Krawallnacht in Hamburg - Gewaltexzesse überschatten G-20-Gipfel
Hamburg (APA/dpa/AFP/Reuters) - Geplünderte Geschäfte, brennende Barrikaden, Wasserwerfer und Tränengas: Im Hamburger Schanzenviertel sind i...
Hamburg (APA/dpa/AFP/Reuters) - Geplünderte Geschäfte, brennende Barrikaden, Wasserwerfer und Tränengas: Im Hamburger Schanzenviertel sind in der Nacht auf Samstag die Proteste gegen den G-20-Gipfel eskaliert. Die Polizei ging mit einem massiven Aufgebot und Spezialkräften gegen Hunderte Randalierer vor. Im Laufe der Nacht beruhigte sich die Lage.
Gegen Mitternacht rückte die Polizei mit einem massiven Aufgebot gegen die nach ihren Angaben etwa 1.500 Randalierer nahe der Straße Schulterblatt im Schanzenviertel vor. Dort waren auch Geschäfte zerstört und geplündert worden. Die Beamten forderten Unbeteiligte auf, sich zu entfernen. Mit gepanzerten Fahrzeugen wurden Barrikaden weggeschoben. Wasserwerfer waren im Einsatz. Die Polizei sprühte auch Tränengas. Über dem Viertel kreisten zwei Hubschrauber mit Suchscheinwerfern.
In diesem Zusammenhang bestätigte die Polizei den Einsatz von Spezialkräften. Die Gefährdung sei erheblich gewesen. Es habe Hinweise darauf gegeben, dass Angriffe mit Molotow-Cocktails, Zwillen und Wurfgegenständen vorbereitet worden seien. Am Pferdemarkt zogen nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters Polizisten mit Sturmgewehren auf.
Die Lage hat sich mittlerweile wieder beruhigt. Vereinzelt kam es in den frühen Morgenstunden noch zu Flaschenwürfen auf Polizeifahrzeuge. Der S-Bahn-Verkehr nahm unterdessen wieder den Betrieb auf.
Die Randalierer hinterließen in der Straße Schulterblatt im Hamburger Schanzenviertel eine Spur der Verwüstung. Die Hamburger Polizei zeigte sich schockiert über die Krawalle am Rande des G-20-Gipfels. „Wir haben noch nie so ein Ausmaß an Hass und Gewalt erlebt“, sagte Sprecher Timo Zill bei „Bild Daily“ Spezial. Seit Donnerstag hatten sich Hunderte Autonome Kämpfe mit den Sicherheitskräften geliefert.
Bei den Krawallen wurden nach Polizeiangaben vom Freitagabend 197 Beamte verletzt, darunter seien keine Schwerverletzten. Zur Zahl der verletzten Demonstranten konnten weder Polizei noch Feuerwehr Angaben machen. Ein Feuerwehrsprecher sagte, die Demonstranten hätten eigene Sanitäter dabei, so dass sie in vielen Fällen nicht auf fremde Hilfe angewiesen seien.
Zill sagte dem Sender N24, dass bei den Auseinandersetzungen bisher 100 Personen in Gewahrsam genommen wurden. Inzwischen seien auch einige Haftbefehle erlassen worden, sagte er. Aktuelle Zahlen wollte die Polizei am Samstag in der Früh bekanntgeben.
Der sogenannte G-20-Ermittlungsausschuss, der in Kontakt mit Demonstranten steht und sie unterstützt, wies der Polizei die Schuld an den gewalttätigen Auseinandersetzungen zu. Der anwaltliche Notdienst beklagte indes eine massive Behinderung durch Polizei und Justiz. Am Donnerstag sei ihnen der Zugang zu den Mandanten verwehrt worden, inzwischen seien in geringem Umfang Anbahnungsgespräche mit den Festgenommenen möglich.
Die deutsche Kanzlerin und G-20-Gastgeberin Angela Merkel verurteilte die Gewalt. Proteste mit Angriffen auf Polizisten und Brandstiftungen seien „nicht zu akzeptieren“. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz sagte: „Hochaggressive, gewalttätige Straftäter bringen Sicherheitskräfte in Bedrängnis und fordern unsere offene Gesellschaft in einer Weise heraus, die für niemanden akzeptabel sein kann.“ Justizminister Heiko Maas forderte konsequente Strafen.
Die Krawalle beeinträchtigten am Freitag den Ablauf des G-20-Partnerprogramms. Die Ehefrau von US-Präsident Donald Trump, Melania Trump, saß stundenlang in ihrer Unterkunft an der Außenalster fest. Den ganzen Tag gab es aber auch friedliche Kundgebungen Tausender Gipfelgegner. Demonstranten versuchten unter anderem über die Straßen und auf der Elbe in die Nähe der Elbphilharmonie zu gelangen, wo die G-20-Teilnehmer und ausgewählte Gäste später am Abend Beethovens 9. Symphonie hörten. Der Gipfel soll am Samstagnachmittag zu Ende gehen.
Angesichts der Eskalation gab es auch Kritik daran, das Spitzentreffen der Wirtschaftsmächte in einer Millionenstadt wie Hamburg abzuhalten. CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble vereidigte die Wahl, es müssten Tausende Medienvertreter und Teilnehmer untergebracht werden - und das gehe „nur in einer großen Stadt, die die entsprechenden Kapazitäten hat.“