Parlament in Venezuela gestürmt - Zwölf Verletzte

Caracas (APA/dpa) - Mutmaßlich Anhänger des sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro haben das von der Opposition dominierte Parlament in ...

Caracas (APA/dpa) - Mutmaßlich Anhänger des sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro haben das von der Opposition dominierte Parlament in Venezuela gestürmt und auf Abgeordnete eingeschlagen. Mindestens zwölf Menschen wurden nach Angaben der Opposition verletzt, darunter fünf Abgeordnete der Nationalversammlung.

Es waren blutverschmierte Menschen zu sehen, nachdem vermummte Schläger sie attackiert hatten. Der Abgeordnete Americo de Grazia erlitt dabei schwere Rippenbrüche. Wie das Portal „El Nacional“ berichtete, wurden Frauen sogar auf den Damentoiletten bedroht und ihnen die Mobiltelefone gestohlen. Angeblich sollen Polizisten der Meute die Tore geöffnet haben.

Oppositionsführer Henrique Capriles sagte: „Man darf nicht vergessen, dass die ganze Gewaltzunahme von Nicolas Maduro angeordnet worden ist. Erinnert Euch an die Kriegserklärung gegen uns Venezolaner.“ Maduro hatte angekündigt, das Sozialismusprojekt im Land mit den größten Ölreserven der Welt notfalls mit Waffen zu verteidigen.

Auf Bildern waren Rauchwolken im Garten vor dem Gebäude zu sehen, die Angreifer traten und schlugen auf Abgeordnete ein. Diese sprachen von „Mordversuchen“, an Fenstern sollen auch Einschlusslöcher zu sehen gewesen seien. Die Abgeordneten hatten sich am Nationalfeiertag, der an die Unabhängigkeit von Spanien im Jahr 1811 erinnert, zu einer Sondersitzung versammelt. Zunächst seien Explosionen, vermutlich von Feuerwerkskörpern im Garten zu hören gewesen, bevor die Angreifer in das Gebäude eindrangen. Viele Abgeordnete flüchteten nach draußen.

Maduro sprach anschließend von „seltsamen Vorfällen“. Er bezichtigt die Opposition, die seit rund 90 Tagen Massenproteste organisiert, einen Putsch zu planen. Er betonte zugleich: „Ich verurteile diese Taten und bin kein Komplize dieser Taten. Ich habe eine Untersuchung angeordnet.“

Im Machtkampf zwischen Regierung Opposition kamen seit Anfang April mehr als 90 Menschen ums Leben. An der zeitweisen Entmachtung des Parlaments durch ein Urteil des Obersten Gerichtshofs hatten sich die Proteste entzündet. Maduro versucht mit Dekreten am Parlament vorbeizuregieren, nachdem das Oppositionsbündnis „Mesa de la Unidad Democratica“ Ende 2015 die Parlamentswahl klar gewonnen hatte.

Auf Bildern war zu sehen, wie der Abgeordnete Armando Armas blutüberströmt behandelt werden musste. „Heute hat die Diktatur versucht, die Souveränität des Volkes anzugreifen“, teilte er über Twitter mit. Der Kampf für Freiheit und Demokratie werde weitergehen.

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Laut Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Diaz wird inzwischen gegen 4.658 Personen beider Lager wegen der Todesfälle, Verletzungen und Sachbeschädigungen ermittelt. Für eine Vielzahl der Opfer werden Sicherheitskräfte, vor allem die militarisierte Polizei (Guardia Nacional), verantwortlich gemacht. Die Sozialistin Ortega Diaz ist zur Gegenspielerin von Maduro geworden und kritisiert das Vorgehen gegen die Demonstranten, die Maduro Misswirtschaft und die Umwandlung des Landes mit den größten Ölreserven in eine Diktatur vorwerfen.

Das Land ist in einer dramatischen Versorgungskrise, Mangel bestimmt den Alltag. Der von Maduro-Getreuen dominierte Oberste Gerichtshof will in Kürze über die Absetzung von Ortega entscheiden, die Verfahren gegen die Chefs der Nationalgarde und des Geheimdienstes (Sebin) eingeleitet hat. Ihre Absetzung könnte die Lage endgültig eskalieren lassen, viele fürchten inzwischen einen Bürgerkrieg.