Vom „Theater im Kopf“ bis ans Volkstheater: Schottenberg wird 65
Wien (APA) - Früher machte er „Theater im Kopf“, am Wiener Volkstheater machte er als Direktor ein Jahrzehnt lang „Theater zum Anfassen und ...
Wien (APA) - Früher machte er „Theater im Kopf“, am Wiener Volkstheater machte er als Direktor ein Jahrzehnt lang „Theater zum Anfassen und Mitreden“, bevor er sich - mit kurzen Ausnahmen - Mitte 2015 aus dem Theaterbetrieb zurückzog: Michael Schottenberg feiert am Montag (10. Juli) seinen 65. Geburtstag.
„Sein“ Volkstheater unter dem Logo mit dem roten Stern begriff er als „Stachel im Fleisch der Gemütlichkeit“, der auch versteht „auf der Klaviatur des Amüsements“ zu spielen. Bei steigenden Auslastungszahlen feierte der Schauspieler und Regisseur auch mit eigenen Inszenierungen Erfolge. Nach der Übergabe des Zepters an Anna Badora wurde es still um ihn, bis er im Vorjahr am Theater in der Josefstadt mit Nestroys „Mädl aus der Vorstadt“ zurückkehrte. Die zweite geplante Inszenierung, „Harold und Maude“ in den Kammerspielen, musste er in weiterer Folge krankheitsbedingt jedoch zurücklegen. Die Frage, ob er künftig weitere Inszenierungen plane, beantwortete er damals gegenüber der APA kurz und bündig mit „Nein“.
Michael Schottenberg wurde am 10. Juli 1952 in Wien geboren und ist seit langem eine der prägenden Figuren der Wiener Theaterszene. Dabei schien sich die Frage „E“ oder „U“, also Kunst oder Unterhaltung, für ihn nie zu stellen. Der Schauspieler und Regisseur, ausgebildet am Schauspielseminar des Mozarteums in Salzburg, hatte nie Berührungsängste mit der leichten Muse, und Musical zu inszenieren war für ihn ebenso selbstverständlich wie professionelle Bewerbung publikumswirksamer Konzepte. Am Wiener Schauspielhaus war er für einige der größten Erfolge der ersten Direktionszeit von Hans Gratzer verantwortlich („u.a. „Piaf“, „Der Kontrabaß“ und „Rocky Horror Picture Show“).
1984 gründete er seine Truppe „Theater im Kopf“ („TiK“), mit der er 1985 im Schauspielhaus „Elvis“ verwirklichte und in einem Zelt vor der Votivkirche mit „Der Widerspenstigen Zähmung“ (1987) und „Peer Gynt“ (1988) jeweils mehr als 20.000 Zuschauer erreichte. Für die Vereinigten Bühnen Wien inszenierte der 1994 im Raimund Theater das Musical „Grease“, für das Berliner Schlossparktheater u.a. 1997 die Bühnenversion des Hader/Dorfer-Film-Hits „Indien“, in der er selbst den Restauranttester Kurt Fellner spielte.
Am Volkstheater Wien präsentierte Schottenberg bereits vor seiner Direktionszeit mehrmals mit Erfolg Inszenierungen, für seinen „Talisman“ (2001) erhielt er unter anderm einen „Nestroy-Preis“ für die beste Regie. Die Direktionsübernahme von Emmy Werner mit der Saison 2005/06 erfolgte allerdings nicht ganz reibungslos - Streitigkeiten um das Budget beschäftigten Anwälte und Kulturpolitik. Der Direktor selbst sorgte für Publikumserfolge, etwa mit seinen Inszenierungen von „Indien“, „Cabaret“, „Sonny Boys“ oder „Liliom“.
Auch zahlreiche Filme hat Schottenberg gedreht, darunter die TV-Filme „Das Diarium des Dr. Döblinger“, „Das Geheimnis“ und „Geschäfte“ (beide Drehbücher gemeinsam mit Gerhard Roth), die zweiteilige Roth-Verfilmung „Landläufiger Tod“ (1990) sowie die Kinofilme „Caracas“ und „Averills Ankommen“. Viele Etappen seiner erfolgreichen Karriere absolvierte er mit seiner langjährigen Gefährtin Maria Bill. Erst 2011 trennte sich das Theaterpaar nach 35 Ehejahren, arbeitete aber weiterhin zusammen.
Im Jahr 2013 gab Schottenberg schließlich bekannt, keine Verlängerung seines am 31. August 2015 endenden Vertrags anzustreben, als Nachfolgerin trat Anna Badora an. Vor seinem Abgang startete Schottenberg jedoch noch eine Spendenaktion für eine Generalsanierung des desolaten Hauses. Zum Abschluss inszenierte er einen opulenten „Sommernachtstraum“, das Ensemble, das unter Badora weitgehend ausgetauscht wurde, verabschiedete sich mit einem eigenen Abend unter dem Titel „Volkstheater!“.
Nach seinem Ausflug an die Josefstadt im Herbst 2016 zog er sich wieder zurück, hinterließ im APA-Interview jedoch ein Plädoyer für das Theater: „Theater kann die Zeit anhalten. Es kann sie verlangsamen oder sie beschleunigen. Theater vermag aus einer Glühlampe den Mond und aus ein bisschen Schminke eine Königin zu machen. Man muss es nur sehen wollen. Davon abgesehen hat Theater die Verpflichtung, zur richtigen Zeit die richtigen Fragen zu stellen.“
(B I L D A V I S O - Zahlreiche Fotos von Michael Schottenberg sind im AOM abrufbar.)