Doku im Kino

Bud Spencer: Der gute Mensch von Neapel

© imago/United Archives

Neun Jahre tüftelte Karl-Martin Pold an der rührenden Doku „Sie nannten ihn Spencer“, die auch ein Dokument der Hartnäckigkeit ist.

Von Christiane Fasching

Innsbruck –In Neapel fängt sie an, die ungewöhnliche Geschichte von Karl-Martin Pold, der vor neun Jahren bei einem Italien-Urlaub nichtsahnend ein Bud-Spencer-Leiberl trug. Und prompt vom Campingplatz-Besitzer zur Rede gestellt wurde. Ob er wisse, wer der bärtige Kerl auf seinem Shirt eigentlich sei? Und schon gingen sie los, die Geschichten über den in Neapel als Carlo Pedersoli geborenen Haudegen, der mit Dampfhammer-Faust, herzlicher Brummigkeit und ungezügeltem Appetit Filmgeschichte schrieb.

Pold war schon damals ein Bud-Spencer-Fan, zum Bud-Spencer-Verrückten sollte er aber erst werden. In einer neapolitanischen Kirche fasste er schließlich den Entschluss für seine Mission: Seine Diplomarbeit wollte der Journalismus- und Theaterwissenschaftsstudent dem schlagkräftigen Kinohelden widmen. „Sie nannten ihn Spencer“ hieß das Werk, für das Pold auch einen Trailer produzierte, den er – ohne Hintergedanken – online stellte. „Plötzlich hab’ ich Mails aus der ganzen Welt bekommen: Alle wollten wissen, wann mein Film denn in die Kinos kommt“, erinnert sich Pold.

Neun Jahre später tingelt der Wiener nun von einer Premiere zur nächsten. Dass es jemals so weit kommen sollte, hat er oft angezweifelt. „Ich hab’ sechsmal bei der österreichischen Filmförderung um Unterstützung angefragt – und hab’ sechsmal eine Absage kassiert. Mit der Begründung, dass Bud Spencer nicht mehr kinotauglich sei“, erzählt der Jung-Regisseur. Dass das Projekt nicht gestorben ist, geht auf die Kappe treuer Fans, die sich online zu einer Unterstützungsfront formierten und Pold bei der Verwirklichung seines Traums halfen. Tontechniker, Kameraleute und Mechaniker arbeiteten ohne Gage, Pold wiederum jobbte als Christbaumverkäufer, Busfahrer und an der Discounter-Kassa, um sein Herzensprojekt zu finanzieren. Mittels Crowdfunding lukrierte er obendrein 18.000 Euro – nicht gerade viel für ein Roadmovie, in dem sich zwei Himmelhunde auf die Suche nach ihrem Helden begeben: Bud Spencer.

Im Mittelpunkt des dokumentarischen Trips, durch den Terence Hills Synchronsprecher Thomas Danneberg als Erzähler führt, stehen Marcus und Jorgo – zwei „Bud-Bekloppte“, wie sie unverblümt zugeben. Der eine ist blond, der andere blind, optisch erinnern sie an die Protagonisten von „Die rechte und die linke Hand des Teufels“ oder „Das Krokodil und sein Nilpferd“ – Filme, die Marcus und Jorgo auswendig können. Nun machen sie sich gemeinsam auf den Weg, um Bud Spencer, „den guten Freund, den sie nie getroffen haben“, leibhaftig kennen zu lernen. Großen Plan haben sie dabei keinen – und so wird der Trip im VW-Bus zur Irrfahrt durch Europa und zur spaßigen Spurensuche, die ein Wiedersehen mit alten Weggefährten des Gesuchten ermöglicht: Schriftsteller Luciano de Crescenzo etwa drückte mit Bud die Schulbank, als der noch Carlo hieß – und erinnert sich an einen treuen Kumpel, der ihn vor Schlägen bewahrt­e. Zu Wort kommt auch Parade-Bösewicht Riccardo Pizzuti, der sich lachend an die hammerharten Kopfnüsse und die Fressgelage seines Kollegen erinnert. Mario Girotti alias Terence Hill gesteht wiederum, dass er schon als Bub seinen späteren Filmpartner bewunderte, der damals noch als bulliger Schwimmer seine Bahnen zog. Sein Fazit: „Bud ist ein guter Mensch.“

Das ahnten auch Marcus und Jorgo, nur war’s schwer, zum guten Menschen vorzudringen. Seine Sekretärin Miss Nelly hielt ihrem Boss unliebsame Gäste nämlich konsequent vom Leib. Polds Film fehlt an bestimmten Stellen indes die Konsequenz: Manche Szene wirkt arg konstruiert und gar nicht dokumentarisch. Aber vielleicht muss man „Sie nannten ihn Spencer“ auch mehr als Kinomärchen sehen – und als Beweis, dass Hartnäckigkeit ans Ziel führt. Bud Spencer bekam das Rührstück leider nicht mehr zu Gesicht. Er starb im Juni 2016. Pold: „Für mich war er Familie.“

"Ich hab’ mich die letzten neun Jahre jeden Tag mit Bud Spence­r beschäftigt. Er war Familie." Karl-Martin Pold (Regisseur)
© Thimfilm

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