US-Wahl 2016

Trotz Wahlsieg: Trump spricht wieder von „Wahlbetrug“

Der künftige US-Präsident Trump spricht wieder von Wahlbetrug.
© REUTERS/Mike Segar

Normalerweise sind es schlechte Verlierer, die mit unbewiesenen Vorwürfen Wahlergebnisse anzweifeln. Es braucht schon einen Donald Trump, um die Verhältnisse umzukehren. Er behauptet, Millionen Stimmen seien ungültig. Nachzählen lässt aber die Gegenseite.

Von Michael Donhauser, dpa

Washington — Hohe Hecken umgeben die herrschaftliche Hotelanlage Mar-A-Lago in Palm Beach. In der Mitte ragt ein Turm auf, fast wie der Burgfried in einer Festung. Dort hat sich Amerikas künftiger Präsident Donald Trump über das Thanksgiving-Wochenende verschanzt. Er nutzte die Zeit offenbar nicht nur, um über Strategien für die Zukunft nachzudenken, sondern auch, um sein Twitter-Arsenal durchzuladen. Via Kurznachrichtendienst schoss er wieder scharf, fast wie in alten Wahlkampfzeiten.

Statt sich wie ein Staatsmann zurückzulehnen und zumindest nach außen über den Dingen zu stehen, konnte er seiner Wut über den Antrag der Grünen-Kandidatin Jill Stein auf eine Nachzählung im US-Bundesstaat Wisconson kaum zähmen. „Ich habe nicht nur einen Erdrutschsieg bei den Wahlmännern erzielt, ich habe auch die meisten Stimmen gewonnen, wenn man die Millionen Menschen abzieht, die illegal abgestimmt haben", schrieb Trump. In Bundesstaaten wie Virginia und Kalifornien seien Menschen in großem Stil zur Wahl gegangen, obwohl sie nicht US-Bürger seien. Das soll nach Trumps Lesart dazu geführt haben, dass Hillary Clinton am Ende landesweit mehr als 2,2 Millionen Stimmen mehr auf dem Konto hatte, als er selbst.

Trump lieferte für die Anschuldigung keine Beweise. Sie ergeben auch nicht allzu viel Sinn. Virginia und Kalifornien sind Bundesstaaten, die Trump in seiner Wahlkampfstrategie gar nicht auf der Rechnung hatte. In Kalifornien machte er gar keinen Wahlkampf. In Virginia zog er seine Leute Wochen vor dem Wahltermin ab, um sie im benachbarten North Carolina zu konzentrieren - was er dann auch klar gewann. Dass die Demokraten ausgerechnet dort illegale Wähler mobilisiert haben sollen, erscheint nicht logisch.

Trump tat das, was er schon seit vielen Monaten tut und folgt damit weiterhin seinem medialen Verhaltensmuster aus dem Wahlkampf: Er wiederholt Vorwürfe, die irgendwelche Leute auf Social Media erheben und macht sie sich zu eigen - völlig unabhängig von deren Wahrheitsgehalt. In diesem Fall stützte er sich offenbar auf einen selbsternannten Wahlforscher namens Gregg Philipps.

Der hatte schon drei Tage nach der Wahl behauptet, mindestens drei Millionen Menschen hätten abgestimmt, ohne Bürger der USA zu sein. Dieser Anwurf ist schon deswegen schwer verdaulich, weil zu diesem Zeitpunkt die Auszählung in den meisten Staaten noch nicht einmal annähernd beendet war, geschweige denn Wählerdaten öffentlich zugänglich. Seriöse Wahlexperten wie etwa Larry Sabato von der University of Virginia, äußerten ihr Unverständnis.

Nachzählung in Wisconsin beginnt am Donnerstag

Doch warum lässt Trump, der mehr als genug damit zu tun hat, sein künftiges Team zusammenzustellen und sich auf die vor ihm liegenden Aufgaben zu konzentrieren, auf diesen Kleinkrieg via Social Media ein? Erneut schalt er die Medien, sie berichteten nicht ausreichend über die angeblichen Machenschaften Hillary Clintons. Die „Washington Post" vermutet, er habe an der Tatsache zu knabbern, dass er nicht die Mehrheit der Amerikaner hinter sich hat.

Andere glauben, der Antrag auf eine Nachzählung in Wisconsin in Verbindung mit seinen teils chaotisch verlaufenen Amtsvorbereitungen machen ihm Angst. Wisconson Wahlleiter Michael Haas kündigte am Montag an, die Nachzählung werde am Donnerstag beginnen. Die US-Grünen haben am Montag auch im Staat Pennsylvania eine Neuauszählung beantragt.

Für Trump beginnt damit auch eine erneute Zitterpartie. Das interne Hick-Hack um die Frage, ob Mitt Romney nun Außenminister werden soll oder nicht, scheint das Nervenkostüm des 70-Jährigen weiter belastet zu haben.

Allerdings halten Experten und Politiker es für ausgesprochen unwahrscheinlich, dass sich am Endergebnis durch die Nachzählung etwas ändern wird. Der Abstand ist in Wisconsin, Pennsylvania und Michigan zusammen mit rund 100.000 Stimmen zwar knapp - aber nicht knapp genug. Noch nie wurde so eine große Zahl von Stimmen bei Nachzählungen korrigiert.