EU-Wirtschaftspolitik

Merkel für Errichtung eines europäischen Währungsfonds

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel.
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Die deutsche Kanzlerin schloss auch nicht aus, sich der französischen Idee eines gemeinsamen Euro-Finanzministers anzuschließen.

Berlin - Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine stärkere Zusammenarbeit in der EU-Wirtschaftspolitik gefordert und sich hinter die Idee eines Europäischen Währungsfonds gestellt. „Ich könnte mir auch einen Wirtschafts- und Finanzminister vorstellen“, sagte sie am Dienstag bei ihrer Sommerpressekonferenz in Berlin mit Blick auf eine besser abgestimmte Haushalts- und Wirtschaftspolitik.

Sie finde zudem den Vorschlag von Finanzminister Wolfgang Schäuble sehr gut, den Euro-Rettungsfonds ESM weiterzuentwickeln. Im Streit Polens mit der EU über die Einhaltung des Rechtsstaats warnte sie, dass Prinzipien nicht zugunsten des Zusammenhalts der EU-Staaten geopfert werden dürften. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte zugleich neue Vorschläge zur Reform der EU nach den deutschen Bundestagwahlen am 24. September an.

Merkel schloss nicht aus, sich der französischen Idee eines gemeinsamen Euro-Finanzministers anzuschließen. Darüber müsse aber noch gesprochen werden. Die Diskussionen steckten noch am Anfang. Sie habe sich außerdem schon sehr früh für ein Eurozonen-Budget eingesetzt. Der ESM könne dafür ein Ansatz sein. Mit dem Umbau des Fonds könnte Europa der Welt zeigen, dass es alle Mechanismen im Portfolio habe, um schwierige Situationen allein meistern zu können. Vor allem brauche es aber mehr wirtschaftliche Kohärenz der Euro-Länder. Dies gelte auch mit Blick auf die Haltung EU-Positionen gegenüber Ländern wie China.

Umbau des ESM

Für den Umbau des ESM, an dessen Spitze der Deutsche Klaus Regling steht, hat sich Schäuble wiederholt starkgemacht. Damit sollen auch die Lehren aus dem Schuldenstreit mit Griechenland gezogen werden. So hatten Merkel und Schäuble zwar beim dritten Hilfsprogramm die Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) gefordert, der die Reformen der griechischen Regierung mit überwacht. Allerdings gab es seit 2015 immer wieder Streit zwischen den Kreditgebern der Euro-Länder und dem IWF über den Umgang mit den Schulden Griechenlands. Künftig soll deshalb nach Schäubles Vorstellungen in ähnlichen Krisen der ESM eine größere Rolle spielen, der im Gegensatz zur EU-Kommission direkt von den Euro-Staaten überwacht wird. Die Vergabe von ESM-Krediten ist für das betroffene Land an Reformauflagen geknüpft.

Macron sagte, er wolle die europäische Wirtschafts- und Währungsunion angesichts des Brexit stärken. Zugleich müsse darüber nachgedacht werden, dass Länder in verschiedenen Formaten vorangehen könnten, wenn sie ein höheres Tempo bei bestimmten Themen wünschten. Ein solches Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten ist zwar in einigen Bereichen - vor allem zwischen Euro-Ländern und Nicht-Euro-Ländern - schon Realität, schürt aber vor allem in Osteuropa die Furcht vor einem Zurückbleiben.

Merkel verwies darauf, dass auch kleinere EU-Länder für die angestrebten Reformen wichtig seien. „Sie werden auch keine Fortentwicklung der EU bekommen, wenn sie nicht den Kontakt zu allen Ländern suchen.“ Ungewöhnlich deutlich kritisierte die CDU-Chefin die polnischen Regierung wegen deren Umgang mit rechtsstaatlichen Fragen. „Das ist ein ernstes Thema, denn die Voraussetzungen für die Kooperation in der Europäischen Union sind die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit.“ Sie wünsche sich ein gutes Verhältnis zu Polen und die Beziehungen zu dem Land seien ihr wichtig. „Aber wir können da auch nicht einfach den Mund halten und nichts sagen um des lieben Friedens willen.“

Die Frage sei hier nicht die Abwägung zwischen einem Zusammenhalt der EU-Staaten und den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit. „Zusammenhalt der EU unter Preisgabe der Rechtsstaatlichkeit ist nicht mehr die Europäische Union.“ Mit Blick auf den Besuch von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Mittwoch sagte Merkel, sie nehme sehr ernst, was die Brüsseler Behörde dazu sage. Gegen Polen hat die EU-Kommission mehrere Verfahren eingeleitet, in denen es unter anderem um umstrittene Reformen in der Justiz geht. (APA/Reuters)