Erdbeben auf Ischia: Touristen flüchten in Massen von der Insel
Tausende Urlauber haben die Insel verlassen, viele ihre geplante Reise storniert. Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung werden geprüft.
Rom/Ischia Porto – Nach einem Erdbeben auf Ischia mit zwei Toten und 42 Verletzten haben Tausende Urlauber die süditalienische Ferieninsel verlassen. Rund 5000 Touristen, die einen Aufenthalt in Hotels und Ferienwohnungen gebucht hatten, sagten ihren Besuch ab.
Die Bürgermeister der Gemeinden von Ischia appellierten an die Urlauber, ihre Ferien auf der Insel nicht zu stornieren oder abzubrechen. Die meisten Hotels seien vom Erdbeben nicht beschädigt worden. Vor allem die Gegend entlang der Küste habe keinerlei Schäden erlitten. „Alle Dienstleistungen sowie die Fährenverbindungen funktionieren bestens. Die Bedingungen für die Fortsetzung des Urlaubs sind vorhanden“, versicherte Vincenzo De Luca, Präsident der Region Kampanien, zu der die Insel Ischia gehört.
Schlechte Bauweise angeprangert
Zwei Verletzte befanden sich am Mittwoch noch in kritischem Zustand. 2600 Menschen sind obdachlos. Die meisten von ihnen verbrachten die Nacht bei Angehörigen und Freunden. Der Zivilschutz fand Plätze in Hotels. Lediglich 30 Menschen verbrachten die Nacht in Zelten, die vom Zivilschutz organisiert wurden. Am frühen Mittwoch wurde auf Ischia ein Nachbeben mit Stärke 1,9 registriert.
Geologen kritisierten, dass ein relativ schwaches Beben so viel Schaden anrichten konnte. „Es ist nicht normal, dass ein Erdbeben der Stärke 4 Häuser einstürzen lässt und zu Evakuierungen von Krankenhäusern führt“, sagte Egidio Grasso, Chef der regionalen Vereinigung von Geologen. Er und andere prangerten die schlechte Bauweise der Immobilien an. Die Häuser seien vielfach alt, mit schlechtem Material gebaut oder seit Jahren nicht restauriert worden.
Verfahren wegen fahrlässiger Tötung geprüft
Die Staatsanwaltschaft von Neapel prüft die Einleitung von Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung. Dabei soll vor allem das Problem der unter Missachtung von Bauvorschriften oder überhaupt illegal errichteter Häuser auf der Insel untersucht werden.
Auch Infrastrukturminister Graziano Delrio meinte, es sei nicht normal, dass Menschen durch ein Beben mit einer Stärke von 4,0 sterben. Solide gebaute Gebäude würden bei einem solchen Erdstoß nicht einstürzen. Italien müsse verstärkt auf Vorbeugung setzen, sagte der Minister im Interview mit der Tageszeitung Il Messaggero. Das Phänomen der Bausünden sei auf Ischia und in der gesamten Region um Neapel besonders verbreitet, kritisierte Giovanni Melillo, Oberstaatsanwalt in der Vesuvstadt.
Gerettete Kinder im Krankenhaus
Die drei Kinder, die nach dem Erdbeben aus den Trümmern ihres Hauses gerettet wurden, verbrachten die Nacht im Krankenhaus von Ischia. Sie seien wohlauf, bestätigten die Ärzte. Feuerwehrleute bargen den elfjährigen Ciro Dienstagmittag rund 16 Stunden nach dem Beben. Er kam mit der Fraktur eines Fußknochens davon. „Als ich befreit worden bin und das Licht wiedergesehen habe, habe ich an Gott gedacht: ‚Dann gibt es ihn wirklich‘“, sagte Ciro im Interview mit einem Radiosender.
„Als ich erfahren habe, dass mein jüngster Bruder gerettet worden ist, habe ich mir Mut gemacht und gedacht: ‚Ich muss es schaffen‘“, erzählte der Bub. Jetzt wolle er sich bald erholen, um wieder Fußball und am Strand zu spielen. Am Dienstagvormittag war Ciros sieben Jahre alter Bruder Mattias gerettet worden, bereits in der Nacht auf Dienstag hatten Retter den sieben Monate alten Pasquale und den Vater der Buben aus den Schuttmassen befreit. (APA/dpa)