Innenpolitik

Glawischnig: „Ich denke nicht an Rücktritt“

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Was als Zwist mit einigen Jung-Grünen begann, endete mit Ablösegerüchten. Die Parteichefin wird aber nicht weichen.

Von Karin Leitner

und Michael Sprenger

Wien –Die vergangenen Wochen waren schwer für Eva Glawischnig. Jung-Grüne rebellierten gegen die Parteispitze. Glawischnigs Stellvertreterin Ingrid Felipe bewertete die Krisenkommunikation der Bundespartei mit „einer schwachen Vier“. Vergangenes Wochenende musste Glawischnig in die Notaufnahme des Wiener AKH – wegen eines schweren allergischen Schocks. Diese Woche wurde medial spekuliert, dass sie als Grünen-Chefin abgelöst wird.

Parteifreunde taten das als böses Gerücht ab, befanden gegenüber der Tiroler Tageszeitung anderes: dass sie besorgt seien, dass Glawischnig abdankt, weil ihr alles zu viel werde. Via WhatsApp und SMS bestärkten sie sie, zu bleiben.

Das wird Glawischnig, wie sie im Gespräch mit der Tiroler Tageszeitung sagt: „Ich denke nicht an Rücktritt – und setze all meine Kraft dafür ein, die Grünen geschlossen in die Nationalratswahl zu führen.“ (Das Interview mit ihr lesen Sie in der Sonntags-TT) Seit gestern ist sie wieder politisch aktiv; am Sonntag wird sie „Im Zentrum“ ihren Standpunkt vertreten. Die Turbulenzen in ihrer Truppe werden in der ORF-Diskussionssendung thematisiert.

Öffentlich wurde Glawischnigs Abgang nur von einer kleinen Gruppe von Gesinnungsfreunden gefordert, rund um die Sprecherin der Jungen Grünen, Flora Petrik. Auslöser des Konflikts: Petrik hatte verkündet, bei der ÖH-Wahl im Mai eine Abspaltung der traditionellen Studenten­organisation der Grünen, GRAS, zu unterstützen. Weil sie das trotz Aufforderung der Partei nicht unterlassen wollte, wurde im erweiterten Bundesvorstand mit großer Mehrheit (23 von 25 Stimmen) beschlossen, diese Jung-Grünen aus der Partei auszuschließen.

Damit war die Sache nicht erledigt – im Gegenteil. Petrik und ihre Gefolgschaft tobten, forderten, dass Tirols Grünen-Chefin Ingrid Felipe Glawischnig politisch beerbt. Diese winkte ab; sie werde Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl im Frühjahr kommenden Jahres. Und: Ländervertreter, die in der Parteisitzung darauf gedrängt hatten, sich von Petrik & Co zu verabschieden, verkündeten hernach, weiter mit den widerborstigen Jungen zusammenzuarbeiten.

Dazu kommt das Bedürfnis mancher, nicht intern zu debattieren, sondern die eigene und die vermeintliche Befindlichkeit von Parteigängern via Facebook zu kommunizieren. EU-Mandatar Michel Reimon ist so einer. „Kollektive Gruppentherapie, die niemandem hilft“, nennt das ein Grüner.

Was ist los bei der Öko-Partei? Wie kann ein vergleichsweise unbedeutender Zwist in Sachen ÖH-Wahl zu derlei Verwerfungen führen?

Weil es nur vordergründig um die Causa Petrik geht. Tatsächlich ist der Deckel von jenem Topf gehoben worden, in dem es seit Längerem köchelt. Zentralistischer Führungsstil wird von Funktionären beklagt; das sei „ein No-Go in einer basisdemokratischen Partei“. Zudem sitzen die Grünen – inklusive Proporzbeteiligung in Oberösterreich – mittlerweile in sechs Landesregierungen. Die dortigen Proponenten wollten nicht von der Bundespartei bevormundet werden; abgesehen davon seien sie „näher dran an den Bürgern als jene in der Wiener Blase“, heißt es.

Es geht auch um die Positionierung. Etliche Grüne wollen – angesichts der erfolgreichen Hofburgwahl-Kampagne von Ex-Chef Alexander Van der Bellen – die Partei öffnen, mit Angeboten für Wähler abseits der klassischen Klientel: inhaltlich, personell, stilistisch; mit der „Oberlehrerhaftigkeit“ müsse Schluss sein. Das scheitere an „beharrenden Kräften, die an ihren Jobs kleben“. Vor allem lang gediente Nationalratsabgeordnete wollten weder Neue noch Neues.

Viel Zeit haben die Grünen nicht, um aus der „strategischen Sackgasse“ zu kommen, wie es ein Parteikenner nennt. Sie selbst glauben, dass Rot und Schwarz nicht bis Herbst 2018 durchhalten – und schon diesen November gewählt wird. Und sie werden sich schwertun, ob des Dreikampfes zwischen dem Roten Kern, dem Schwarzen Kurz und dem Blauen Strache wahrgenommen zu werden.

Derzeit liegen die Grünen bei zehn bis elf Prozent. Das ist weniger, als sie 2013 bekommen haben (12,4 %). Um fortan mitregieren zu können, brauchen sie viel mehr.