Trump dominiert G-20 - Weltpolitik mit dem Dampfhammer

Hamburg (APA/dpa) - Donald Trump hat nach fast einem halben Jahr im Amt von fremdem Terrain aus zum Befreiungsschlag ausgeholt - doch nieman...

Hamburg (APA/dpa) - Donald Trump hat nach fast einem halben Jahr im Amt von fremdem Terrain aus zum Befreiungsschlag ausgeholt - doch niemand weiß, ob er gelingt. Eine von Freund und Feind respektierte Rede in Polen, vor allem aber ein weitgehend unfallfrei verlaufenes erstes Treffen mit Wladimir Putin - und ein G-20-Gipfel, bei dem sich der Novize nicht negativ abhob und inhaltlich gnadenlose Härte an den Tag legte.

Trump hatte aus seiner Sicht keine schlechten Tage fern der Heimat. Selbst die lähmende Russland-Affäre versuchte er in Hamburg abzuschütteln: Er konfrontierte Putin mit Manipulationsvorwürfen bei der US-Wahl 2016 - ohne sich aber selbst die Hände zu binden.

Trump drückte dem Treffen an der Alster seinen Stempel auf. Von Kompromissbereitschaft oder gar Großzügigkeit der Weltmacht - keine Spur. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel meinte Trump, als sie sagte, die Verhandlungen zum Handel seien mit „äußerster Härte“ geführt worden - und letztlich im Sinne Trumps ohne vernünftigen Kompromiss ausgegangen. Beim Klima mussten die G-20 sogar erstmals einen Dissens in die Abschlusserklärung schreiben. Den USA ist der Verkauf ihres im Überschuss vorhandenen Flüssiggases und der Technik zur Kohlendioxid-Verpressung viel wichtiger als der Klimaschutz.

Trump macht Weltpolitik mit dem Dampfhammer - vieles davon wird seiner konservativen Wählerschaft zu Hause und auch den Falken in seiner republikanischen Partei gefallen. Dass er ein bilaterales Handelsabkommen mit Großbritannien ankündigt, passt ins Bild: Die USA wollen sich immer weniger der Disziplin unterwerfen, die ein vielstimmiges politisches Orchester erfordert.

Trump zeigt in Warschau und Hamburg aber auch, dass er durchaus bereit ist, sich in internationale Kompromisslinien einbinden zu lassen, sogar manchmal Führung zu übernehmen - wenn es ihm passt. Etwa bei den Hilfen für Afrika oder beim Kampf gegen den Terrorismus. In Syrien arbeiten die Amerikaner mit Russland und Jordanien an einem Deeskalationsplan. In der Ukraine gibt es wieder einen US-Sonderbeauftragten. Im Nahen Osten macht sich Außenminister Rex Tillerson um die Lösung der Krise zwischen Katar und Saudi-Arabien verdient - auch wenn es möglicherweise die USA gewesen sein könnten, die die Krise überhaupt erst ermöglicht hatten.

Gastgeberin Merkel, von Trump für die Gipfelorganisation über den grünen Klee gelobt, hatte alles schön angerichtet. Dennoch riskierte der Amerikaner sogar einen Eklat - obwohl er Merkel zuvor telefonisch versichert hatte, er werde dazu beitragen, den Gipfel zu einem Erfolg zu machen. Schließlich fließen windelweiche Formulierungen in die Abschlusserklärung, die im wesentlichen den Konflikt zementieren, aber auch ein Desaster vermeiden.

Der US-Präsident, auffallend häufig von seinen Fachleuten wie Finanzminister Steven Mnuchin und Außenminister Rex Tillerson flankiert, hat sich zumindest öffentlich zusammengerissen. Keine schrägen Bemerkungen, keine unflätigen Tweets, keine Patzer. Auch als seine Frau Melania wegen Sicherheitsbedenken in ihrem Quartier am Hamburger Feenteich festsaß, auch als er wegen Demonstranten einen Umweg zur Messehalle fahren musste - der Präsident, sonst gern ein Polterer, wenn es um „Law and Order“ geht, behielt die Fassung.

Die Tage von Warschau und Hamburg gehörten wohl zu den besseren in Trumps bisheriger Amtszeit. Zumindest hat der Chef im Weißen Haus seinen Spin-Doktoren viel Futter geliefert, das sie als Erfolge nach außen verkaufen können. Und vielleicht noch wichtiger: Erstmals zeichnen sich zumindest Teile von etwas ab, das irgendwann einmal zu einem außenpolitischen Konzept der Weltmacht USA werden könnte.

Zwei Stunden und 16 Minuten gingen Trump, Tillerson und Mnuchin mit Russlands Staatschef Wladimir Putin in Klausur. Mit Großbritanniens Premierministerin Theresa May und seiner Frau Melania versetzte Trump gleich zwei Damen wegen der Verhandlungen mit Überlänge. Es dürfte sich gelohnt haben. Der anschließend verkündete Waffenstillstand für einen Teil Syriens hatte zwar nichts mit den Hamburger Gipfelgesprächen zu tun und ist - wie etwa der britische Verteidigungsminister Michael Fallon einschätzt - mit äußerster Vorsicht zu genießen.

Trump und sein Kabinett aus ehemaligen Wirtschaftsführern denken in vielen Politikfeldern streng ökonomisch - das heißt häufig auch egoistisch. So setzte er etwa im Stahlstreit mit Ländern wie Deutschland, China und Japan eine letzte Frist bis September. Zu der Strategie gehört auch, Gutwetter zu machen, wenn es opportun erscheint. „Der Fernseh-Trump unterscheidet sich sehr vom realen Menschen“, sagte denn auch Wladimir Putin.