Musik

Das Traumschiff und die Liebe

© Universal Music

Wanda laden zur Kreuzfahrt ins Mittelmeer – eine Reise, die ethische Fragen aufwirft.

Innsbruck –Die Kastelruther Spatzen haben es gemacht, Udo Jürgens auch, ebenso die Wiener Philharmoniker: Sie alle sind mit ihrem Publikum in See gestochen. Konzertreisen auf Traumschiffen boomen, selbst Heavy-Metal-Bands sind mit an Bord. Das Kreuzfahrtwesen gilt als der am stärksten wachsende Tourismuszweig. Wobei etwa der Veranstalter der Philharmoniker-Konzertreisen „Meer und Musik“ in einem Interview einräumte, dass die Flüchtlingskrise die ganze Branche vor ein Problem stelle: „Man muss sich schon fragen, ob es aus ethischen Gesichtspunkten zulässig ist, um Sizilien zu cruisen, wenn gleichzeitig Menschen ertrinken“, sagte Michael Springer im Februar dem Standard. Neu ins Programm aufgenommen hat der Klagenfurter Veranstalter nun die „Bussi Kreuzfahrt“: Wanda, der Nino aus Wien und Fuzzman & Die Singing Rebels checken mit ihren Fans am 12. Oktober in Genua ein, über Barcelona und Marseille geht es wieder zurück nach Genua – das Ziel ist, der Fan weiß es, Bologna. Dort geben Wanda am 15. Oktober ein letztes Konzert. Dafür wird auch auf den Bus umgestiegen.

„Es sind schon viele Tickets für die Kreuzfahrt verkauft worden“ freut sich Reinhold „Ray“ Weber, der Bassist von Wanda. Keine Band spaltet derzeit die Lager so wie die Wiener Überflieger, die unlängst am Nova Rock vor 50.000 Fans spielten. Von kleinen, mitunter obskuren Festivalbühnen, die Wanda im vergangenen Jahr mit viel Ausdauer, Schnaps und Amore beackert haben, sind sie zu Festival-Headlinern mutiert. Freilich vom entsprechenden Shitstürmchen begleitet, „Wanda, geh bitte nicht“, so ein eher freundlicher Kommentar in den sozialen Netzwerken. Zu polarisieren sei doch etwas Gutes, sagt Weber im TT-Gespräch und demonstriert Gelassenheit: Egal ob man vor hundert oder 30.000 Leuten spiele, es sei immer gleich schön, „der einzige Unterschied ist, dass die Anlage lauter aufgedreht wird“. Selig mitgegrölt wurde freilich auch beim Nova Rock. Dieses Wochenende spielen die Wiener beim ausverkauften „Hurricane“-Festival in der Nähe von Hamburg.

Auch auf die Bussi-Kreuzfahrt freut sich Weber. „Wir werden eine wunderschöne Zeit haben und das Meer und die Musik genießen.“ Dass im Popmagazin Spex zu lesen war, die Band bemühe sich um Aufmerksamkeit, nicht „um das Mittelmeer als Massengrab, sondern um dessen Aufwertung als poptouristische Bespaßungszone“ – das hört der Bassist im TT-Gespräch zum ersten Mal. Verweist aber darauf, dass Wanda unter anderem auch in einem Videoclip auf Facebook ihre Solidarität mit Flüchtlingen zum Ausdruck gebracht haben. Egal, was man von der Wiener Rockband und ihrer simplen Amore-Botschaft halten mag, im Mittelmeer braucht es tatsächlich mehr Liebe – in erster Linie für Schutzsuchende. (sire)