Arbeitszeit-Flexibilisierung: WK sieht Gewerkschaft am Zug
Die Bundessparte Gewerbe und Handwerk der Wirtschaftskammer Österreich fordert von der nächste Regierung steuerliche Konjunkturimpulse und die Bekämpfung von Lohndumping.
Wie – Mit ihrer Zustimmung zu einem kollektivvertraglichen Mindestlohn von 1.500 Euro seien die Arbeitgeber in Vorleistung getreten, nun sei die Gewerkschaft beim Thema Arbeitszeit-Flexibilisierung am Zug, sagt die Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk, Renate Scheichelbauer-Schuster.
Auch bei der Arbeitszeitflexibilisierung hätte es fast eine Einigung gegeben, doch sei die Arbeitnehmerseite im letzten Moment wahrscheinlich wegen des Wahlkampfs abgesprungen, sagte Scheichelbauer-Schuster am Dienstag in einer Pressekonferenz in Wien.
Von der künftigen Regierung fordert sie unter anderem steuerliche Konjunkturimpulse. „Die Investitionszuwachsprämie soll in eine vorzeitige AfA umgewandelt werden“, da diese von kleinen Unternehmen eher in Anspruch genommen werden könnte. Die Betragsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter sei seit der Euro-Umstellung unverändert, sei sollte endlich von 400 auf 1.000 Euro angehoben werden, so Scheichelbauer-Schuster. Der Handwerkerbonus in der vorliegenden Form mit einer Dotierung von 20 Mio. Euro sollte weitergeführt werden.
Ein besonders wichtiger Punkt sei außerdem die Bekämpfung des Lohn- und Sozialdumpings durch Nachbarstaaten vor allem in den Bau-und Bau-Nebenbranchen. In Ungarn liege das Lohnniveau bei nur 24 Prozent des österreichischen Wertes und in Slowenien bei 45 Prozent, und diese Lohnschere sei seit elf Jahren völlig gleich geblieben. „Der nun paktierte Mindestlohn von 1.500 Euro wird dieses Ungleichgewicht noch verschärfen“. Abhilfe könnte hier ein europaweites vollelektronisches Kontrollsystem für die Abfrage von Sozialversicherungsdaten schaffen, schlägt Scheichelbauer-Schuster vor.
Die Novelle der Gewerbeordnung werde für die Betriebe eine Kostenentlastung bringen, sagte die Obfrau. In zwei bis drei Jahren sollte man die Auswirkungen der Ausweitung der Nebenrechte und der Gewerbelizenz evaluieren. In Kraft treten werden die Neuerungen schrittweise, einzelne Teile schon mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt. Die Liberalisierung der Reglementierung von Gewerben und die Aufhebung der Teilgewerbe werden drei Monate nach der Kundmachung in Kraft treten.
Kleinstbetriebe kämpfen mit Auftragsschwund
Das erste Halbjahr 2017 war für das Gewerbe und Handwerk in Österreich „ein nicht schlechtes, die Entwicklung war und ist positiv“, sagt der Direktor der KMU Forschung Austria, Walter Bornett. „Aber sie ist schwächer als in anderen Sektoren. Und das zweite Aber betrifft ein Auseinanderdriften bei den Unternehmensgrößen: Bei den Kleinstbetrieben ist nach wie vor ein Minus vor der Entwicklung.“
Während klassische KMU mit 20 Mitarbeitern und mehr langsam Fahrt aufnehmen, entwickeln sich Kleinstbetriebe nicht wie erwartet, so Bornett am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Im ersten Quartal gingen die Auftragseingänge bzw. Umsätze der Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten im Vergleich zum Vorjahresquartal um 0,6 Prozent zurück.
Insgesamt seien in Gewerbe und Handwerk die Auftragseingänge - bzw. bei den konsumnahen Branchen die Umsätze - im 1. Quartal 2017 gegenüber dem 1. Quartal 2016 nominell um 1,5 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Im Handel betrug der nominelle Zuwachs 7 Prozent, bei den Dienstleistungen bei 2,8 Prozent.
22 Perzent der Betriebe in Gewerbe und Handwerk melden für das 1. Quartal 2017 Steigerungen um durchschnittlich 11,7 Prozent, bei 58 Prozent der Betriebe lagen die Auftragseingänge auf Vorjahresniveau und 20 Prozent der Betriebe verzeichneten Rückgänge um durchschnittlich 13,9 Prozent. Nach Branchen verzeichnen die investitionsgüternahen Branchen im 1. Quartal (plus 6,6 Prozent) ein besseres Ergebnis als der konsumnahe Bereich.
Für das 2. Quartal beurteilen 26 Prozent der Betriebe die Geschäftslage mit ‚‘gut‘‘ (Vorjahr: 21 Prozent), 59 Prozent mit ‚‘saisonüblich‘‘ (Vorjahr: 54 Prozent) und 15 Prozent der Betriebe mit ‚‘schlecht‘‘ (Vorjahr: 25 Prozent), was insgesamt zu einer verbesserten Einschätzung der Konjunktur führt, die sich aber - angesichts der Erwartungshaltung für das 3. Quartal - wieder abschwächt. Im Durchschnitt wollen die Unternehmen im Zeitraum Juli bis September ihren Beschäftigungsstand um 2,6 Prozent erhöhen. 17 Prozent wollen Personal aufstocken, 80 Prozent wollen den Personalstand konstant halten und nur 3 Prozent planen einen Personalabbau.
Die Ergebnisse basieren auf den Meldungen von 2.880 Betrieben mit insgesamt gut 51.000 Beschäftigten. (APA)