Gestank von Gülle trübt die Idylle
Was bei Anrainern oft für Ärger sorgt, sichert den Landwirten nährstoffreiche Böden.
Von Nikolaus Paumgartten
Innsbruck –Raus aus der Stadt, Beton und Asphalt den Rücken kehren. Ob jemand nur die Erholung bei einem Ausflug aufs Land sucht oder sich gleich ein Eigenheim im Grünen schafft – irgendwann kommt zwangsläufig die Situation, in der ein Landwirt mit dem Güllewagen seine Runden dreht und der Gestank vom Feld die Vorzüge der beschaulichen Naturszenerie übertüncht. Sehr oft zum Unverständnis der betroffenen Anrainer oder Spaziergänger.
„Die Beschwerden darüber haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen“, weiß Reinhard Egger von der Landwirtschaftskammer Tirol. Das liege einerseits daran, dass bebauter Wohnraum und landwirtschaftliche Flächen in den Dörfern immer näher zusammenrücken. Aber auch die Praxis des Düngens habe sich im Laufe der Zeit geändert, erklärt der Experte. Wurde früher einmal im Jahr – nämlich im Herbst – der Mist auf den Feldern verteilt, so werden heute zwar geringere Mengen, diese dafür aber häufiger ausgebracht. Dabei werden dem Boden die dringend benötigten Nährstoffe in Form von Gülle zugeführt. Aber auch der Klimawandel spiele eine Rolle: Wurden Wiesen einst drei- bis viermal im Jahr gemäht, so findet der Schnitt heutzutage bis zu sechsmal im Jahr statt. „Und nach jeder Nutzung wird mit einer kleinen Menge Gülle gedüngt“, sagt Egger.
Der Eindruck, dass Landwirte oft gerade an den Wochenenden mit dem Güllewagen fahren, täusche nicht, meint Egger. Das sei eine Folge des Wandels in der Landwirtschaft: Gut 80 Prozent der Bauern betreiben diese im Nebenerwerb und gehen während der Woche einem anderen Beruf nach. Für das Düngen der Felder bleibe damit oft nur noch das Wochenende. „Ich verstehe jeden, der am Samstag gemütlich seinen Griller anwerfen will und sich über den Geruch vom Feld ärgert“, sagt Egger. Allerdings sei das Düngen mit wirtschaftlichem Dünger die effizienteste Variante, einen weitgehend geschlossenen Nährstoffkreislauf zu garantieren. „Gut 90 Prozent der Nährstoffe, die eine Kuh zu sich nimmt, scheidet sie wieder aus“, rechnet der Fachmann vor. Wenn Kot und Urin wieder auf den Feldern landen, gehen diese wertvollen Bestandteile nicht verloren.
Auch Thomas Schweigl, Bezirksbauernobmann von Innsbruck-Land, verteidigt das Ausbringen von Gülle auf den Feldern: „Durch die Teilnahme an den verschiedenen Umweltprogrammen ist für die Landwirte der Einsatz von chemisch-synthetischen Düngemittel untersagt.“ Der organische Dünger sei daher die Basis für die Nährstoffversorgung der landwirtschaftlichen Flächen und somit von enormem Wert. „Mir begegnen leider immer wieder Menschen, die vermuten, dass Bauern leichtfertig oder mutwillig mit Gülle, Jauche oder Mist umgehen. Einige vermuten sogar Böswilligkeit. Ich versichere aber, dass Dung für uns wertvoll ist.“