Getanzte Seelenbilder zu Barockmusik in der Grazer Oper
Graz (APA) - Freude, Überschwang, Sehnsucht, Heiterkeit - all das getanzt, gesungen und gespielt in der Grazer Oper, wo am Freitag die Urauf...
Graz (APA) - Freude, Überschwang, Sehnsucht, Heiterkeit - all das getanzt, gesungen und gespielt in der Grazer Oper, wo am Freitag die Uraufführung von Jörg Weinöhls Produktion „Meine Seele hört im Sehen“ stattgefunden hat. Der Ballettchef fügte Alte Musik von Haßler über Bach bis Händel zusammen und setzte die Klänge einfühlsam in immer neue Bewegungen um.
Der Titel des Balletts ist einer deutschen Arie von Georg Friedrich Händel entnommen und zeigt schon die Richtung, in die die Arbeit geht. Keine Handlung, aber auch keine abstrakte Aneinanderreihung von Tanzelementen, sondern eine bildliche Darstellung von Gefühlen aller Art. Getanzt wurde auf der großen Bühne, allerdings sozusagen hinter dem eisernen Vorhang, wo sich auch das Publikum befand. Den Hintergrund bildet die Darstellung eines Schlosses samt kunstvoll angelegtem Garten. Die Tänzerinnen und Tänzer erscheinen zunächst alle in modernen weißen Kostümen. Nach und nach, wenn sie immer stärker in die Musik hineingezogen werden, wird auch die Kleidung bunter. Plötzlich finden sich Elemente des Gartens wie Blumenwiese oder auch die Enten eines Teiches auf den Stoffen wieder, aus denen schließlich stilisierte Barockkostüme mit Reifröcken werden. Ausstatterin Saskia Rettig unterstrich mit Andeutungen und klaren Linien gekonnt den schwerelosen Charakter des Abends.
In immer neuen Formationen - allein, zu zweit, zu dritt, eine ganze Gruppe - wurden die subtil zusammengestellten Musikstücke zum Leben erweckt. Weinöhl greift dabei Elemente des höfischen Tanzes als Zitate auf, zeigt in der Überzeichnung ihre Starrheit, verbindet sie mit moderner Tanzsprache, lässt Humor aufblitzen und bleibt dabei immer der Musik verbunden. Alles fließt und gleitet, wird aufgewühlt und besänftigt, das Wechselspiel sorgt dafür, dass die Spannung nie nachlässt. Ein schöner Einfall ist die Sturmszene, in der die Tänzer starken Wind suggerieren und durcheinander wirbeln, sich aneinander klammern und trotzdem „verweht“ werden. Ironie fließt immer beim höfischen Gebaren ein, Ohnmachtsanfälle werden ebenso wie zierliches Niesen liebevoll-komisch dargestellt.
Bewundernswert ist, mit welcher Energie und nicht nachlassender Spannung die gesamte Truppe tanzt, jeder einzelne fügt sich genau ein und zeigt doch Persönlichkeit, wodurch der Abend noch stärker Kontur bekommt. Wenn am Ende wieder alle weiß gekleidet sind, ist nicht sicher, ob das alles nicht nur der Traum einer bewegten Nacht war. Die Tänzer werden vom Grazer Philharmonischen Orchester unter der Leitung von Robin Engelen sicher durch den Abend geleitet, und die Gesangspartien sind bei Lalit Worathepnitinan, Yuan Zhang, Martin Fournier und Ivan Orescanin in guten Händen.
(S E R V I C E - „Meine Seele hört im Sehen“. Ballett von Jörg Weinöhl in der Grazer Oper. Dirigent: Robin Engelen, Choreografie: Jörg Weinöhl, Ausstattung: Saskia Rettig. Tänzerinnen und Tänzer: Marina Schmied, Enrique Saez Martínez, Fabio Toraldo, Simon Van Heddegem, Chris Wang, Sophie Vergeres, Clara Pascual Marti, Daniel Myers, Barbara Flora, Joao Pedro de Paula, Arthur Haas, Kana Imagawa, Astrid Julen, Martina Consoli. Gesang: Lalit Worathepnitinan (Sopran), Yuan Zhang (Alt), Martin Fournier (Tenor), Ivan Orescanin (Bass). Weitere Aufführungen: 21. und 22.10., 5.11.2017, 4., 10., 17., 18.2.2018. http://www.oper-graz.com )