Viel Personenschutz auf Pressekonferenz in Berlin wegen Morddrohungen
Berlin (APA) - Eine Pressekonferenz in Berlin über politischen und religiösen Extremismus kann offenbar nur unter massivem Aufgebot an Perso...
Berlin (APA) - Eine Pressekonferenz in Berlin über politischen und religiösen Extremismus kann offenbar nur unter massivem Aufgebot an Personenschutz stattfinden: Die Morddrohungen gegen die Gründerin einer liberalen Moschee, Seyran Ates, und Anfeindungen gegen den Initiator von „Stop Extremism“, den Österreicher Efgani Dönmez, haben dies nötig gemacht.
Dönmez, der österreichische Ex-Grünen-Politiker, die Moschee-Gründerin und Menschenrechtlerin Seyran Ates sowie der österreichische Jurist Sebastian Reimer stellten Montagnachmittag in Berlin die Europäische Bürgerinitiative „Stop Extremism“ vor.
Ob sie durch ihr Engagement bei „Stop Extremism“ nun noch gefährdeter sei, als sie es seit der Gründung der liberalen Moschee ohnehin schon sei? „Eine Steigerung ist gar nicht möglich“, sagte Seyran Ates auf die Frage der APA.
Ates wird seit der Moschee-Eröffnung massiv bedroht und steht unter Personenschutz. Auch die Pressekonferenz im Berliner Regierungsviertel vom Montagnachmittag war eingerahmt von Bodyguards.
„Ich werde ständig beschützt und bin dankbar dafür“, sagte Ates. Anderswo würde sie für ihre Meinung und ihr Engagement gleich am Tag danach im Gefängnis sitzen, hier jedoch werde sie beschützt, erklärte sie, warum sie deutsche Verfassungspatriotin sei. „Ich lebe ohnehin schon sehr zurückgezogen. Aber das nehme ich gerne auf mich.“
„Was wir mit der Moschee gemacht haben: Wir wollen zeigen, dass es innerhalb der Religionsgemeinschaft liberale Kräfte gibt, aber die Mehrheit gezwungen wird zu schweigen. Sie traut sich nicht, an die Öffentlichkeit zu treten“, sagte Ates. „Ziel ist: Extremisten dürfen uns nicht scheibchenweise die Grundfreiheiten nehmen und nicht vorschreiben, wie man seine Religion lebt und ob man sich frei äußern darf“, meinten Ates und Dönmez.
Schwere Vorwürfe erhoben Ates und Dönmez gegen türkische Medien. Dönmez ermahnte in der Pressekonferenz Vertreter der türkischen Medien, Drohungen und Diffamierungen zu unterlassen. Man lasse sich nicht einschüchtern.
So wurde bei der Eröffnung der Moschee in Berlin-Moabit Ates als Terroristin, Gülen-Anhängerin und Vaterlandsverräterin abgestempelt. Türkische Journalisten hatten sich als Reporter der „Bild“-Zeitung ausgegeben und tags darauf Seylan Ates als Zielscheibe freigegeben. Seither seien Morddrohungen und Hasstiraden massenhaft eingegangen. „Wir werden das nicht zulassen und alle rechtlichen Mittel ausschöpfen und bis zur letzten Konsequenz verfolgen“, sagte Dönmez. Ates schilderte, welche Lügen verbreitet würden und wie Filmmaterial manipuliert werde.
In der Türkei würden tagtäglich Filme mit angeblichem Beweismaterial gesendet, wo sie angeblich auf den Koran getreten sei. Die Moschee werde konsequent „Gülen-Kirche“ genannt. Sie gehöre aber absolut nicht zur Gülen-Bewegung. „Es hört nicht auf, das geht jeden Tag. Und ich bin neugierig, was nun in der türkischen Presse über diese Pressekonferenz berichtet werden wird. Aber wir haben keine Angst.“
Mit der Europäischen Bürgerinitiative „Stop Extremism“ sollen Maßnahmen gegen politischen und religiösen Extremismus in Europa erwirkt werden. Innerhalb eines Jahres muss die Initiative mindestens eine Million Unterschriften aus sieben EU-Ländern, damit die Europäische Kommission die Initiative zur Kenntnis nimmt und sie prüft. Binnen weiterer dreier Monate muss die Kommission entscheiden, ob sie sich damit befasst, und muss ihre Entscheidung begründen. Zu den Initiatoren gehört neben Efgani Dönmez und Seyran Ates auch der österreichische Grundrechtsexperte Sebastian Reimer.