Liga-Reform liefert weit mehr Fragen als Antworten
In welche Richtung dampft der Zug im österreichischen (Profi-)Fußball zukünftig ab? Die anstehende Ligareform wird schon in dieser Sommervorbereitung auch auf Tiroler Boden kritisch diskutiert.
Von Alex Gruber und Wolfgang Müller
Innsbruck –Das Jahr vor der Reform – dann 12er-Liga ganz oben, 16er-Format in der Zweitklassigkeit – wird speziell für den Tiroler Fußball ein in sportlicher und wirtschaftlicher Sicht richtungsweisendes. Das gilt für die beiden Zweitligisten FC Wacker und WSG Wattens ebenso wie für die Regionalligisten. „Ich hoffe inständig, dass ein Tiroler Verein in die Bundesliga aufsteigt“, blickt TFV-Präsident Sepp Geisler auf eine in jeder Hinsicht spannende Saison, die bezüglich Reformumsetzung noch viele Fragezeichen aufweist. Die Zwölfer-Liga als höchste Spielklasse bringt ab der Saison 2018/19 sicher einen neuen Schwung, aber darunter liegt viel im Argen.
Warum? Weil noch zu viele Fragezeichen im 16er-Raum stehen. Fix ist, dass es im kommenden Sommer acht Aufsteiger aus den drei Regionalligen geben wird. Ein Regionalligist spielt Relegation gegen den Tabellenletzten der Sky Go Erste Liga. Dazu kommen die Zulassungsbestimmungen (zum Beispiel UEFA-Pro-Lizenz-Trainer) sowie infrastrukturelle Mindestvoraussetzungen, die im Lizenzierungsverfahren zu erfüllen sind. Fernseh-Geld gibt es übrigens auch keines mehr, dafür einen Bonus bis zu 250.000 Euro aus den Bundesliga-Fördertöpfen. Und höchstens drei Amateur-Mannschaften der Bundesliga-Klubs dürfen vertreten sein. Wie viele Regionalliga-Klubs um die Zweitliga-Lizenz ansuchen, ist ebenso offen wie die Frage, wer diese zugesprochen bekommt. „Es ist eine Zweiklassengesellschaft zu erwarten. Ob das im Sinne der Reform ist, bleibt zu hinterfragen“, so Geisler, der sich natürlich auch Sorgen um die Regionalliga West und seine Tiroler Klubs macht.
Klar, dass sich der FC Wacker – wann, wenn nicht heuer – in die Erstklassigkeit verabschieden muss. Denn ein fünftes zweitklassiges Jahr würde bei der zu erwartenden Verlegenheitsliga das Ende des Profifußballs in Innsbruck bedeuten. Nach der Kader-Neustrukturierung ist Alfred Hörtnagl optimistisch, die Aufgabe zu meistern. Die FCW-Amateure sind laut General Manager in der Westliga gut aufgehoben: „Schließlich spielen dort auch 16- und 17-Jährige in unseren Reihen.“
Die WSG Wattens sucht laut Coach Thommy Silberberger im anstehenden Kreisverkehr der Ligareform noch nach der richtigen Ausfahrt. Im Winter will man die Situation bezüglich Tabellensituation evaluieren. „Man kann noch nichts Genaues zu der 16er-Liga sagen, das Ganze steht und fällt womöglich auch damit, ob ein TV-Vertrag zustande kommt. Sonst wird dieses Format vielleicht wieder schnell überdacht“, hakt WSG-Sportmanager Stefan Köck ein. Nachsatz: „Aus heutiger Sicht scheint die 16er-Liga für Vereine und Spieler nicht so attraktiv.“ Das Spiel mit der Zukunft läuft auch bei der WSG auf Zeit. Bundesliga-Stadion hätte man keines.
Beim SC Schwaz beschäftigt man sich – noch – ziemlich unaufgeregt mit dem Aufstiegsthema. Zunächst stehen der Pokalschlager gegen Rapid und der Westliga-Herbst im Vordergrund. „Im Winter werden wir dann entscheiden, ob und wie eine Lizenzierung Sinn macht“, so der Sportliche Leiter Hannes Vogler. Ohne Hilfe der Stadtgemeinde Schwaz wird es nicht gehen. Einser-Goalie der Schwazer ist übrigens Kristijan Basic, nachdem sich Lukas Wackerle nach St. Pölten verabschiedet hat.
Der FC Kufstein hatte im Sommer bei einigen Abgängen und überraschendem Trainerwechsel (Eigengewächs Markus Duftner übernahm) wieder viel Personalarbeit zu leisten, auf Sicht – sprich: mit neuen Sponsoren – könnte die 16er-Liga zum Thema werden. „Unter einer Million Euro spielt es sich aber nicht“, ist sich FCK-Präsident Hannes Rauch bewusst. Über das Format könne man streiten, für einen Verein wie Kufstein sei es aber die einzige Möglichkeit, in Liga zwei wieder anzuklopfen. Und Rauch spielt den Ball auch nach unten: „Sportpolitisch muss man schauen, ob und wie lange die zweite Liga funktioniert. Aber was passiert mit den Regionalligen?“
Womit man in der Folge auch bei Klubs wie dem SV Wörgl oder FC Kitzbühel wäre. Mit vier Unterländer Vereinen in einem Umkreis von gut 50 Kilometern wird bei Tirols Drittliga-Vereinen auch in einem ähnlichen Spielerteich geangelt. Die wachsen auch in Zukunft nicht auf den Bäumen. Wörgl-Coach Denis Husic und Kitz-Trainer Alexander Markl sind wie alle anderen Tiroler Westliga-Trainerkollegen (Grumser/Wacker, Höller/Schwaz und Duftner/Kufstein) im Besitz der UEFA-A-Lizenz. Und alleine schon die Kursaufnahme in die geforderte Pro-Lizenz ist ein schwieriges Unterfangen. Auch in diesem Segment macht der ÖFB ein großes Fenster zwischen Amateur-und Profiklubs auf. Geschweige denn mit der Forderung nach einem Klubmanager.
Rückblick: Im Sommer 1998 wurde die damalige 2. Division übrigens beinhart von 16 auf zehn Mannschaften abgespeckt. Die WSG Wattens und der FC Kufstein verabschiedeten sich ebenso wie Altach, Kottingbrunn, Hartberg und Wels in die Regionalliga. Der SV Wörgl stieg hingegen nach dem Sieg in der Relegation gegen St. Pölten in die zweitklassige Erste Division auf.
Man wird sehen, ob die Ligareform – für die sich vor einigen Monaten ja noch viele starkmachten – eine Vorwärtsbewegung oder einen Rückwärtssalto bedeutet. Für Profiklubs und „gestandene“ Profis scheint sie keine (Dauer-)Lösung zu sein. Der Weg könnte eher wieder in Richtung einer besseren U21-Meisterschaft weisen. Noch liegt vieles im Graubereich.