Bachmann-Preis - Schmalz: „Das wird jetzt mein Bachmann-Jahr!“

Klagenfurt (APA) - Mit dem Steirer Ferdinand Schmalz hat nach 2014 (Tex Rubinowitz) wieder ein Österreicher den Ingeborg-Bachmann-Preis gewo...

Klagenfurt (APA) - Mit dem Steirer Ferdinand Schmalz hat nach 2014 (Tex Rubinowitz) wieder ein Österreicher den Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen. Im Theater viel gefragter Shooting-Star, ist er im Prosabetrieb ein Neuling, der von Jurorin Sandra Keller erst in beharrlichem Insistieren zur Teilnahme überredet wurde. Es hat sich ausgezahlt. Kurz nach der Preisvergabe gab er der APA ein Interview.

APA: Herzliche Gratulation, Herr Schmalz. Der Bachmann-Preis wurde im Klagenfurter ORF-Theater vergeben. Im Theater nimmt ja auch der Autor einer Uraufführung den Schlussapplaus gemeinsam mit den Schauspielern entgegen. Wie bekannt ist Ihnen als Theaterautor die Situation hier vorgekommen?

Ferdinand Schmalz: Der ganze Trubel hier hat sogar den üblichen Premierentrubel übertroffen. Aber es war schön, wie das Publikum bei der Lesung mitgegangen ist. Es hat Spaß gemacht, hier zu lesen und die Leute auf die Geschichte mitzunehmen.

APA: Jemand, der Theatermittel zu bedienen weiß, hat also einen gewissen Startvorteil?

Schmalz: Es ist sicherlich kein Nachteil. Obwohl man ja von der Prosaseite auch ein bisschen beäugt wird: Kann man, was ein Theaterautor so von sich gibt, denn auch lesen? Aber ich bekomme gute Rückmeldungen von Leuten, die meine Stücke zu Hause lesen. Manche sagen, sie wippen beim Lesen mit dem Rhythmus mit.

APA: War beim Prosa-Schreiben für Sie eine Art Umdenken notwendig?

Schmalz: Es war schon ein bisschen ein Kontrastprogramm zum Theatertexte-Schreiben, aber auch eine Befreiung: Man sieht im Theater immer einen Abend vor sich und den Spannungsbogen der Aufmerksamkeit des Publikums. In der Prosa kann man den Assoziationen freien Lauf lassen. Dass es starke Figurenkonstellationen geworden sind, ist mir dann im Schreibfluss passiert.

APA: Ihre Stücke beschäftigen sich nicht selten mit Lebensmitteln oder der Nahrungsmittelindustrie. Das setzt sich in Ihrem Bachmannpreis-Text mit Tiefkühlkost und Rehragout fort. Was fasziniert Sie an diesem Topos?

Schmalz: Essen als Metapher hat sofort einen haptischen oder geschmacklichen Zugang für jeden Leser oder Zuhörer. Man kann über Lebensmittel sehr viel über Lebensformen erzählen. Essen ist da ein probates Mittel und hat natürlich auch eine anatomische Nähe zur Sprache: Dieses Loch, in das wir unser Essen hineinstopfen, ist auch dasselbe, aus dem die Sprache rauskommt.

APA: Haben Sie schon eine nähere Vorstellung, was aus dem in Klagenfurt gelesenen Text werden wird?

Schmalz: Es ist ein längerer Romanentwurf, der auf dem Papier ist. Es gibt schon etwas mehr Text. Ich habe das Gefühl, dass die verlorene Leiche, die kalte Leerstelle, die am Schluss des Textes auftaucht, ein roter Faden wird, der sich durch die Vorstadt ziehen wird. Und es kommen noch ein paar schräge Randfiguren dazu.

APA: Der Tod ist auch das zentrale Thema des „Jedermann“, den Sie gerade für das Burgtheater bearbeiten. Was darf man sich da erwarten?

Schmalz: Der „Jedermann“ ist natürlich ein Riesenbrocken. Wie mir die Burgtheaterdirektorin Karin Bergmann das erste Mal davon erzählt hat, war gerade das Donauinselfest mit rund drei Millionen Leuten. Gleichzeitig sind die ersten Flüchtlinge über die Balkan-Route gekommen. Da hat es geheißen, für diese 800 Leute haben wir kein Dach über den Kopf. Ich will ja niemandem die Feier verderben, aber in diesem Moment habe ich mir gedacht: Vielleicht kann man über ein Fest, das kippt, etwas über diese Zeit erzählen. Die Frage „Wann schmeckt der Wein nicht mehr?“ ist schon eine aktuelle.

APA: Wird es deutliche oder subtile Eingriffe ins Stück geben?

Schmalz: Es bleibt von den Figuren und den Konstellationen nahe dran. Es ist auch bei mir ein Fest. Ich gehe dabei durchaus auch auf Hofmannsthal zurück, der in einem frühen Fragment geschrieben hat: „Es spielt in einem Garten nahe Wien.“ So eine Gartenfestatmosphäre wird es werden, in die auch archaischere Figuren treten. Wenn man sich mit dem Stoff beschäftigt, muss man sich auch mit den Allegorien beschäftigen. Die wird es natürlich weiterhin geben.

APA: Und bei der „Jedermann“-Inszenierung wird Sie ein Name weiterhin verfolgen: Bachmann.

Schmalz: Ja, der Regisseur ist Stefan Bachmann. Wie die Nominierung bekannt wurde, bin ich gerade bei ihm in Köln gesessen. Wir haben gelacht und gesagt: Das wird jetzt mein Bachmann-Jahr!

(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)