Volkspunk - Tote Hosen eroberten Wiener Konzerthaus

Wien (APA) - Tote Hosen überall. Zwischen Festival-Bühne, Burgtheater und Studenten-WG finden die Punk-Rocker immer noch ein Plätzchen, wo s...

Wien (APA) - Tote Hosen überall. Zwischen Festival-Bühne, Burgtheater und Studenten-WG finden die Punk-Rocker immer noch ein Plätzchen, wo sie in Wien noch nicht aufgetreten sind. Freitagabend war es das Konzerthaus. Freilich musste man dem bildungsbürgerlichen Kanon Rechnung tragen, weswegen geniale gemeinsame Sache mit dem Kabarettisten Gerhard Polt und dem Volksmusik-Ensemble Well Brüder gemacht wurde.

So ungewöhnlich wie die Kollaboration selbst auch der Name: „Im Auge des Trommelfells.“ Nicht alle Hosen-Fans im restlos ausverkauften Konzerthaus wussten, was sie erwartete. Dabei kann man Polt als einen mittlerweile langjährigen Bühnen-Freund der Düsseldorfer bezeichnen, der sich nicht zu schade ist, als Pausen-Clown zwischen den zwei Musik-Ensembles aufzutreten - in der Rolle als Agentur-Chef, der seine neu entdeckten „Talente“ ins Stadl-Universum entführen will.

Dass die „Well Brüder aus‘m Biermoos“ - ehemalige Mitglieder der Biermösl Blosn - mit Gabalier nichts am Hut haben, hatten sie bereits in der Eröffnungs-Nummer klar gemacht: Die vorgetragenen Gstanzln waren aufs Wiener Publikum zugeschnitten und beschäftigten sich etwa mit dem drohenden Verlust des Weltkulturerbes der Stadt, dem von nun an Schwammerl suchenden Peter Pilz und dem „ewigen Bürgermeister“ Michael Häupl und dessen physischer Beschaffenheit.

Unplugged gaben sich die Hosen, wobei sich die beherzten Dilettanten über das Folklore-Instrumentarium der Kollegen hermachten: Zither, Hackbrett, Campino bewies mehr als nur Talent auf der Trompete und dem Alphorn. Die Well-Brüder sprengten das Hausmusikuniversum wiederum mit Tanzeinlagen oder dem „40 Cent“-Rap zur tatsächlich todernsten Milchpreis-Debatte. Die „Fusion aus Schweinshaxe mit Sushi und Currywurst Pommes“, wie Campino es beschrieben hatte, war gelungen.

Erfrischend gelang dann auch der spontan wirkende künstlerische Austausch, als Campino etwa den Vogelfänger aus Mozarts „Zauberflöte“ brüllte. Sein expressives Organ kam aber auch bei Hosen-Hits wie „Wünsch dir was“ zum Einsatz, Songs aus dem aktuellen Album „Laune der Natur“ durften auch nicht fehlen. Als Stimmwunder wurde der Düsseldorfer Punk nur von Polt bei der allerletzten Zugabe, einem herrlich verraunzten und klischeegetränkten Wiener Lied, ausgestochen.

Wo und mit wem die Toten Hosen als nächstes in Wien auftreten, bleibt spannend: Vom Heurigen bis zum Musikverein wäre noch vieles unerobert. Fürs erste gaben sich die Fans lautstark zufrieden, auch wenn viele mit dem Sitzplatz-Ambiente nur eingeschränkt klar kamen. Dass Hosen-Fans, die das ganze Spektrum Wiener Durchschnittsbürgertums abdecken, ohnehin anders behandelt werden als andere, verdeutlichten die sonst nicht üblichen Sicherheitskontrollen im Konzerthaus.

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