„Populismus nicht unaufhaltsam“: VdB-Sieg erfreut EU
Zahlreiche Spitzenpolitiker gratulierten dem künftigen Präsidenten, darunter auch Ungarns rechtskonservativer Premier Viktor Orban. Von rechtspopulistischen Parteien kamen nur spärliche Reaktionen.
Wien - Vorwiegend mit Erleichterung und Freude wird in der EU und den europäischen Regierungen der überraschend klare Sieg von Alexander Van der Bellen bei der Bundespräsidentenwahl kommentiert. Van der Bellens Sieg zeige, „dass der Populismus nicht unaufhaltsam ist“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici am Montag. Zahlreiche Spitzenpolitiker gratulierten dem künftigen Präsidenten, auch Ungarns rechtskonservativer Premier Viktor Orban.
„Das österreichische Volk hat sich für Europa und Offenheit entschieden“, freute sich der französische Präsident Francois Hollande bereits am Sonntagabend. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sprachen von einer Niederlage für den Anti-EU-Populismus, verkörpert durch den FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidaten Norbert Hofer.
Die deutsche Regierung begrüßte den Wahlausgang ebenfalls. Kanzlerin Angela Merkel werde aber erst nach Vorliegen des amtlichen Endergebnisses gratulieren, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. „Österreich ist für uns ein ganz enger Freund und Nachbar“, äußerte Seibert die Hoffnung auf eine weitere Zusammenarbeit im „Geiste unseres engen Verhältnis und im Geiste der vielen europäischen Aufgaben, die vor uns liegen“.
Juncker: „Haltung zur EU klar zum Ausdruck gebracht“
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ließ am Montag über einen Sprecher mitteilen, dass er Van der Bellen „so schnell wie möglich treffen“ wolle. Die EU sei ein zentrales Thema im österreichischen Wahlkampf gewesen. Und die Österreicher hätten am Sonntag ihre Haltung zur EU „klar zum Ausdruck gebracht“, sagte der Sprecher. EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn wertete den Wahlsieg Van der Bellens am Rande eines Besuchs in Belgrad als „starkes Signal“ dafür, dass sich Populismus nicht lohne.
Der politisch eher auf der Linie Hofers liegende ungarische Ministerpräsident Orban übersandte Van der Bellen ebenfalls ein Glückwunschschreiben. Er freue sich „sehr auf die Zusammenarbeit in den nächsten Jahren, um zur Entwicklung der Region Mitteleuropa beizutragen und die Herausforderungen zu lösen, vor denen die Europäische Union steht“, schrieb der rechtskonservative Politiker. Der tschechische Regierungschef Bohuslav Sobotka gratulierte Van der Bellen „herzlich und mit großer persönlicher Freude“ zum Wahlsieg.
Israels Präsident: „Müssen jederzeit gegen Faschismus aufstehen“
Glückwünsche für Van der Bellen kamen von den Präsidenten Italiens, der Schweiz, der Slowakei, Rumäniens und Israels. Der italienische Präsident Sergio Mattarella äußerte die Hoffnung, dass den bilateralen Beziehungen „neue Energie“ eingeflößt werden könne. Sein rumänischer Amtskollege Klaus Johannis (Iohannis) würdigte Van der Bellen als Partner zur „Sicherung der Zukunft des gemeinsamen europäischen Projekts“ und strich dabei die Prinzipien der liberalen Demokratie hervor. Der israelische Präsident Reuven Rivlin sagte: „Ich bin froh, dass der Kandidat des aufgeklärten Österreich gewonnen hat. Wir müssen jederzeit gegen Faschismus aufstehen und diesen bekämpfen.“
Der Schweizer Bundespräsident Johann Schneider Ammann lud Van der Bellen zu einem Besuch in die Eidgenossenschaft, die nach alter Gepflogenheit die erste Auslandsreisedestination eines neuen Bundespräsidenten ist. Der Slowake Andrej Kiska zeigte sich „sehr glücklich“, dass seine Gratulation an Van der Bellen vom Mai immer noch ihre Gültigkeit habe und äußerte die Hoffnung auf ein baldiges Treffen.
Schäuble erleichtert, Seehofer zurückhaltend
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble bezeichnete den Wahlausgang in Brüssel als „eine Erleichterung“, sein französischer Amtskollege Michel Sapin wertete es als „extrem positiv“, dass „die sehr antieuropäische extreme Rechte“ besiegt worden sei. „Für mich ist das ein Zeichen, dass sich ein offensives Nachvornegehen für Europa auszahlt“, meinte der Chef des außenpolitischen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok.
Zurückhaltender äußerte sich der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer. Er beklagte, dass die Kandidaten der beiden Regierungsparteien es nicht in die Stichwahl geschafft hatten und Österreich „tief gespalten“ sei. „Unter den gegebenen Umständen ist die Wahl in Österreich eine gute Entscheidung der österreichischen Bevölkerung“, sagte er. Die Chefin der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, sprach von einem guten Signal für Europa.
AfD-Chefin Petry: Hofer Opfer einer „Angstkampagne“
Spärlich waren indes die Reaktionen von rechtspopulistischen Politikern, die anlässlich der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im November in einen Freudentaumel verfallen waren. AfD-Chefin Frauke Petry bezeichnete Hofer am Montag im Einklang mit entsprechenden FPÖ-Äußerungen als Opfer einer „Angstkampagne“. Weil der FPÖ-Kandidat dennoch fast jede zweite Stimme erhalten habe, sei das Ergebnis „kein Grund, traurig zu sein“.
Lega-Nord-Chef Matteo Salvini zeigte sich „traurig“ über die Niederlage Hofers, wertete dessen Wahlergebnis aber trotzdem als „gutes Signal in Richtung Europa“. „Tapfer gekämpft FPÖ“, kommentierte der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders. „Mutig geschlagen“ habe sich Hofer in den Augen der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen. Sie beide hatten sich von einem Sieg Hofers Rückenwind bei nationalen Urnengängen im März bzw. April erhofft. (APA)