Graz

„Aula“-Artikel: Privatkläger blitzten vor Gericht ab

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© TT/Thomas Böhm

Keine Beleidigung oder üble Nachrede: Laut Richter ist die individuelle Erkennbarkeit der Personen nicht gegeben. Berufung wurde angekündigt.

Graz – Ehemalige KZ-Häftlinge, die mit einer Privatanklage gegen die Herausgeber der Monatszeitschrift „Aula“ vorgehen, sind am Freitag im Grazer Straflandesgericht abgeblitzt. Sie hatten nach dem Mediengesetz wegen übler Nachrede und Beleidigung geklagt, bekamen vom Richter aber keine Entschädigung zugesprochen. Er sah keine „individuelle Erkennbarkeit“. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Geklagt wurde nicht wegen des ursprünglichen Artikels der „Aula“, in der KZ-Häftlinge als „Massenmörder“ und „Landplage“ bezeichnet worden waren, sondern wegen des etwa ein Jahr später erschienenen Folgeartikels. In diesem hatten die Herausgeber die Aussagen wiederholt und über den Ausgang des zivilgerichtlichen Verfahrens berichtet. Für die Kläger sei der Artikel „triumphierend“ ausgefallen und beinhalte eine Täter-Opfer-Umkehr. „Die noch lebenden Zeitzeugen versuchen aufzuklären und werden da als Massenmörder und Kriminelle bezeichnet“, führte Anwalt Lukas Gahleitner (Kanzlei Windhager) aus. Er sprach von einer „ganz üblen Geschichtsrevision“. Die ursprünglichen Aussagen seien nicht zitiert, sondern triumphierend wiederholt worden.

Direkt von den Aussagen betroffen

Gahleitner führte ins Treffen, dass die noch lebenden ehemaligen KZ-Häftlinge direkt von den Aussagen betroffen seien, zumal einige von ihnen auch medial bekannt sind und in Schulen als Zeitzeugen Vorträge halten. Der Anwalt der Zeitschrift dagegen meinte, dass ein Bericht über das Verfahren ohne zu wiederholen nicht seriös sei. Es ginge lediglich über den Triumph im Verfahren. Sowohl der erste als auch der zweite Artikel würden klar machen, dass nicht alle KZ-Häftlinge Kriminelle oder eine Plage wären. Es müsse aber möglich sein zu erwähnen, dass es auch Kriminelle gab. Er sah die Anträge der Kläger als „verfehlt“.

Richter Christoph Lichtenberg entschied sich gegen eine Entschädigung, und auch eine Beleidigung oder üble Nachrede liege nicht vor, denn entscheidend sei die Betroffenheit: „Hier geht es nicht um die persönliche Betroffenheit, sondern um die individuelle Erkennbarkeit durch die Veröffentlichung.“ Die Frage sei, ob man als Person durch den Artikel individuell erkennbar und identifizierbar ist. Das sei im Falle dieses zweiten Artikels in der „Aula“ nicht gegeben.

„Unstrittig unerträglich“

„Den Erstartikel habe ich nicht zu beurteilen“, erklärte Lichtenberg, auch wenn dieser „unstrittig unerträglich“ sei. Auch der zweite Artikel sei „tendenziös“ und beinhalte „Geschichtsverdrehung und Geschmacklosigkeit“, aber er gebe lediglich die Inhalte des Erstartikels wieder. Es werde eins zu eins aus der Entscheidung der Staatsanwaltschaft zitiert: „Der zweite Artikel stellt daher nicht die Behauptung auf, sondern berichtet nur, was geschehen ist.“

In seine Entscheidung floss die bisherige österreichische Judikatur ein: Im Fall der befreiten KZ-Häftlinge aus Mauthausen handle es sich um ein Kollektiv von rund 20.000 Menschen: „In Österreich gibt es keine Handhabe bei einem so großen Kollektiv.“ Es sei auch nicht entscheidend, wie viele von ihnen heute noch leben. Der Anwalt der Privatkläger kündigte Berufung an. (APA)