Mehr Geschichte geht nicht
In herbstlichem Prachtkleid präsentiert sich in diesen Tagen das Halltal oberhalb von Absam. Wer dort unterwegs ist, kann viel entdecken – wenn er genau schaut.
Von Irene Rapp
Absam –Es ist immer wieder faszinierend, wenn man ins Halltal kommt. Denn hier kann man sich kaum vorstellen, dass in unmittelbarer Nähe eine der Haupttransit-Routen Europas, die A12, vorbeiführt. In dem Karwendeltal oberhalb von Absam hingegen herrscht Ruhe. Am Mittwoch sind wir über den Hirschbadsteig zum Issanger und über das Eibental heraus gewandert. Eine Tour, bei der rund 14 Kilometer und 900 Höhenmeter zu bewältigen sind. Dabei handelt es sich um weniger begangene Wege, die Trittsicherheit und unproblematische Knie verlangen – vor allem der Abstieg über das Eibental ist sehr steil. Das Halltal präsentiert sich derzeit in Herbstfarben getaucht, Laub raschelt unter den Füßen. Und wer die Augen offen hält, kann noch viel mehr entdecken – immerhin wartet das Halltal mit einer jahrhundertelangen Salzabbau-Geschichte auf.
So kommt man hin: In Absam bis zum Eingang des Halltals fahren. Hier wurde vor einigen Jahren ein Parkplatz errichtet (kostenlos) sowie eine Holzbrücke quasi als Eingangstor ins Karwendel. Weit hinein ins Halltal führt eine asphaltierte Straße (Fahrverbot). Allerdings muss diese nicht immer begangen werden: Gleich zu Beginn – nach dem Schranken – kann man auf die Rodelbahn ausweichen. Auf diesem Forstweg geht es neben der Straße leicht ansteigend bergauf. Bald wird der Forstweg zu einem Steig, entlang des Halltalbaches wandert man dahin. Dieser mündet unterhalb des Bettelwurfecks wieder in die Straße, auf der wir weitergegangen sind. Man könnte allerdings auch auf dem Fluchtsteig bleiben (Wegweiser), der vor Jahrhunderten von Bergleuten angelegt worden ist. Denn bereits um 1270 soll am Ende des Tales ein erster Stollen in den Berg zum Salzabbau getrieben worden sein.
Auf dem Weg ins Tal hinein lässt sich diese Geschichte auf Tafeln des „Historischen Solewanderwegs“ nachlesen. Doch wer die Augen offen hält, wird auch abseits Zeichen aus dieser Zeit entdecken. Wer z.B. auf der Straße bleibt und neben dem Bach weiter bergauf geht, kann rund um einen Brunnen angebrachte Tafeln sowie Schriftzeichen sehen, die an Bergleute erinnern.
Hinauf über das steile Bettelwurfeck, vorbei an der 2. Ladhütte – einer von insgesamt drei Ladhütten, die ebenfalls der Salz-Zeit entstammen – und weiter ins Tal. Von hier aus hat man einen traumhaften Blick auf den Roßkopf (2670 m) am Ende des Tales und die Wände von Speckkarspitze (2621 m) sowie Bettelwurf (2725 m). An der Abzweigung nach St. Magdalena vorbei und über eine Brücke (Wegweiser) hinein in den Hirschbadsteig. Nach der Brücke rechts, bei der ersten Wegteilung links.
Statt auf einer Straße ist man nun auf einem Steig in Mischwald unterwegs. Dieser zieht sich in nordwestlicher Richtung zunächst entlang des Baches dahin und wird rasch steiler. „Erst diesen Sommer wurden mit den Milser Schützen Teile des Hirschbadsteigs neu angelegt“, sagt Hermann Sonntag vom Naturpark Karwendel. Nach dem letzten Regen ist es auf diesem neuen Stück daher kurz matschig.
Immer der Markierung folgen und schließlich erreicht man den Issanger – eine schöne freie Fläche, die tolle Blicke aufs Ende des Halltals bietet. Der Issanger ist fest in der Hand des Herbstes, viele Herbstzeitlose blühen, über matschige Stellen führen ebenfalls neue Holzsteige. Man wandert auf dem Steig bis zu dem Weg, der hinauf zum Lafatscher Joch (2085 m) führt, und wenn man hinaufschaut, kann man jene latschenfreie Fläche sehen, auf der es vor Jahren gebrannt hat. Hier hält man sich links (Wegweiser) und geht zum Issjöchl, ab nun geht es bergab. Am Mittwoch war hier Lärm zu vernehmen: Denn auch wenn der Salzabbau 1967 beendet wurde, müssen die Stollen immer noch gewartet werden, weil das Wasser in den durchlöcherten Bergen sonst große Schäden anrichten könnte.
Auf einem breiten Weg bis zum beeindruckenden Herrenhaus. Dieses diente früher als Unterkunft für die Bergleute, 1999 wurde es bei einem Lawinenabgang teilweise zerstört – was man heute noch aufgrund der Planen erkennen kann. Bei den Herrenhäusern sollte man einen Blick in die Kapelle des Seitengebäudes wagen. Bildhauer Karl Obleitner hat hier eine Madonna geschaffen, die Jesus stillt, an der Wand finden sich Tafeln mit Namen verunglückter Bergsteiger und Knappen. Weiter auf einer zunächst nicht asphaltierten Straße bis zur Abzweigung nach St. Magdalena (1287 m). Kurz geht es durch Wald, dann hat man das traumhafte Platzerl erreicht. Hier gab es einst ein Kloster, die kleine Kirche ist geöffnet. Zudem kann man es sich noch in einem bis Ende Oktober geöffneten kleinen Gasthaus gut gehen lassen.
Zurück ins Tal gelangt man auf drei Varianten: Entweder zurück auf die asphaltierte Straße oder direkt beim Gasthaus über den Fluchtsteig hinab. Wenn man an der Kirche vorbeigeht und sich talauswärts hält, gelangt man ins Eibental (hier wachsen Eiben, ein seltenes Nadelgehölz). Anfangs noch ein breiter Weg wird dieser bald ein Steiglein, das sehr steil bergab führt. Heraus kommt man unterhalb des Bettelwurfecks, dann weiter zum Parkplatz. Und noch ein Wort zu den am Tal-Eingang angebrachten Hinweisen auf gesperrte Wege: Davon betroffen sind nur der Weg auf die Bettelwurfhütte und über das Törl zur Thaurer Alm.