie nicht angeloben.

Wenn sie aber darauf beharren?

Lugner: Das ist dem (Thomas) Klestil auch einmal passiert. Da hat er etwas gegen seinen Willen gemacht. Aber Klestil war halt ein bissel stur. Ich bin seit über 50 Jahren in der Wirtschaft tätig, da müssen Sie immer wieder Kompromisse schließen. Der Bundespräsident muss versuchen, zu verhandeln, damit er zwei Optionen hat.

Sie würden sich auf Ihr Verhandlungsgeschick verlassen?

Lugner: Es gibt da eine Menge Probleme. Schwarz und Blau wollen miteinander. Die Roten wollen mit den Blauen nicht, die Grünen wollen das auch nicht. Das kann alles nur zum Stillstand führen. Da muss man mit dem Herrn Bundeskanzler (Werner) Faymann darüber reden, ob er nicht doch einmal sagt, Rot-blau geht auch. Das funktioniert auch im Burgenland. Der Bundespräsident muss schauen, dass er zwei Optionen hat, Schwarz-blau oder Rot-blau. Er darf nicht erpressbar sein. Auch Schwarz-blau war nicht so schlecht. Die haben eine gute Pensionsreform gemacht. Dann sind aber wieder die Rot-schwarzen wieder gekommen. Die haben gesagt, da gibt es ein paar körperlich Kaputte – und heute haben wir die Hacklerregelung. Und wir, das Restvolk, müssen das zahlen.

Apropos Pension: Sie arbeiten in Ihrem Einkaufszentrum, der Lugner-City, beziehen aber auch eine Pension.

Lugner: Ich beziehe eine Pension, um die 3300 Euro, ganz genau weiß ich das nicht.

Sie arbeiten aber weiter.

Lugner: Das ist nicht verboten. Der Bundespräsident darf keinen zweiten Beruf ausüben. Er darf sich aber in seiner Freizeit weiter um das kümmern, was ihm gehört.

Sie würden sich als Bundespräsident weiter um die Lugner-City kümmern?

Lugner: Die Lugner-City würde von einem anderen Geschäftsführer geführt. Vielleicht schaue ich hin und wieder vorbei.

Wenn Sie in den vergangenen Jahren mit politischen Fragen aufgetreten sind, war das Ihre Forderung nach einer Liberalisierung der Ladenschlusszeiten. Würden Sie als Bundespräsident auf diesem Thema draufbleiben?

Lugner: Wir müssen die Probleme unseres Landes lösen, da ist die Arbeitslosigkeit, mit der Sonntagsöffnung hätte ich statt 500.000 nur mehr 490.000 Betroffene. Dann das Pensionsproblem, das Flüchtlingsproblem, das Budgetdefizit und die Staatsreform. Beim Ladenschluss sind wir das absolute Schlusslicht. Die Leute, die hier arbeiten, würden um 100 Prozent mehr Lohn bekommen. Und der Staat würde um 50 biss 100 Millionen Euro mehr Steuern einnehmen. Jetzt geht das Geld zu Amazon und zu allen diesen Firmen.

Was kann der Bundespräsident da beitragen?

Lugner: Der Bundeskanzler kann nur verhandeln, er kann keine Aufträge erteilen. Man sollte auch versuchen, die Lohnnebenkosten radikaler zu kürzen. Ich will nicht die Löhne kürzen, ich will nicht den 13./14. Gehalt kürzen. Die Leute, die etwas leisten, sollen auch etwas davon haben. Es gibt aber auch die soziale Hängematte. Auch die Mindestsicherung ist so gefährlich hoch, so nahe am niedrigsten Gehalt, dass die Leute sagen, warum soll ich um 200 Euro mehr arbeiten?

Wie schätzen Sie die Regierungslinie in der Flüchtlingsdebatte ein?

Lugner: Der Bundespräsident hätte schon vor einem Jahr aktiv werden müssen, statt in der Hofburg hinter der Tapetentür zu sitzen. Der Bundespräsident vertritt das Land nach außen, er hätte mit allen Repräsentanten der Schengen-Länder Gespräche aufnehmen müssen, um zu sagen, bitte machen wir die Außengrenzen dicht, wie es im Schengenvertrag drinnensteht. Aber das hat man alles verschlafen. Und damals wäre es vielleicht noch leichter gewesen, das zu lösen. Momentan schaut es so aus, als ob wir einen richtigen Weg einschlagen. Nur bauen wir jetzt in Europa Zäune statt die Grenzen wirklich zu sichern.

