Trump bei G-20-Gipfel isoliert - Merkel zufrieden - Hamburg räumt auf
Hamburg (APA/dpa) - Trotz beispielloser Gewalt auf den Straßen und tief greifender Differenzen mit den USA hat sich Kanzlerin Angela Merkel ...
Hamburg (APA/dpa) - Trotz beispielloser Gewalt auf den Straßen und tief greifender Differenzen mit den USA hat sich Kanzlerin Angela Merkel zufrieden mit dem ersten G-20-Gipfel in Deutschland gezeigt. „Wir haben in einigen Bereichen durchaus gute Ergebnisse erzielt“, sagte sie am Samstag auf ihrer Abschluss-Pressekonferenz in Hamburg.
Die Krawalle mit Hunderten Verletzten und schlimmen Verwüstungen in der Hamburger Innenstadt verurteilte Merkel aufs Schärfste. „Blindwütige Gewalt kann nicht geduldet werden.“ Die Kanzlerin versprach den Opfern schnellstmögliche Hilfe und Entschädigung, und zog in diesem Zusammenhang einen Vergleich mit Flutkatastrophen.
Zwei Tage und zwei Nächte lang war es während des G-20-Gipfels der großen Wirtschaftsmächte zu den schwersten Straßenschlachten in Deutschland seit Jahrzehnten gekommen. Sogar das Fortkommen der Wagenkolonnen von Gipfelteilnehmer wurden immer wieder durch Absperrungen und Blockaden behindert, das Partnerprogramm musste verändert werden. Zum Vorwurf, der Staat habe versagt, sagte Merkel, der Einsatz der Polizei sei sehr sorgfältig geplant worden. „Der Gipfel konnte abgehalten werden.“
Politisch stand das Thema Klimaschutz im Mittelpunkt. Dazu wurde erstmals in der Geschichte der G-20-Gipfel ein Dissens in der Abschlusserklärung festgeschrieben, der US-Präsident Donald Trump isoliert. Die 19 anderen Mitglieder der G-20 bekannten sich zu einer raschen Umsetzung des Pariser Klimaabkommens, aus dem die USA unter Trump ausgestiegen sind.
Damit stellten sich auch Wackelkandidaten wie China, Russland und Saudi-Arabien gegen den US-Präsidenten. Der russische Präsident Wladimir Putin lobte Merkel dafür, dass sie 19 Mitglieder für die Bestätigung des Klimaabkommens gewinnen konnte. „Das ist ein positives Element, das man Kanzlerin Merkel gutschreiben muss“, sagte er. Der französische Präsident Emmanuel Macron, der für Dezember einen Klimagipfel ankündigte, lobte seinerseits Putin dafür, dass er sich klar gegen die USA gestellt habe.
Beim Freihandel sorgte Trump für einen Rückschritt im Vergleich zu früheren Gipfelerklärungen: Die G-20 erkennen die „Rolle legitimer Verteidigungsinstrumente im Handel“ an und machen damit ein Zugeständnis an Trumps Abschottungspolitik. Im Gegenzug schaffte es eine Absage an Protektionismus in die Erklärung. Der Begriff wird aber unterschiedlich interpretiert. Der US-Präsident hält seine „Amerika zuerst“-Politik nicht für Protektionismus, die Europäer schon.
Die G-20-Staaten unterstützten auch die Initiative Merkels für eine neue Partnerschaft mit Afrika. In Zukunft solle es nicht nur klassische Entwicklungshilfe geben, sondern auch eine Förderung privater Investitionen, sagte die deutsche Kanzlerin. Merkels Initiative sieht Abkommen mit reformorientierten afrikanischen Staaten vor, um die Rahmenbedingungen für Investitionen auch in Infrastrukturprojekte zu verbessern. Entwicklungsorganisationen sind wenig überzeugt, weil der Fokus mehr auf den Investoren als auf den Bedürfnissen der Menschen liege. Auch wird befürchtet, das internationale Standards nicht eingehalten werden.
Am Rande des Gipfels konnte Merkel ein Projekt voranbringen, das ihr sehr wichtig ist: Der erst vor kurzem gestartete Weltbank-Fonds zur Stärkung von Unternehmerinnen in Entwicklungsländern erhielt weitere Geldzusagen. Bisher sei ein Betrag von 325 Millionen Dollar eingesammelt worden, wie Weltbank-Präsident Jim Yong Kim sagte. Das sind umgerechnet 285 Millionen Euro.
Bei der größten Demonstration gegen den Gipfel protestierten am Samstag Zehntausende zunächst friedlich. Die Ausschreitungen der vergangenen Tage und Nächte wurden von Politikern aller Lager verurteilt. Kanzleramtschef Peter Altmaier sprach sogar von „linksextremem Terror“. Allerdings geriet auch Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz unter Druck. Die oppositionelle CDU und die FDP warfen ihm und seiner rot-grünen Landesregierung vor, die Lage unterschätzt und alle Warnungen „weggelächelt“ zu haben.
Im Szeneviertel Schanze hinterließen die Randalierer eine Spur der Verwüstung. Die Polizei ging mit einem massiven Aufgebot und schwer bewaffneten Spezialkräften - darunter mehrere österreichische Polizisten - gegen mehrere hundert Randalierer vor. Mit gepanzerten Fahrzeugen wurden brennende Barrikaden weggeschoben, Wasserwerfer waren im Einsatz. Im Laufe der Nacht zum Samstag beruhigte sich die Lage.
Nach Angaben der Hamburger Polizei wurden bis zum Nachmittag 213 Beamte verletzt, darunter auch drei Österreicher. In der Nacht zu Samstag seien 43 Menschen festgenommen und 96 in Gewahrsam genommen worden, hieß es. Zur Zahl der verletzten Demonstranten konnten weder Polizei noch Feuerwehr Angaben machen.