Gesundheit

Salz-Mythen: Versalzen und verunsichert

Salzkonsum ist Gewohnheitssache. Der Griff zum Salzstreuer gehört für viele von klein auf automatisch dazu.
© iStock

Rund um das weiße Gold kursieren viele Gerüchte. Rieselhilfe sei giftig und jodfreies Salz die gesündere Wahl. Zwei Experten klären auf und zerstreuen einige Salz-Mythen.

Von Nicole Strozzi

Innsbruck –Beim Blick in das Supermarktregal fühlt man sich als Konsument durchaus übersalzen. Grobes Salz, feines Salz, rosarotes Himalaya-Salz, Kräutersalz, Salz ohne Jod, Salz mit Jod. Die Preisunterschiede sind eklatant. Zudem kursieren im Internet die wildesten Verschwörungstheorien. Es ist die Rede davon, Natriumchlorid sei „giftig“, Jod und Fluorid „hochtoxisch“ und auch die Rieselhilfe mit der E-Nummer E 535 sei höchst gefährlich.

Die Innsbrucker Diätologin Edburg Edlinger beruhigt und ruft generell zu einem entspannten Umgang mit Nahrungsmitteln auf. Edlinger sagt: „Das optimale Salz ist mit Jod und Fluorid angereichert. Beide Spurenelemente sind Mangelware in unseren Breitengraden.“ Ein Jodmangel könne zu zahlreichen Erkrankungen führen, am bekanntesten ist die Strumabildung („Kropf“).

Über schädliche Wirkungen des Zusatzstoffes E 535, genannt Natriumferrocyanid, sei außerdem bislang nichts bekannt. Als Reinsubstanz ist Ferrocyanid tatsächlich giftig. „Die zulässige Einsatzmenge als Trennmittel in Kochsalz ist aber sehr niedrig. Um die als unbedenklich geltende Aufnahmemenge von maximal 1,5 Milligramm pro Tag zu erreichen, müsste eine Person mit 60 Kilogramm täglich 15 Teelöffel Kochsalz konsumieren. Das ist sehr unwahrscheinlich“, erklärt die Diätologin.

Es sei also nicht notwendig, als Konsument z. B. zu einem teuren Himalaya-Salz zu greifen. Zumal laut der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) die Bezeichnung „Himalaya-Salz“ kein geschützter Handelsname ist. Es heißt unter anderem auf der ÖGE-Homepage unter Berufung auf die Ages (Agentur für Ernährungssicherheit): „Das unter diesem Namen angebotene Steinsalz stammt meist aus Pakistan, mitunter auch aus Polen. Himalaya-Salz enthält laut Aussagen der Anbieter 84 ‚gesunde‘ Mineralstoffe und Spurenelemente. Diese sind allerdings in so geringen Mengen vorhanden, dass ein Großteil davon analytisch nicht nachgewiesen werden kann.“ Zu den versprochenen Wirkungen des Himalaya-Salzes gehört u. a. die Blutdrucksenkung. Diese Aussage sei fachlich falsch und außerdem gefährlich, denn gerade bei Bluthochdruckpatienten sollte die Salzzufuhr beschränkt werden, da das in jedem Salz (auch im Himalaya-Salz) enthaltene Natriumchlorid den Blutdruck ansteigen lässt.

„Vor allem Menschen, die blutdrucksenkende Medikamente einnehmen, sollten besonders auf die richtige Kochsalzzufuhr achten“, bestätigt Gert Mayer, Direktor der Universitätsklinik Innsbruck für Innere Medizin IV. Studien zeigen nämlich, dass sich eine salzärmere Ernährung günstig auf den Blutdruck auswirkt. Es gibt laut Mayer zwar keine gute Datenlage, aber es sei stark anzunehmen, dass in der Folge auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkankungen sinkt. Ein gesunder Erwachsener braucht laut Empfehlung der WHO etwa 5 bis 6 g Salz pro Tag (etwa ein Teelöffel Salz täglich), um Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen. „Der Durchschnittsösterreicher konsumiert aber in etwa das Doppelte“, weiß Mayer.

Ohne das Gericht vorher probiert zu haben, gehört der Griff zum Salzstreuer für viele bereits zum Ritual. Dennoch kommen nur 25 bis 30 Prozent der Salzmenge am Tisch hinzu. „Wir Verbraucher nehmen 70 bis 75 Prozent der Salzmenge über verarbeitete Lebensmittel auf“, erklärt Edlinger. In Brot, Knabbergebäck, Käse, Wurstwaren und Fertigprodukten – überall steckt Salz drin. Gerade Menschen, die reichlich Fertiggerichte oder oft auswärts essen, können sich mit der Zeit an den hohen Salzgehalt gewöhnen.

Die gute Nachricht: Wir merken 25 % der Salzreduktion nicht, wenn schrittweise Salz reduziert wird. Durchschnittlich dauert eine Geschmacksumstellung nur etwa drei bis sechs Wochen. Edlingers „Salz-Schwellen-Tuning“: zuerst Essen ohne Salz zubereiten und ein bis zwei Bissen kosten, dann 30 bis 50 Prozent weniger salzen und salzärmer genießen. Effekt: Es wird würzig genug schmecken. Denn oberflächlich auf dem Essen zugeführtes Salz wird intensiver wahrgenommen als verarbeitetes.

Den Salzstreuer sollte man vom Tisch am besten verbannen und durch Gewürz- oder Kräutermühlen ersetzen. „Ein wahrer Genießer würzt seine Speisen zuerst mit Gewürzen und Kräutern, bevor mit Salz abgerundet wird“, sagt Edlinger. Besonders gute Salzsparer seien Knoblauch, Zwiebel, Pfeffer, Chili, Currypulver oder ein Zwiebelersatzgewürz wie Asafoetida oder Asant.

„Aber Achtung, auch eine Kochsalzzufuhr von weniger als 3 g pro Tag erhöht das kardiovaskuläre Risiko“, erklärt die Diätologin. Gerade bei Menschen mit Essstörungen kann ein Natriummangel durchaus ein Thema sein. Es ist daher wie bei so vielen Dingen im Leben: Das gesunde Mittelmaß ist das richtige.