Haben wir einen Notstand, der es rechtfertigen würde, Asylwerber gar nicht mehr ins Land zu lassen?

Lugner: Wir haben in Österreich die Rechtslage, dass man Asylwerber, die aus sicheren Drittstaaten kommen, dorthin zurückschicken kann. Nachdem Österreich von lauter sicheren Drittstaaten umgeben ist, könnten wir viele zurückschicken. Was mir derzeit nicht gefällt, ist, dass wir den Türken drei Milliarden Euro geben und sagen, wir nehmen Flüchtlinge von dort. Wir sollten die drei Milliarden Euro direkt nach Syrien geben, wenn es dort eine Aussicht auf Frieden gibt. Wir sollten dort unterstützen, so wie es in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg den Marschall-Plan gegeben hat.

Sollten Europa und Österreich auch Soldaten nach Syrien schicken, um dort Frieden zu bringen?

Lugner: Österreich hat im EU-Vertrag die Neutralität drinnen. Folglich können wir das nicht machen.

Würden Sie einen Minister angeloben, der von einem Landeshauptmann einer Bundesregierung einfach hineingesetzt wird – so wie der neue Innenminister Wolfgang Sobotka?

Lugner: Es ist ein Problem, dass die ÖVP, diese große Partei, zusammenbricht. Es wäre auch schade, wenn sie weg wäre. Ich will sie nur nicht mit den Roten zusammen. Der Parteichef ist der Reinhold Mitterlehner. Aber der Erwin Pröll und in der SPÖ der Michael Häupl sind halt die beiden, die etwas zu sagen haben. Da gehört unser Föderalismus ein bissel umgebaut.

Zurück zu Ihrem Wahlkampf. Sie wollen über Inhalte wahrgenommen werden. Gleichzeitig gibt es die Reality-Soap im Privatsender ATV. Gleichzeitig gibt es Selfies von Ihnen und Ihrer Frau in der Badewanne. Wie verträgt sich das mit der Ernsthaftigkeit und der Würde des Amtes?

Lugner: Meine Frau postet gerne Selfies. Ich bin auch ein ernster Baumeister gewesen, jetzt bin ich Betreiber eines Einkaufszentrums. Aber in meinem Privatleben darf ich lustig sein. Das kann ja nicht so sein, dass man sagt, der Bundespräsident muss in den Keller lachen gehen. Und die Reality-Soap ist eine alte Produktion.

Sie heißt aber schon „Mörtel for Präsident“.

Lugner: Ja. Aber da ist ein bissel Wahlkampf drinnen. Meine Inhalte werden aber nicht wirklich transportiert. Und dann sind es Teile von der RTLII-Show.

Würden Sie als Bundespräsident derartige Formate fortführen?

Lugner: Ich würde es anders machen. Bei einem Staatsbesuch würde ich als Staatsoberhaupt den offiziellen Teil absolvieren. Und dann gibt es das Damenprogramm, wo meiner Frau das Land gezeigt wird und die Leute und Lebensweise und was es sonst gibt. Da kann man Fernsehstationen mitnehmen, die begleitend dieses Damenprogramm zeigen. Das würde die Österreicher interessieren und das ist auch gut für das Land, das man besucht.

Was treibt Sie eigentlich so in die Öffentlichkeit, mit den Reality-Saps und dem Opernball?

Lugner: Das macht mir Spaß, ganz einfach. Der Opernball ist durch Zufall entstanden. 1991 hat der ORF mich angerufen und hat gesagt, Herr Lugner, wir hätten den Harry Belafonte, wenn Sie seine Flugkosten übernehmen, für die haben wir keine Finanzierung, dann geht er mit Ihnen auf den Opernball. Das zweite war dass ich die Joan Collins eingeladen habe, weil meine damalige Frau ein Fan von ihr war. Und ich habe dann gesehen, dass das für die Lugner-City eine tolle Werbung ist. Das tut dem Opernball gut. Und es tut auch auch Wien gut. Mir sagen immer wieder die Fernsehstationen aus dem Ausland, dass sie sonst nicht kommen würden.

