Strache behauptet, Kurz habe „Putsch“ lange geplant
Die ÖVP-Spitze bestreitet, Urheber von Strategiepapieren zu sein, die Kurz’ Machtübernahme skizzieren – und die der FPÖ zugespielt wurden.
Von Karin Leitner
Wien –10. Mai 2017. Reinhold Mitterlehner tut kund, dass er geht – als ÖVP-Chef und Vizekanzler. Einer der Gründe, warum er abdankt: „Ich bin kein Platzhalter.“ Er sei keiner, der bleibe, „bis irgendjemand Zeitpunkt, Struktur oder Konditionen festlegt“.
Gemünzt ist das auf Außenminister Sebastian Kurz. Diesem wird nachgesagt, mit Vertrauten an Mitterlehners Demontage zu werken. Kurz bestreitet das. Nach wie vor. Im ORF-Sommergespräch sagte er: „Die Überraschung war groß, als Reinhold Mitterlehner zurückgetreten ist.“
Nun behauptet einer, den Beleg dafür zu haben, dass das nicht stimmt. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sagt, dass er ein Papier zugespielt bekommen habe, durch das erwiesen sei, dass Kurz die Machtübernahme en détail vorbereitet hat. Ebenso den Wahlkampf mit ihm als Spitzenkandidat. Es stamme vom August 2016; da amtierte Mitterlehner noch. „Man hat für Kurz die ganzen Strategiekonzepte vorbereitet. Es heißt Programm SK. Es zeigt auf, wie man den Parteiputsch vorbereitet hat“, sagt Strache.
Der Tiroler Tageszeitung liegen Teile des Konvoluts vor. Es sei authentisch, sagen die Freiheitlichen. Unter dem Motto: „Politik Neu mit Sebastian Kurz: VERTRAUEN herstellen – ORDNUNG schaffen“ wird diagnostiziert: „Ein verlorenes Jahrzehnt liegt hinter uns.“ Österreich sei in allen Rankings „abgerutscht“. Das sei „nicht allein die Schuld von 3 sozialdemokratischen Kanzlern, da war die ÖVP durchaus auch dabei: bei Tauschgeschäften und Proporz, bei kurzsichtigen Gesetzen und einfältigen Maßnahmen“.
Unter dem Punkt „Heimat/Wirtschaft & Arbeit/Zukunft“ wird aufgelistet, wie Kurz & Co. Zuspruch lukrieren sollen. Etwa mit: „Weniger ist mehr: 10 Projekte bzw. Leuchtturmthemen.“ Es müsse „realistische Ansagen UND Vision“ geben – vom Bereich Schule (u. a. „Leistung zählt, daher auch Noten“), über „Österreich (wieder) zum Europameister machen“ bis „zu „Proaktiv: Gerechtigkeit (von der Arbeit leben, selbst ein Haus bauen, leistbares Leben)“. Und: „FPÖ-Themen, aber mit Zukunftsfokus“. Strache ätzt: „Das ist eine große Ehre.“
Unter dem Titel „Projekt Ballhausplatz“ – an dieser Wiener Stätte ist das Kanzleramt – werden Umfragen angeführt. Sowohl bei der Sonntags- als auch bei der Kanzlerfrage liegt (die ÖVP mit) Kurz vor Mitterlehner.
Weiterer Befund: „Wir wissen seit der Bundespräsidentenwahl, dass die Hälfte der Stimmen frei verfügbar sind.“ Und so sei diese Positionierung nötig: „Es braucht den ,Wählerversteher‘. (SPÖ-Chef) Kern bedient das teilweise. Strache beherrscht das perfekt. (NEOS-Kandidatin) Griss für ihre Zielgruppe.“
Auch von einer Ministerliste ist laut FPÖ die Schreibe: Als potenzielle Regierungsmitglieder angeführt werden etwa Josef Moser (der Ex-Rechnungshofchef kandidiert jetzt für Kurz), Irmgard Griss (Kurz hat sich um sie bemüht; sie tritt aber für die NEOS an), Wolfgang Sobotka, Harald Mahrer, Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel, die nunmehrige Generalsekretärin Elisabeth Köstinger. Als „Weitere“ genannt: Efgani Dönmez, der auf Kurz’ Bundesliste steht, und die Unternehmerin Monika Langthaler, ehemalige Politikerin der Grünen.
Aus dem Büro von Kurz heißt es gegenüber der TT zu den von der FPÖ publik gemachten Dokumenten: „Wir kennen dieses Papier nicht. Wir wissen aber auch nicht, wer von außen irgendwelche Papiere in guter oder böser Absicht schreibt.“