Handelsabkommen

Deutsches Verfassungsgericht könnte CETA empfindlich verzögern

Der Widerstand gege das Freihandelsabkommen CETA ist in Deutschland und Österreich besonders groß.
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Die Kläger wollen eine Zustimmung der deutschen Regierung zu CETA verhindern. Das Gericht verkündet seine Entscheidung wohl schon am Donnerstag.

Berlin – Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat am Mittwochvormittag mit der Verhandlung über das geplante europäisch-kanadische Handelsabkommen CETA begonnen. Dem Gericht liegen mehrere Eilanträge gegen eine vorläufige Anwendung des Vertrags vor. Das Bundesverfassungsgericht will wegen der Eilbedürftigkeit seine Entscheidung bereits am Donnerstag verkünden.

Hinter den Klägern stehen fast 200.000 Bürger sowie Politiker der Linken. Sie wollen verhindern, dass die deutsche Bundesregierung dem Abkommen im Europäischen Rat zustimmt. Die Klägerin Marianne Grimmenstein-Balas sagte vor Beginn der Verhandlung, sie wolle die Anwendung des Vertrags vorläufig stoppen. Er sei nicht demokratisch entstanden. Nach einem Stopp könne man „vernünftige Verbesserungen durchsetzen, die dem Wohl der Allgemeinheit dienen“.

Schiedsgerichte und Gemischter Ausschuss als Angriffsziele

Roman Huber vom Verein Mehr Demokratie, der rund 125.000 Unterstützer für seine Klage gefunden hat, griff die „undemokratischen Inhalte“ des CETA-Vertrags an. „Kein von mir gewähltes Parlament – weder der Bundestag noch das EU-Parlament – hat das Verhandlungsmandat für CETA beschlossen.“

Die Schwerpunkte der Klagen zielen zum einen auf die umstrittenen Investitionsgerichte. Sie sollen im Streit zwischen internationalen Großkonzernen und einer nationalen Regierung etwa um investitionshemmende Umwelt- oder Verbraucherschutzstandards entscheiden.

Zum anderen greifen die Kläger die große Machtbefugnis des zentralen CETA-Führungsgremiums an, des sogenannten Gemischten Ausschusses. Dieses soll mit Vertretern der EU und Kanadas besetzt sein, nicht aber mit Parlamentariern aus den EU-Mitgliedstaaten.

Gabriel warnt vor Scheitern des Abkommens

Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat vor der Verhandlung über die Verfassungsbeschwerden gegen das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada, CETA, vor einem Scheitern des Pakts gewarnt. „Für Europa wäre das eine Katastrophe“, sagte der SPD-Chef am Mittwoch in Karlsruhe. Es sei fraglich, ob Europa noch ernst genommen werde, wenn es mit einem ihm nahestehenden Land wie Kanada kein Abkommen zustande bekäme.

Zum Auftakt der Verhandlung über die Eilanträge zum Stopp von CETA erklärte Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle, „Befürworter und Gegner des Abkommens neigen häufig zu Vereinfachungen.“ Das Gericht aber müsse der Komplexität des Verfahrens Rechnung tragen.

Voßkuhle wies darauf hin, dass die Rechtsfragen abschließend erst zu einem späteren Zeitpunkt im Hauptsacheverfahren geklärt werden könnten. Im Eilverfahren sei ein strenger Maßstab anzulegen. Das gelte insbesondere, wenn es um eine Maßnahme mit völkerrechtlichen und außenpolitischen Auswirkungen gehe. Es werde deshalb ganz zentral um die Frage gehen, ob Deutschland die vorläufige Anwendung nach einer endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegen CETA wieder beenden könne.

Die EU-Botschafter wollen den EU-Handelsministerrat am kommenden Dienstag vorbereiten, der planmäßig grünes Licht für die Unterzeichnung von CETA beim EU-Kanada-Gipfel am 27. Oktober geben sollte. Vier EU-Staaten haben im Vorfeld dem Vernehmen nach aber noch keine Zustimmung zu CETA signalisiert. So sind in Österreich, Belgien und Slowenien die innerstaatlichen Konsultationen zu dem Abkommen noch nicht abgeschlossen, auch Rumänien hält seinen Vorbehalt gegen den Handelspakt aufrecht. (APA, AFP, dpa, TT.com)