Terror-Prozess - 22-Jähriger in Korneuburg vor Gericht
Korneuburg (APA) - Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen hat am Freitag in Korneuburg ein Prozess gegen einen 22-Jährigen wegen Verbrechen der...
Korneuburg (APA) - Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen hat am Freitag in Korneuburg ein Prozess gegen einen 22-Jährigen wegen Verbrechen der terroristischen Vereinigung und kriminellen Organisation begonnen. Der Staatsbürger der Russischen Föderation war bereits im Oktober 2015 in Wien verurteilt worden. Er soll nach der bedingten Haftentlassung erneut versucht haben, sich dem „Islamischen Staat“ (IS) anzuschließen.
Im und um das Landesgericht waren zahlreiche teils schwerbewaffnete Polizisten postiert. Im Inneren galt am Freitag Film- und Fotografierverbot, Besucher wurden einer Kontrolle und Registrierung unterzogen. Der Angeklagte wurde von schwerbewaffneten Justizwachebeamten vorgeführt, die auch während der Schöffenverhandlung im Saal blieben.
Der Beschuldigte soll sich laut Staatsanwaltschaft heuer im März in Graz mit einem Bekannten getroffen haben, der die radikal-islamische Einstellung teile. Die beiden sollen laut Anklage vereinbart haben, gemeinsam in die Türkei und von dort weiter nach Syrien in das vom IS kontrollierte Gebiet zu reisen, um sich der Terrororganisation anzuschließen. Anfang Mai sollen sie sich jeweils falsche albanische Reisepässe und Führerscheine um 950 Euro pro Person besorgt haben. Mit diesen Dokumenten sollen sie am 19. Mai in einem Reisebüro in Wien je ein Flugticket von Wien nach Istanbul ohne Rückflug gebucht haben. Am 22. Mai wurden die beiden - jeweils im Anzug - am Airport Wien-Schwechat vor dem Abflug bei einer Kontrolle angehalten. Die Dokumente wurden als Fälschungen erkannt, die Ausreise scheiterte.. Der Angeklagte hatte laut der Richterin 1.300 Euro bei sich.
Trotz des gegen beide Männer eingeleiteten Ermittlungsverfahrens soll sich der 22-Jährige daraufhin erneut falsche - diesmal deutsche - Dokumente besorgt haben. Den gefälschten Reisepass und Führerschein wollte er laut Staatsanwaltschaft am 20. Juli in einem DHL-Shop in Wien in einem Kuvert nach Griechenland schicken, um die Papiere nach einem erneuten Ausreiseversuch verwenden zu können.
Der 22-Jährige bestritt die Terrorismus-Vorwürfe, er bekannte sich teilweise - zu den ihm angelasteten Urkundenvergehen - schuldig. Mit den Dokumenten wollte er seinen Angaben zufolge in die Türkei reisen, um zu heiraten und Urlaub zu machen. Er habe zwei Wochen in dem Land verbringen wollen, sagte der Mann, der bereits mit einer anderen Frau nach islamischem Recht verheiratet ist.
Dem gebürtigen Georgier, der 2011 nach Österreich kam und zuletzt in Wien wohnte, war bereits am 1. Oktober 2015 gemeinsam mit seiner Mutter und seiner Ehefrau der Prozess gemacht worden. Er wurde am Landesgericht Wien zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er unter anderem am 17. Juli 2014 gemeinsam mit weiteren Mittätern, darunter seine Mutter, in einer auf zwei Pkw aufgeteilten Reisegruppe aus Österreich Richtung Syrien ausgereist war, um sich am bewaffneten Kampf des IS zu beteiligen. Dabei wurde er nahe der Grenze von der türkischen Polizei angehalten, kontrolliert, festgenommen und in weiterer Folge wieder nach Österreich abgeschoben. Am 26. Juli 2016 wurde der Mann bedingt aus der Haft entlassen.
„Trotz seiner Vorstrafe, der angeordneten Bewährungshilfe und der offenen Probezeit verfolgte er weiterhin konsequent seinen Plan, Österreich zu verlassen und nach Syrien in das vom IS kontrollierte Gebiet zu reisen, um sich der Terrororganisation IS anzuschließen und sich an dieser Vereinigung zu beteiligen“, sagte die Staatsanwältin. Der Angeklagte soll sich erneut in salafistischen Kreisen bewegt und Moscheen besucht haben, die durch das Auftreten von Hasspredigern und die Verbreitung radikal-islamistischer Ansichten aufgefallen seien. Auch dies bestritt der Beschuldigte. „Ich habe mit dem IS nichts zu tun“, betonte er. Er besuche auch nicht oft Moscheen.
Die Erhebungen des Landesamtes für Verfassungsschutz ergaben laut Staatsanwältin, dass der Beschuldigte als sogenannter „Gefährder“ einzustufen sei. Auf zwei sichergestellten Mobiltelefonen seien den Dschihad verherrlichende Videos und Fotos sowie ein Hetzvideo des Predigers Mohamed Mahmoud, in dem offen zur Gewalt gegen Ungläubige aufgerufen werde, gefunden worden. Das Video habe er von einem Bekannten geschickt bekommen, meinte der Beschuldigte.
Das Besorgen gefälschter Dokumente erklärte der Angeklagte damit, dass sein Pass abgelaufen war. Bezahlt habe er mit Ersparnissen, sagte der Vater von drei Kindern. An den Fälscher sei er über Bekannte gekommen und habe mit ihm über WhatsApp kommuniziert, die Ausweise habe er per Post bekommen. Dass die albanischen Dokumente auf einen falschen Namen lauteten, sei nicht ausgemacht gewesen, meinte der Beschuldigte. Die deutschen Urkunden habe er als „Wiedergutmachung“ - statt Geld - vom Fälscher zugeschickt bekommen.
Nur weil er einmal verurteilt worden sei, heiße das nicht, dass er jedes Mal, wenn er aus Österreich ausreise, nach Syrien wolle, rechtfertigte er sich. Auf die Frage des beisitzenden Richters sagte der 22-Jährige, er fühle sich verpflichtet, die Gesetze nicht zu brechen. Eine andere Frau zu heiraten sei in seiner Religion erlaubt, er habe sie nach islamischem Recht heiraten wollen. Persönlich kannte er die junge Frau in der Türkei nicht, erklärte der Angeklagte auf Nachfrage der Staatsanwältin. Die Vertreterin der Anklagebehörde hielt ihm vor, dass der nun untergetauchte Bekannte, mit dem der 22-Jährige ausreisen wollte, in seiner Einvernahme nichts von einer Heirat erwähnt hatte.
Die Verteidigerin betonte, ihr Mandant sei „keinesfalls als radikal-islamistisch einzustufen“. Er habe nicht nur muslimische Freunde, sondern auch aus anderen Religionsgemeinschaften. Der Angeklagte habe nicht nach Syrien ausreisen und sich dem IS anschließen wollen, eine Ausreise in die Türkei sei keinesfalls strafbar. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahre und der Widerruf der bedingten Entlassung.