Regierungen in Wien und Berlin vor JEFTA-Grundsatzeinigung bedeckt

Wien/Berlin/Tokio (APA) - Sowohl die österreichische als auch die deutsche Bundesregierung haben sich am Mittwoch zum geplanten Freihandelsa...

Wien/Berlin/Tokio (APA) - Sowohl die österreichische als auch die deutsche Bundesregierung haben sich am Mittwoch zum geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan bedeckt gehalten. Ob Berlin einer Vereinbarung zustimmen könnte, auch wenn sie womöglich nicht die von ihr mitentwickelte transparentere Regelung zum Investorenschutz beinhaltet, sagte ein Sprecher des dortigen Wirtschaftsministeriums am Mittwoch nicht.

In Wien waren am Mittwochnachmittag kurzfristig keine Stellungnahmen des Bundeskanzleramts von Kanzler Christian Kern (SPÖ), Außenministerium von Sebastian Kurz (ÖVP) oder Wirtschaftsministerium zu ihrer Sicht des Abkommens zu erhalten. Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es, dass Minister Harald Mahrer (ÖVP) heute im Bundesrat ist und man sich daher spätestens morgen äußern werde.

Die EU und Japan könnten schließlich schon am morgigen Donnerstag eine Grundsatzeinigung verkünden, auch wenn es sich in Themen wie Landwirtschaft und Automobilindustrie noch spießt.

Die Gespräche zum Punkt Investorenschutz zwischen der EU und Japan dauerten noch an, hieß es indes in Berlin laut Nachrichtenagentur Reuters. „Klar ist, dass wir vonseiten der (deutschen, Anm.) Bundesregierung ein modernes, ambitioniertes Handelsabkommen anstreben“, sagte der Sprecher des dortigen Wirtschaftsministeriums. Bedingungen für eine Zustimmung Berlins wolle er nicht formulieren.

Unklar blieb zumindest in Berlin zunächst, ob auch die nationalen Parlamente dem Abkommen zustimmen müssten. Dies wird dem Ministeriumssprecher zufolge derzeit bei der deutschen Bundesregierung und der EU-Kommission noch geprüft. Für Österreich sprach sich zuletzt Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) für Entscheidungen durch die nationalen Parlamente aus: „Wir dürfen nicht hinter die Standards von CETA (EU-Kanada-Abkommen) zurück.“ Dies gelte insbesondere für die Frage der des Investorenschutzes. Das EuGH-Urteil zum Freihandel mit Singapur müsse die Konsequenz haben, dass nationalen Parlamente die Entscheidungen treffen, sagte Kern Ende Juni am Rande eines EU-Gipfels in Brüssel.

Wie am Mittwochnachmittag über einen ranghohen EU-Verhandler bekannt wurde, könne die EU in Zukunft fast alle Agrarlebensmittel zollfrei nach Japan exportieren. Er bezeichnete den Agrarsektor als großen Gewinner. Für einige Produkte gebe es Quoten, einige Käsesorten könnten völlig zollfrei nach Japan ausgeführt werden, für andere Milchprodukte habe Japan noch Schutzbestimmungen aufrechterhalten.

Im Automobilsektor werde Japan alle internationalen Standards übernehmen, welche die EU bereits anwende. So gebe es aber keine internationalen Standards für Emissionswerte oder Zukunftstechnologien wie Wasserstofftanks. Der Pkw-Sektor sei für die Europäer der einzig sensible Bereich, sagte ein EU-Beamter. Hier wolle die europäische Industrie eine siebenjährige Übergangsfrist. Leichter könne eine Einigung bei Autoteilen erzielt werden. Nach Ablauf aller Übergangsfristen soll zu 99 Prozent Freihandel zwischen der EU und Japan herrschen, hieß es.

Die EU hofft, beim EU-Japan-Gipfel am Donnerstag eine politische Grundsatzvereinbarung für ein Freihandelsabkommen zwischen der Union und Japan vorlegen zu können. Eine solche Vereinbarung könnte dann zum G-20-Gipfel einen Tag später in Hamburg ein Signal für offene Märkte und gegen Protektionismus senden. Abschließend in seinen Details ausgehandelt sollte das Abkommen bis Ende des Jahres sein. Beim G-20-Gipfel wird eine harte Debatte über die Handelspolitik insbesondere mit der US-Regierung erwartet, die höhere Hürden für Importe in das Land angekündigt hat.

Der EU-Kommission könne es bei JEFTA „wieder nicht schnell und heimlich genug gehen“, kritisierte Michel Reimon, Delegationsleiter der Grünen im Europaparlament, unter Verweis auf CETA und TTIP. Die Kommission stelle „den JEFTA-Verhandlern einen Blankoscheck aus und lässt die Öffentlichkeit im Dunkeln darüber, was am Verhandlungstisch liegt. Handelskommissarin Cecilia Malmström sollte sämtliche Verhandlungstexte und das Verhandlungsmandat von JEFTA sofort offenlegen - und nicht erst in zwei Jahren“, so die Forderung des Grün-Politikers, laut dem die EU-Kommission auf einen Investitionsschutz mit Schiedsgerichten verzichten würde, damit das Abkommen nicht daran scheitere.

Der ÖVP-Europapolitiker Paul Rübig lobte das geplante Abkommen schon zuletzt und teilte heute mit, dass es „nicht zu einer Absenkung von europäischen Standards im Gesundheits- oder Umweltbereich führt, wie das manche wider besseres Wissen behaupten“. Viel mehr „könnten heimische Exporteure um 2,2 Milliarden Euro mehr nach Japan exportieren - das wäre ein Plus von 139 Prozent und bedeutete um die 5.000 neuen Jobs“, so der handelspolitische Sprecher der Volkspartei im EU-Parlament mit Verweis auf Berechnungen der Wirtschaftskammer auf Basis einer ifo-Studie.