Sie sprechen vom Werbewert des Opernballs. Wie hoch ist der Werbewert der Präsidentschaftskampagne für die Lugner-City?

Lugner: Die Lugner-City macht um 800.000 Euro im Jahr Werbung. Die Präsidentschaftskampagne muss ich aber privat zahlen. Ich glaube nicht, dass da ein so großer Werbewert kommt. Wir haben allein 400.000 Euro verbuttert, nur um die Unterstützungserklärungen zu bekommen. Das ist kaum eine Werbung.

Aber der Name Lugner ist doch jetzt sehr viel präsenter.

Lugner: Der Name Lugner ist immer präsent. Dass es einen gewissen Abfall gibt, ist gar keine Frage.

Ist es Ihr Präsidentschaftswahlkampf – oder ist es der Ihrer Frau? Sie haben einmal gesagt, dass sie den Anstoß für die Kandidatur gegeben hat.

Lugner: Ich wollte es nicht mehr machen, aber jetzt stehe ich schon dahinter.

Ist der Wahlkampf heuer schwieriger als vor 18 Jahren, als Sie schon einmal angetreten sind?

Lugner: Es ist so, dass es mehr Kandidaten gibt, die Chancen haben. Und das zweite ist, dass viele Dinge von uns Kandidaten verlangt werden, die wirklich mit dem Präsidentenamt nichts zu tun haben – wie das Eierspeis-Kochen bei einer Veranstaltung.

Da sind wir dann aber wieder bei Lugners Badewannen-Selfie in der Zeitung.

Lugner: Aber das macht man mit allen Kandidaten!

Warum spielen Sie dann mit, wenn es Sie stört?

Lugner: Ich weiß ja vorher nicht, was mich erwartet.

Sie haben Ihr Einkaufszentrum in eine Privatstiftung eingebracht. Haben Sie auch Geld in Panama oder anderen Offshore-Destinationen?

Lugner: Ich besitze keine einzige Briefkastenfirma. In allen meinen Firmen steht der Name Lugner drinnen. Alle Firmen haben ihren Sitz in Österreich. Und alle zahlen Steuer in Österreich.

Sie als Mann aus der Wirtschaft: Haben Sie Verständnis dafür, dass jemand sein Geld in Panama anlegt?

Lugner: Ich verstehe zum Beispiel nicht einen König von Saudi-Arabien, warum er dort Geld anlegt, weil in Saudi-Arabien zahlt man eh keine Steuer. Aber ich glaube, bei diesen Potentaten – auch bei Wladimir Putin usw. - geht es darum, dass sie glauben, wenn sie Geld im Ausland haben, können sie irgendwo hinflüchten, wenn es einen Putsch im eigenen Land gibt. Das ist aber schon dem Muammar Gadaffi nicht gelungen.

Und was ist mit Unternehmern?

Lugner: Das Problem ist, dass es internationale Plätze gibt, wo große Firmen über Umwege weniger Steuern zahlen, Diese Lecks gehören geschlossen.

Haben Sie Verständnis, wenn jemand sagt, bei 55 Prozent Höchststeuersatz wie in Österreich weiche ich ins Ausland aus?

Lugner: Das Problem ist, dass die Steuer in vielen Ländern sehr hoch ist, und dass die Leute schauen, dass ihnen mehr übrig bleibt. Man muss sich halt an die Gesetze halten. Ich mache so etwas nicht. Ich zahle die österreichischen Steuern.

Wen würden Sie als Bundespräsident zum Opernball einladen? Weiterhin Promis? Oder Staatsgäste?

Lugner: Ich würde Staatsgäste einladen. Aber ich würde bekannte Leute einladen, wo auch die Yellow Press drüber schreibt. Einen finnischen Staatspräsident, wie es heuer war, den kennt niemand. Angela Merkel zum Beispiel wäre interessant. Oder Prinz William und seine Frau Kate.

Müsste die Republik für Sie eine Amtsvilla anschaffen?

Lugner: Ich habe ein Haus, und in dem werde ich weiter wohnen. Das Schloss in Mürzsteg würde ich verkaufen. Das Schloss kostet mehr als das Gehalt des Bundespräsidenten. Wenn ich dieses Schloss zusperre und verkaufe, kann ich die Staatsschulden reduzieren und einsparen. Das sollte man als ein Mann, der aus der Wirtschaft kommt, überlegen.