Pflegemissstände: Bericht der Kommission liegt vor
Das vom Land Tirol eingesetzte Experten-Gremium empfiehlt ein Bündel von Maßnahmen. Ein Großteil der Punkte ist bereits in Umsetzung.
Von Nikolaus Paumgartten
Innsbruck – Der Anfang Mai veröffentlichte Jahresbericht der Volksanwaltschaft über Missstände in Alten- und Pflegeheimen hat bundesweit für Wirbel gesorgt. In Tirol zeigte die Volksanwaltschaft einen Fall auf, bei dem Pflegebedürftige die Nacht in ihrem Kot und Urin verbringen mussten, weil sich das Personal nach internen Streitigkeiten nicht darauf einigen konnte, wer die Bewohner mit frischen Inkontinenzprodukten versorgen sollte. Außerdem stieß die Volksanwaltschaft auf eine nicht genehmigte Wohngruppe von zehn älteren behinderten bzw. psychisch kranken Männern, die nicht durch geschultes Personal betreut wurden. Pflegelandesrat Bernhard Tilg (VP) hatte nach Veröffentlichung des Berichtes eine Expertenkommission eingesetzt, welche die zwei Tiroler Fälle aufarbeiten und konkrete Maßnahmen für die Pflege im Allgemeinen empfehlen sollte. Gestern wurden die Ergebnisse präsentiert.
Im Fall der vernachlässigten Heimbewohner sei es nicht möglich gewesen, diesen einem konkreten Wohn- und Pflegeheim zuzuordnen, wie Kommissionsmitglied Margit Führer von der Landessanitätsdirektion erklärt. Mit Verweis auf die Vertraulichkeit und den Datenschutz habe man von der Volksanwaltschaft keine weiteren Auskünfte erhalten. Laut Volksanwaltschaft seien aber bereits entsprechende Schritte eingeleitet und der Fall aufgearbeitet worden. Im zweiten Fall – der nicht genehmigten Einrichtung – habe die Bezirkshauptmannschaft nach einer aufsichtsbehördlichen Überprüfung Mitte September 2016 die Räumung des Hauses angeordnet. Bei einer späteren Kontrolle seien dann lediglich Bewohner ohne Pflegebedarf angetroffen worden, konkreter Handlungsbedarf bestehe daher keiner mehr.
Um in Hinkunft nicht genehmigte Pflegeeinrichtungen mit Heimcharakter zu vermeiden, empfiehlt die Kommission allerdings, dass im Verwaltungsbereich mit den Bezirksverwaltungsbehörden eine Regelung gefunden werden soll, bei der die Aufsichtsbehörde für Wohn- und Pflegeheime über derartige Parallelstrukturen informiert wird.
Im Generellen empfiehlt die Kommission die von der Landesregierung bereits angekündigte Neuregelung der Aufsicht. Künftig werden die Heime nicht mehr von den Bezirkshauptmannschaften, sondern vom Amt der Tiroler Landesregierung kontrolliert. Die Prüffrequenz soll von derzeit fünf auf drei Jahre intensiviert werden. Im Rahmen der Novelle des Tiroler Heimgesetzes soll außerdem genau festgelegt werden, wie viel Personal in den Heimen zum Dienst eingeteilt sein muss. Bisher heißt es dazu im Gesetz lediglich, dass „jederzeit genügend geeignetes Personal“ anwesend sein müsse. Personalkonzepte sollten künftig auch für Heime unter 50 Betten erstellt werden, so die Empfehlung der Kommission. Nachtdienste, Qualifikationen und Personalschlüssel werden bereits jetzt im Rahmen der Tarifreform 2017 neu aufgesetzt. Weiters sollen die Pflegegehälter vereinheitlicht und damit die Benachteiligung im Bereich der Langzeitpflege aufgehoben werden.
Die Kommission empfiehlt zudem, Mitarbeiter regelmäßig im Bereich der Gewaltprävention zu schulen und eine flächendeckende ärztliche Versorgung zur Diagnostik und Behandlung von gerontopsychiatrisch erkrankten Bewohnern sicherzustellen.