Japan

Unruhe hinter dem Chrysanthemen-Vorhang

© imago/PPE

Eine Liebesheirat bringt Japan in Bedrängnis: Der ältestesten Erbmonarchie der Welt geht langsam der Nachwuchs aus.

Tokio –Prinzessin Mako, das erste der vier Enkelkinder von Kaiser Akihito, steht vor der offiziellen Bekannt­gabe ihrer Verlobung. Doch in die Freude am Hofe mischen sich auch Sorgen: Der Monarchenfamilie geht der Nachwuchs aus.

Japan genießt den Ruf als Hightech-Nation, wenn aber die kaiserliche Prinzessin am Sonntag ihre Verlobung mit ihrem Studienfreund Kei Komuro bekannt gibt, zeigt sich das Land von seiner erzkonservativen Seite. Bevor Prinzessin Mako ihren Auserwählten heiraten kann, müssen beide eine ganze Reihe traditioneller Riten und Zeremonien absolvieren, die eher an das Zeitalter der Shogune als an die Epoche der Playstation erinnern. Danach aber winkt der Prinzessin die Freiheit. Die 25-jährige Tochter von Prinz Akishino, dem jüngeren Sohn von Kaiser Akihito und Zweiten in der Thronfolge, wird die kaiserliche Familie verlassen. Das verlangt das Gesetz so: Wenn Frauen wie Mako einen Bürgerlichen heiraten, werden sie zur Privatperson. Sie bekommt vom Staat eine einmalige Geldsumme, danach werden sie und ihr Gatte auf sich allein gestellt sein.

Das von uralten Ritualen geprägte Leben hinter dem Chrysanthemen-Vorhang des Kaiserpalastes ist anderen Frauen bisweilen schwer gefallen. Eine, die es nicht immer leicht hatte, ist Kaiserin Michiko. Sie ist die erste Bürgerliche, die ein Kaiser gegen die fast 2000 Jahre alte Tradition zur Gemahlin nehmen durfte. Zwischenzeitlich verlor Michiko sogar ihre Stimme. Zu ihrem 50. Hochzeitstag war Kaiser Akihito mit den Worten zitiert worden: „Ich bin so dankbar, dass sie das alles ausgehalten hat.“

Auch Michikos Schwiegertochter, die frühere Elite-­Diplomatin und heutige Kronprinzessin Masako, ist eine Außenseiterin am Hofe und hat unter psychischem Druck zu leiden. Offiziell erkrankt­e Masako an einer „Anpassungs­störung“, die vom Stress ihres Amtes herrührte. Beobachter sahen dahinter den auf Masako lastenden Druck, einen männlichen Thronfolger zu gebären. 2001 kam Tochter Aiko zur Welt. Wegen ihres Geschlechts bleibt ihr jedoch der Thron verwehrt.

Mit all dem muss sich Prinzessin Mako bald nicht mehr belasten. So wie 2005 Sayako Kuroda, die einzige Tochter des Kaiserpaares, hat sich Prinzessin Mako einen ganz normalen Japaner als Mann fürs Leben gesucht. Kei Komuro lernte Mako vor fünf Jahren durch einen Freund an der International Christian University (ICU), die beide damals besuchten, kennen. Die Prinzessin war das erste Mitglied aus der Kaiserfamilie, das dort studierte.

Komuro war als 18-Jähriger mit dem bezaubernden Titel „Prinz des Meeres“ Tourismus-Botschafter der nahe Tokio gelegenen Stadt Fujisawa. Als Student jobbte er in einem französischen Restaurant und gab Englisch-Unterricht. Heute lebt Komuro in Yokohama in einer einfachen Wohnung mit seiner Mutter und seinem Großvater und jobbt neben einem Master-Studium für Wirtschaftsrecht in einer Anwaltskanzlei.

Während sich Mako und Komuro auf ihre gemeinsame Zukunft freuen, machen sich die Hüter des Kaiserhofes eher Sorgen um die Zukunft. Der jetzige Kaiser Akihito (83) wird auf eigenen Wunsch als erster Kaiser seit rund 200 Jahren zu Lebzeiten abdanken. Für seinen ältesten Sohn Naruhito, der möglicherweise am 1. Jänner 2019 als neuer Tenno den Thron besteigt, gilt wieder die alte Regelung.

Doch damit bleibt die Zukunft des Kaiserhauses, die nur Männer auf dem Thron erlaubt, weiter ungesichert. Prinzessin Makos jüngster Bruder, der zehn Jahre alte Prinz Hisahito, ist nämlich das einzige verbliebene männliche Mitglied der jüngsten Generation der kaiserlichen Familie. (APA, dpa, TT)