Mordprozess gegen Polizisten -Schwester: „Es zerreißt einem das Herz“

Wien (APA) - Sehr gefasst hat die Schwester der getöteten Claudia K. Donnerstagnachmittag ihre Aussage vor dem Geschworenengericht gemacht. ...

Wien (APA) - Sehr gefasst hat die Schwester der getöteten Claudia K. Donnerstagnachmittag ihre Aussage vor dem Geschworenengericht gemacht. Auf die Frage des Vorsitzenden Stefan Apostol, wie es ihr nach dem Tod der 25-Jährigen geht, meinte sie: „Das kann man nicht beschreiben.“ Als sie die alten Videos von Claudia und Noah ansieht, sei das „so schön anzuschauen und gleichzeitig zerreißt es einem das Herz“.

„Meine Eltern sind nicht mehr dieselben, wie sie früher waren. Das Familienleben ist ganz anders geworden. Wir müssen jetzt als Familie zusammenhalten“, meinte die 34-Jährige, die selbst junge Mutter ist. Sie hätte nie gedacht, dass der 24-Jährige ihrer Schwester etwas antun könnte. Doch habe das Verhalten von Daniel L. nach dem Verschwinden ihrer Schwester und ihres Neffen nicht zum „Verhalten eines liebenden Vaters“ gepasst. Er hatte sich nicht bei der Familie des Opfers gemeldet oder beim Suchen geholfen.

„Die Medien haben ein provokatives und gefärbtes Bild meiner Schwester gezeichnet. Es ist mir wichtig zu zeigen, wer sie war“, sagte die 34-Jährige. „Wenn meine Schwester herumkommandiert hat, dann war das verbunden mit einem ‚Bitte‘“, meinte sie. „Das heißt, sie war die Dominante und er der Ruhige“, fragte Richter Apostol. „Ja, auf jeden Fall“, sagte die Zeugin.

Es sei ihr wichtig, dass Daniel eine Strafe dafür bekomme. Da brach die Schwester in Tränen aus. „Warum hat er sich nicht einfach getrennt“, sagte sie schluchzend. „Und jetzt sitzt er da, so emotionslos“, meinte sie und blickte zum Angeklagten, der seinen Kopf gesenkt hielt. „Er sagt, dass er den Noah geliebt hat, aber so was macht ein Vater nicht.“

Zu Wort kam auch eine Freundin des Opfers, die die 25-Jährige im Zuge ihrer Führerscheinausbildung in Kärnten kennengelernt hat. „Daniel war für Claudia die große Liebe und sie war sehr stolz auf ihren Daniel“, sagte die Fahrlehrerin. Die 25-Jährige sei für den jungen Polizisten nach Wien gegangen. „Sie war eine liebevolle Mama und war aufopferungsvoll für den Kleinen da.“

Die beisitzende Richterin Christina Salzborn fragte die Zeugin allerdings, wie dieses Bild des Opfers mit den im Akt befindlichen Angaben zu vereinen sind. Demnach sei die 25-Jährige als Kind schwierig gewesen, hätte Probleme in der Schule gehabt, sodass das Jugendamt eingegriffen habe und sie in ein Krisenzentrum gebracht wurde. Nach Angaben der Mutter des Opfers hätte Claudia auch immer wieder Probleme mit ihren Lebensgefährten gehabt. „Unkompliziert klingt anders“, so Salzborn. Dazu könne sie nichts sagen, meinte die Zeugin. Sie habe Claudia als aufmerksame Freundin erlebt, mit der sie täglich in Kontakt war.

Am Tag vor ihrem Tod hatten sich die beiden noch über den Nachrichtendienst Whatsapp unterhalten. Am 2. Oktober sei die Fahrlehrerin allerdings erst am Abend zum Schreiben gekommen. „Da kam sofort ein ‚Gute Nacht‘ zurück“, erzählte sie. Zu diesem Zeitpunkt war die 25-Jährige längst tot.

Der Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp führte in seiner Expertise aus, dass Claudia K. durch einen gezielten Kopfdurchschuss gestorben sei. Der Schuss sei rechtsseitig oberhalb des Ohrknorpels eingedrungen und im linken Scheitel wieder ausgetreten. Die 25-Jährige hatte keine Verletzungen an den Händen, die auf Abwehrspuren deuten würden. Bei der Obduktion der Schwangeren zeigte sich eine „männliche Leibesfrucht“, ein völlig gesunder Bub, sagte Klupp. Bei dem 22 Monate alten Sohn des Angeklagten, der von ihm am Tag darauf getöte wurde, zeigten sich deutliche Würgemale. Auf die Frage von Richter Apostol, ob das Kind lange leiden musste, meinte der Gerichtsmediziner, dass mit massiver Kraft zugedrückt wurde, sodass es zu keinem Einflussstau kam. Das Kind war in wenigen Minuten tot.

Der psychiatrische Gerichtssachverständige Karl Dantendorfer stellte beim Angeklagten keine psychische Erkrankung fest. „Eine verminderte Impulskontrollsituation war gegeben, das mag schon sein.“ Auf die Frage einer Opferanwältin nach dem Warum, meinte Dantendorfer: „Auch ich kann menschliches Verhalten nicht erklären.“

Am frühen Nachmittag wurde bereits mit den Schlussplädoyers begonnen. Richter Apostol lehnte alle Anträge auf weitere Zeugeneinvernahmen der Staatsanwaltschaft, darunter die Geliebte von Daniel L., ab. Die Anwälte des 24-Jährigen, Iris Augendoppler und Ernst Schillhammer, erkannten das von den Angehörigen verlangte Schmerzengeld an, je 25.000 Euro für die Eltern und 20.000 für die Schwester. Das Geld für die Begräbniskosten wurde zur Gänze anerkannt. Mit einem Urteil ist am späten Nachmittag zu rechnen.