Demokratiepaket im NÖ Landtag beschlossen
St. Pölten (APA) - Im NÖ Landtag ist am Donnerstag ein Demokratiepaket beschlossen worden, mit dem Rechte kleinerer Fraktionen gestärkt werd...
St. Pölten (APA) - Im NÖ Landtag ist am Donnerstag ein Demokratiepaket beschlossen worden, mit dem Rechte kleinerer Fraktionen gestärkt werden. Die für die Änderung der Landesverfassung notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit wurde mit Stimmen von ÖVP, FPÖ, Liste Frank und dem parteilosen Mandatar Walter Naderer erreicht. SPÖ und Grüne lehnten die Neuregelungen wie angekündigt ab - ihnen gingen sie nicht weit genug.
39 der 56 Abgeordneten sprachen sich für die Änderung der Landesverfassung und der Geschäftsordnung des Landtages aus. Damit reicht ab der neuen Legislaturperiode nach der Landtagswahl 2018 die Klubstärke (vier Mandatare) für Anträge sowie für die Einberufung einer Aktuellen Stunde. Bisher waren dafür je sechs Abgeordnete nötig. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist künftig ein Minderheitenrecht - dafür braucht es die Unterstützung von einem Drittel der Mandatare. Zu den weiteren Änderungen zählt, dass künftig Inhalte der Landesregierungssitzungen den Landtagsklubs übermittelt und im Internet veröffentlicht werden müssen. Ausgenommen sind Beschlüsse, die dem Datenschutz unterliegen oder Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse betreffen.
„Die heutigen Entscheidungen tragen die Handschrift der Landeshauptfrau“, erklärte VP-Klubobmann Klaus Schneeberger. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sei es wichtig, die Spielregeln im Landtag im Sinne der Minderheiten zu ändern. Das sei nur ein Teil des Demokratiepakets, darüber hinaus sei man dabei, ein Demokratiepaket zum Verhältnis mit dem Bürger in Bezug auf Wahlen und ein Miteinander zu schnüren. Dieses soll im Herbst verabschiedet werden und laut ÖVP-Vorschlag eine Stärkung des Persönlichkeitswahlrechts beinhalten.
Die Grüne Klubobfrau Helga Krismer bezeichnete die am Donnerstag beschlossenen Änderungen als „Machterhaltungspaket“ und warf der Volkspartei „alten Stil“ vor. Sie kritisierte u.a., dass die Opposition im Rechnungshof weiterhin kein Stimmrecht habe, wodurch sich die Regierung selbst kontrolliere. Niederösterreich schaffe es mit den Neuregelungen in Sachen Demokratie in einigen Punkten lediglich ins Mittelfeld, sei aber weit davon entfernt, eine Modellregion oder im Spitzenfeld zu sein.
Die Sozialdemokraten wollen „ein Paket schnüren und keinen Fleckerlteppich“, betonte Abg. Rupert Dworak, Präsident des sozialdemokratischen Gemeindevertreterverbandes NÖ. In einigen Punkten sei man mit der ÖVP einig gewesen - etwa beim Antragsrecht ab Klubstärke, beim U-Ausschuss als Minderheitenrecht und bei der Information über Regierungsbeschlüsse. Darüber hinaus brauche es nach Ansicht der SPÖ aber mindestens 20 weitere Punkte. „Von diesem Paket ist nunmehr ein Fleckerteppich übergeblieben, wo ich den restlichen Inhalt vermisse“, so Dworak. „Die Problematik der Zweitwohnsitzer wurde nachhaltig nicht gelöst“, kritisierte er. Ziel der SPÖ sei, Niederösterreich nicht nur zum Demokratie-Musterland in Österreich, sondern in Europa zu machen.
FPÖ-Klubobmann Gottfried Waldhäusl hielt fest, dass mit dem Paket seit 20 Jahren bestehende Forderungen umgesetzt werden. Minderheitenrechte seien nun auch durch die Verfassung abgesichert. Klubobmann Ernest Gabmann (Liste Frank) merkte positiv an, dass sich die ÖVP „aus dem bequemen Sessel einer absoluten Mehrheit“ herausbewege und die Stimme kleinerer Fraktionen gehört habe.
Darüber hinaus wurde mit Stimmen von ÖVP, FPÖ, Liste Frank und Naderer beschlossen, in der Landesverfassung Wirtschaftswachstum, wettbewerbsfähige Standortpolitik und Beschäftigung als Ziel zu verankern. Die Frage der Wirtschaft sei auf die selbe Stufe wie Klima, Ökologie und Soziales zu stellen, begründete Schneeberger. Die Grüne Abgeordnete Madeleine Petrovic nannte die Änderung „bedauerlich“ und sprach von einer „Anlass-Verfassungsgesetzgebung“, die in Zusammenhang mit der Diskussion um den Bau der dritten Piste am Flughafen Wien in Schwechat stehe.
In einer Aktuellen Stunde rund um den Pflegeregress forderte die SPÖ zu Sitzungsbeginn ein rückwirkendes Aus mit 1. Juli 2017 anstelle der im Nationalrat beschlossenen Abschaffung mit 2018. Abg. Udo Landbauer (FPÖ) kritisierte, dass die Gegenfinanzierung von Mehrkosten durch den im Parlament verabschiedeten Wegfall nicht feststehe. Krismer forderte als „unterste Grenze“ 150 anstelle der von Regierungsseite in Aussicht gestellten 100 Millionen Euro zur Abdeckung der Ausfälle in den Landesbudgets. Niederösterreich entgehen rund 22 Millionen Euro pro Jahr.
Den Abgeordneten stand eine Marathonsitzung bevor: Die Tagesordnung der letzten Landtagssitzung vor der Sommerpause umfasste 29 Punkte, Beginn war um 13.00 Uhr. Die Gesamtredezeit betrug rund 19 Stunden - ohne Aktuelle Stunde. Sollte sich gegen 22.00 Uhr kein Ende bis Mitternacht abzeichnen, wird die Sitzung am morgigen Freitag um 9.00 Uhr fortgesetzt.