G-20-Gipfel - Merkel erhält Rückenwind aus Asien
Berlin/Hamburg (APA/Reuters/dpa/AFP) - Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel erhält vor dem G-20-Gipfel demonstrative Unterstützung aus Asien...
Berlin/Hamburg (APA/Reuters/dpa/AFP) - Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel erhält vor dem G-20-Gipfel demonstrative Unterstützung aus Asien. Sowohl Chinas Präsident Xi Jinping als auch Japans Ministerpräsident Shinzo Abe stellten sich am Mittwoch hinter den multilateralen Ansatz der Kanzlerin. China wolle helfen, dass der G-20-Gipfel in Hamburg ein Erfolg werde, betonte Xi nach einem Treffen mit Merkel in Berlin.
Japans Regierungschef schrieb im „Handelsblatt“, der Klimawandel sei ein weltweites Problem und eine Frage, bei der man Verantwortung für künftige Generationen übernehmen müsse. Merkel selbst sprach von sehr schwierigen Gesprächen in Hamburg. In einem „Zeit“-Interview kritisierte sie erneut, dass die US-Regierung bei der Globalisierung einen grundsätzlich anderen Ansatz als sie selbst habe.
Am Freitag beginnt in Hamburg der zweitägige G-20-Gipfel der führenden Industrie- und Schwellenländer. Als eines der größten Probleme des Gipfel wird das Abrücken von US-Präsident Donald Trump vom Pariser Klimaschutzabkommen angesehen. Zudem werden protektionistische Maßnahmen der US-Regierung etwa im Stahlsektor befürchtet, die nicht nur China, sondern auch europäische und deutsche Firmen treffen könnten. Seit Tagen laufen deshalb die Abstimmungen zwischen den Regierungen. Am Montag hatte Merkel auch mit Trump telefoniert. Seit Dienstag sitzen die Sherpas der G-20-Staaten zusammen, um an der gemeinsamen Abschlusserklärung des Gipfels zu feilen.
Der brasilianische Präsident Michel Temer wird nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert doch nach Hamburg kommen. Seibert bestätigte zudem, dass sich Merkel am Rande des G-20-Gipfels mit den Präsidenten Russlands und Frankreichs zu einer Beratung über den Ukraine-Russland-Konflikt treffen werde. Vermutlich am Donnerstag will Merkel sowohl Trump als auch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan treffen.
Merkel sprach im „Zeit“-Interview von einer „Quadratur des Kreises“, vor der sie als Gastgeberin stehe. „Es bleibt sehr anspruchsvoll.“ Auch nach dem Treffen mit Xi betonte die Kanzlerin, dass es im Kreis der G-20-Länder sehr unterschiedliche Ansichten gebe. Sie hoffe, dass man noch einige Klippen überwinden könne. Merkel führte dies nicht nur auf unterschiedliche Ansichten zum Freihandel und Klimaschutz zurück. „Die Weltordnung ist im Wandel, und die Kräfteverhältnisse verschieben sich. Das hat mit dem Aufstieg Chinas zu tun. Aber auch Indien macht mit Wachstumsraten von über sieben Prozent, die noch über den chinesischen liegen, große Schritte.“
Deshalb wird in der deutschen Regierung die Abstimmung mit China, das zudem im vergangenen Jahr die G-20-Präsidentschaft innehatte, als besonders wichtig eingeschätzt. Xi und Merkel betonten nach ihrem Treffen, dass sie eine noch engere bilaterale Zusammenarbeit anstrebten. Bei einem Abendessen am Dienstag sei es auch um außenpolitische Themen wie die Krisen um Nordkorea und Syrien gegangen. Merkel sprach von einer „umfassenden strategischen Partnerschaft“ beider Exportnationen. „Das bedeutet, dass alle Bereiche der Gesellschaft miteinbezogen sind“, sagte sie. Auch Xi sprach davon, dass China bereit für eine „neue Phase“ sei, man sich aber bereits jetzt in den bilateralen Beziehungen auf „Spitzenniveau“ bewege.
Bei dem gemeinsamen Auftritt wurden allerdings auch Differenzen deutlich. Merkel pochte darauf, dass deutsche Unternehmen einen besseren Marktzugang in China erhalten sollten. Gegenseitige Gleichbehandlung ist auch ein Streitthema zwischen den USA und der EU sowie China, dem etwa vorgeworfen wird, Überkapazitäten im Stahlbereich zu Dumpingpreisen auf die Weltmärkte zu kippen. Dies könnte auch Thema auf dem G-20-Gipfel werden.
Japans Ministerpräsident stellte sich hinter deutsche Forderungen nach einem Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzabkommen und zum Freihandel. Auch die anderen Themen der deutschen G-20-Präsidentschaft wie größere Hilfen für Afrika und eine bessere Vorsorge gegen Pandemien hätten die Unterstützung Tokios. Die EU will als Signal gegen Protektionismus noch vor dem G-20-Gipfel eine politische Grundsatzeinigung über ein EU-Japan-Freihandelsabkommen verkünden. Vom südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in, den Merkel noch am Mittwochabend in Berlin treffen will, wird ebenfalls ein Bekenntnis für das Klimaschutzabkommen und Freihandel erwartet. Der EU-Südkorea-Handel hatte nach dem Abschluss eines Freihandelsabkommens erheblich zugelegt.
Rückenwind für die Diskussionen mit Trump erhielt Merkel am Mittwoch erneut auch aus Europa: EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker pochten in einem gemeinsamen Brief auf eine „multilaterale Zusammenarbeit und eine regelbasierte Ordnung“. Dies gilt als Schlüsselbegriff gegen unilaterale Schritte, wie sie die US-Regierung derzeit überlegt. Das Pariser Klimaschutzabkommen bezeichnen beide als „Eckpfeiler“ für den weltweiten Kampf gegen den Klimawandel. „Wir denken, dass es nicht neu verhandelt werden kann“, heißt es in dem Brief. Auch Merkel hatte die von Trump gewünschten Nachverhandlungen abgelehnt.
Weltbank-Chef Jim Yong Kim äußerte sich ähnlich. „Wir sind uns mit der Kanzlerin einig - wir können nicht warten“, sagte er dem „Handelsblatt“ zu den Themen Klimaschutz und Freihandel. Er sehe die Gefahr, dass nicht schnell genug gehandelt werde.