US-Wahlen

Zwei Monate vor der Wahl: Clintons Vorsprung schmilzt

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Neue Umfragen und Analysen lassen ein knappes Rennen um das Weiße Haus erwarten. Die E-Mail-Affäre und Kandidaten von Drittparteien schaden Hillary Clinton.

Von Floo Weißmann

Washington –Heute in zwei Monaten wählen die Amerikaner einen neuen Präsidenten – oder erstmals eine Präsidentin. Mit dem Labour Day an diesem Montag hat die heiße Phase des Wahlkampfs begonnen. Zum Auftakt veröffentlichten führende Medien und Meinungsforscher neue Umfragen und Analysen. Die Zusammenschau zeigt einen überraschenden Trend: Der Vorsprung der Demokratin Hillary Clinton auf ihren republikanischen Herausforderer Donald Trump schmilzt.

Schlagzeilen machten vor allem die Ausreißer unter den Umfragen. Beispielsweise sieht CNN Trump landesweit zwei Prozentpunkte vor Clinton. Die Washington Post wiederum ermittelte im tief republikanischen Texas einen Vorsprung für Clinton von einem Prozentpunkt – was als Wahlergebnis im November einer Sensation gleichkäme.

Im Schnitt der landesweiten Umfragen liegt die Demokratin derzeit drei bis vier Prozentpunkte vorne – etwa halb so viel wie noch vor ein paar Wochen. Das überraschte viele Experten, denn der August war für Trump eigentlich ein Monat der Rückschläge.

Zuerst kam der Rechtspopulist aus seinem Parteitag mit weniger Schwung heraus als Clinton aus dem ihren. Dann legte er sich mit der Familie eines Kriegshelden an, musste sein Wahlkampfteam umbauen und sorgte für Irritationen über seine Migrationspolitik – neben anderen Problemen. Doch die Umfragen zeigen, dass ihm die Kontroversen offenbar weniger schaden, als zu erwarten gewesen wäre. Trumps politische Marke ist etabliert und findet viele Anhänger – vor allem bei Weißen, Männern und weniger Gebildeten.

Clinton hingegen leidet unter der E-Mail-Affäre, die die Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit weiter schürt. Sie hatte als Außenministerin vorschriftswidrig ihren E-Mail-Verkehr über einen privaten Server abgewickelt statt über einen Regierungsserver. Auf Druck ihrer Gegner und mithilfe von Gerichten werden nun immer wieder Auszüge aus ihrer Korrespondenz veröffentlicht.

Diese legen u. a. den Schluss nahe, dass ausländische Partner der Clinton-Stiftung versucht haben, über ihre Spende Zugang zur Außenministerin zu erhalten. Zwar gibt es bisher keinen Beleg für eine Bevorzugung oder eine Straftat, doch die politische Optik bleibt ungünstig. Zudem hat Wikileaks-Mitbegründer Julian Assange, ein erklärter Clinton-Gegner, weitere Enthüllungen angekündigt.

Dazu kommt, dass die neuen Umfragen nicht mehr allein Clinton und Trump erfassen, sondern auch Gary Johnson von der Libertären Partei und Jill Stein von den Grünen. Zwar liegen beide zusammen derzeit unter zehn Prozent Unterstützung, doch es sieht danach aus, dass sie Clinton etwas mehr wegnehmen als Trump. Kandidaten von so genannten Drittparteien haben in den USA zwar kaum eine Chance auf die Präsidentschaft, doch konnten in der Vergangenheit sie als Zünglein an der Waage schon Wahlen entscheiden.