Polizei ermittelt nach Absturz deutscher Seilschaft in Krimml
Sie hatten eine Seilschaft gebildet, um sich gegenseitig vor einem Absturz zu bewahren. Trotzdem stürzten sechs Bayern am Gletscher in Krimml ab, fünf überlebten die Tragödie nicht. Nun soll geklärt werden, wie das Unglück passieren konnte.
Krimml – Im Gästebuch der Zittauer Hütte stehen ihre Namen fein säuberlich: Die sechs Deutschen haben sich noch eingetragen, bevor sie auf ihre Gletschertour zum Gabler (3260 Meter) aufgebrochen sind. Von fünf Männern war es das letzte Lebenszeichen. Sie starben wenig später bei einem verhängnisvollen Absturz in 3000 Metern Seehöhe.
Es war das herrliche Wetter, das die sechsköpfige Gruppe aus Burghausen, Altötting und Garching in die Berge lockte. Und es war letztlich auch das schöne Wetter, das fünf von ihnen das Leben kostete. Denn die Sonnenstrahlen erwärmten das Gletschereis – nicht einmal mit Eispickeln konnten sich die Männer vor dem Sturz in die Tiefe abfangen.
Nach dem Bergdrama rund eineinhalb Kilometer südlich der Zittauer Hütte bei der Mannlkarschafte will die Polizei den einzigen Überlebenden zum Hergang des Bergdramas befragen. Der 75-jährige Bergsteiger überlebte schwer verletzt und wurde ins Krankenhaus nach Salzburg geflogen. Lebensgefahr bestehe nicht. Er sei in einem stabilen aber kritischen Zustand, teilte die Salzburger Polizei mit. Der Mann habe bisher noch nicht befragt werden können, teilte die Polizei am Montag mit.Ob sich der 75-Jährige aber überhaupt an das Ereignis am Gletscher erinnern kann, ist fraglich, denn offenbar hat er beim Absturz auch Kopfverletzungen erlitten.
Seilschaft wollte gerade umdrehen
Die bisherigen Erkenntnisse der Polizei stützen sich auf Beobachtungen von anderen Berggehern in der Nähe, die Zeuge davon wurden, was am Sonntag gegen 10 Uhr in 3000 Metern Höhe tatsächlich passiert war. Ihren Erzählungen zufolge wollte der Letzte aus der Seilschaft umdrehen, weil es ihm zu gefährlich schien. Die anderen fünf waren nach einer Diskussion einverstanden und wollten absteigen. Sie befanden sich zu dem Zeitpunkt in einer steilen Felsrinne.
Plötzlich rutschte der Zweite im Seil aus und riss alle anderen mit sich. Obwohl zwei der Männer noch versuchten, sich im Eis festzuhalten, gab es kein Entrinnen. Die Bayern rutschten zunächst rund 100 Meter ab – und stürzten dann über eine Felswand noch einmal Dutzende Meter in die Tiefe. Die Zeugen schlugen sofort Alarm. Doch für fünf der sechs Männer kam jede Hilfe zu spät.
70-Jähriger führte die Gruppe
Sie konnten im Rahmen einer schwierigen Bergung nur noch tot ins Tal geflogen werden. Die tödlich Verunglückten waren laut Polizei 34, 56, 65, 69 und 70 Jahre alt.
Fest steht mittlerweile laut Polizei-Sprecherin Irene Stauffer, dass es sich um eine geführte Gruppe handelte. Der 70-Jährige führte seine Kameraden, ob er auch geprüfter Bergführer ist, war aber am Montag noch nicht geklärt. Dies werde noch recherchiert und in den Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft einfließen, sagte die Sprecherin.
Wie alpinerfahren die anderen Bergsteiger waren, war zunächst ebenfalls noch nicht bekannt. Aber mit einer Ausnahme gehörten alle Opfer der Sektion Burgkirchen des Deutschen Alpenvereins (DAV) an.
Gletscherschmelze ist gefährlich
Ein Grund für den Unfall könnte auch gewesen sein, dass die Bedingungen – wie auf vielen Gletschern in den Alpen – derzeit außerordentlich schwierig sind. Die Schmelze macht das Eis extrem rutschig, an vielen Stellen herrscht Steinschlaggefahr. Bei diesen Verhältnissen haben laut Experten sogar erfahrene Alpinisten Probleme.
Auch die Retter in Krimml können das unterschreiben: Die Bergung der Leichen gestaltete sich nämlich äußerst schwierig und gefährlich. „Die Einsatzkräfte mussten durch unwegsames Gelände zu Fuß gehen, um an die Unglücksstelle zu kommen“, hieß es. Ein Insasse eines Rettungshubschraubers wurde durch einen Stein verletzt und musste medizinisch versorgt werden. Insgesamt waren die Alpinpolizei, fünf Rettungshubschrauber-Besatzungen und mehrere Bergretter aus Krimml an dem Einsatz beteiligt. Zur Bergung wurde auch ein Hubschrauber aus Tirol angefordert. (rena/dpa/APA)