Auch Eltern von Nadina klagen jetzt die Klinik
Die durch das Schicksal ihrer Tochter schwer geprüften und auch geschädigten Eltern mussten die Klinik gestern nun ebenso klagen.
Von Reinhard Fellner
Innsbruck –Der Fall Nadina wird einmal als Negativbeispiel in die Tiroler Krankenanstaltengeschichte eingehen. Als schlechtmöglichstes Beispiel, wie man direkt und nach außen mit Eltern umgeht, deren heute achtjährige Tochter durch einen erwiesen verschuldeten Behandlungsfehler zur Schwerstbehinderten wurde. Und als Fingerzeig für ein Anstalten-Versicherungssystem für Behandlungsfehler, das dringendst der Neuausrichtung durch das Land bedürfte.
Und dies, obwohl im Fall Nadina (Behinderung durch Anästhesiefehler) sehr früh ein Verschulden feststand. Selbst der intensivmedizinische Gutachter der tirol kliniken hatte schon sehr früh festgestellt, dass „spätestens nach dem ersten Krampfanfall keine Diagnostik verordnet wurde, kann nur als grob fahrlässige Unterlassung eingeordnet werden“.
Trotzdem mussten Nadinas Eltern für ihr Kind und dessen Absicherung zu all dem Unglück einen äußerst steinigen Klagsweg beschreiten, der nach fünf Jahren für das Mädchen mit einer Entschädigung von 687.000 Euro und der Haftung für alle künftigen Aufwendungen geendet hatte. Schon zuvor hatte die Klinik die Haftung dem Grunde nach anerkannt und das Gericht grobe Fahrlässigkeit festgestellt. Trotzdem wurde dieser Umstand seitens der tirol kliniken gestern am Landesgericht vor Richterin Nina Rofner erneut bestritten. „Meinen Sie das im Ernst?“, lautete dazu die Frage der Richterin in Richtung Klinik.
Diesmal mussten Nadinas Eltern ihre Ansprüche gegen die Klinik einklagen. Medizinrechtler und AK-Anwalt Thomas Juen klagte für die Eltern auf Schadenersatz, Schmerzensgeld (Schock, Trauer) und auf die Feststellung künftiger Schäden (beispielsweise verringerte Pension durch Pflege). Nach acht Jahren 24-Stunden-Pflege forderte man 25.000 Euro pro Person, dazu die Haftung für künftige Schäden. Kliniken-Anwältin Sabine Prantner telefonierte darauf mit der Versicherung, die 80.000 Euro – jedoch ohne weitere Haftungen – anbot. Ein Angebot, auf das die teils in psychischer Behandlung befindlichen Eltern nicht eingehen konnten. Ein psychiatrisches Gutachten folgt. ÖVP und FPÖ sprachen sich bereits jetzt aufgrund des Falls Nadina für ein Modell einer verschuldensunabhängigen Haftung nach solchen Behandlungsfehlern aus.