Morgenröte am Fuß des Fuji-san
Nach einigen schwierigen Jahren startet Japans Autoindustrie wieder kräftig durch. Die Tiroler Tageszeitung hat sich auf der 45. Tokio Motor Show umgesehen und starke Signale geortet.
Von Walter Schrott
Tokio –Der Fujiyama ist den Japanern heilig. Deshalb nennen sie ihn respektvoll Fuji-san. Aber gleich danach kommt die Autoindustrie, der Stolz der ganzen Nation. Nach schwierigen Jahren geht es wieder aufwärts, Produktion und Exporte steigen kräftig. Klar, dass bei der 45. Tokio Motor Show Optimismus durch die Hallen weht. Bei ihrem Heimspiel präsentieren die japanischen Autobauer spannende Studien, die auf künftige Serienmodelle hinweisen. SUVs spielen nach wie vor eine große Rolle, die Elektro-Mobilität steht im Vordergrund. Und der sprichwörtliche Spieltrieb der Japaner dokumentiert sich in zahlreichen, mitunter skurrilen Vehikeln.
Mazda, die in Österreich stärkste Japan-Marke, gibt mit der Studie Kai (japanisch für Pionier) Concept erste Ausblicke auf die nächste Generation des Mazda3. Dabei gibt es eine Weltpremiere. Der weltweit erste Benzinmotor mit Selbstzündung – das gibt es bislang nur beim Diesel – wurde unter der Bezeichnung Skyactiv-X zur Serienreife gebracht. Das Concept Car Vision Coupé zeigt die Weiterentwicklung des vielfach preisgekrönten Kodo-Designs. Macht mächtig Appetit auf künftige Mazda-Modelle. Zudem arbeitet Mazda an der Reduktion der CO2-Emissionen. Der Verbrennungsmotor wird weiterhin eine große Rolle spielen, aber in Verbindung mit elektrischen Komponenten. 2019 kommt das erste Elektroauto der Marke auf den europäischen Markt.
Japans größter Autohersteller Toyota – im Wechsel mit GM und VW weltweite Nummer eins – zeigt mit einem wahren Neuheiten-Feuerwerk seine Innovationskraft. Eindeutiger Star der Show ist die Studie HV Sports Concept. Da kehrt eine echte Ikone, der einst so erfolgreiche Sportwagen Supra, zurück. Heckantrieb und die zentrale Hybridbatterie versprechen hohe Fahrdynamik und überragende Straßenlage. Eine Mixtur aus SUV und Van ist der Tj Cruiser. Der Viersitzer mit seitlichen Schiebetüren im Fond basiert auf der neuen Toyota-Plattform TNGA. Antriebsseitig setzt Toyota auf ein Hybridsystem mit einem 2.0-Benziner sowie Front- und Allradantrieb. Dazu gibt es interessante Ansätze zu den Themen Mobilität der Zukunft und autonomes Fahren.
Suzuki, zehntgrößter Automobilhersteller der Welt, bleibt seiner Kernkompetenz treu und konzentriert sich auf kleine Autos. Die Studie E-Survivor gibt Ausblicke auf die nächste Generation eines kompakten Geländewagens, bei dem jedes der Räder einzeln von einem Elektromotor angetrieben wird. Ein pfiffiger Typ, der Begehrlichkeiten weckt. Hinter der Studie Spacia Concept verbirgt sich ein hoher Minivan mit niedrigem Boden, üppigem Innenraum und Schiebetüren. Hohe Variabilität und Nutzwert sollen vor allem Familien, Sportler und freizeitorientierte Menschen ansprechen. In das Segment Kompakt-Pkw fällt das (serienreife?) Showcar XBEE, das die Vorzüge eines Stadtautos mit den Talenten eines Geländewagens verbindet.
Honda, weltweit größter Motorenhersteller, zeigt sich sportlich. Das Elektrofahrzeug Sports EV Concept verspricht mit seiner auffälligen Silhouette Fahrspaß. Als kompaktes Stadtauto outet sich der Urban EV Concept, der auf einer neu entwickelten Plattform für Elektrofahrzeuge basiert. Das Serienmodell kommt 2019 nach Europa. Ein für Honda enorm wichtiges Modell ist das Sports Utility Vehicle CR-V. Die fünfte Generation lehnt sich an das Design des Vorgängers an. Start im kommenden Jahr. Das neue Modell wird unter anderem mit dem Intelligent Multi-Mode Drive System angeboten. Dieses Hybridsystem umfasst einen 2.0-Liter-i-VTEC-Benzinmotor sowie zwei Elektromotoren für hohe Effizienz und geschmeidige Kraftentfaltung. Diesel ist beim CR-V out.
Mit dem Einstieg von Renault/Nissan stellt sich Mitsubishi neu auf. In Tokio überrascht die Marke mit der Studie e-Volution Concept, einem großen viertürigen SUV-Coupé, das rein elektrisch angetrieben wird. Neu: Gleich drei Elektromotoren verbergen sich unter der sportlich gestylten Hülle. Einer sitzt an der Vorderachse, hinten treiben zwei E-Motoren über eine Torque-Vectoring-Steuerung die beiden Hinterräder an. Eine intelligente Steuerung mit zahlreichen Sensoren scannt Fahrbahnbeschaffenheit und Fahrerprofil und stimmt den gesamten Antrieb darauf ab. Die große Bodenfreiheit deutet klar auf den Einsatzbereich eines kommenden Serienmodells hin. Hier ist ein neues SUV-Topmodell der Marke im Anmarsch.
Vernunft darf auch emotional sein. Deshalb hat Japans zweitgrößter Hersteller Nissan der hauseigenen Tuning-Abteilung Nismo viel Leine gelassen, um den Elektroflitzer Leaf zu veredeln. Das Design wurde geschärft und mit farblichen Akzenten aufgefrischt. Zudem wurde das Chassis tiefergelegt. Auch den Serena haben die Nismo-Bastler neu eingekleidet und die Familienkutsche in einen Sportsvan verwandelt. Das große Highlight am Nissan-Stand ist aber zweifellos die Studie IMx Concept. Der dynamisch designte Crossover in der Größe des Qashqai ist vollgepackt mit Technik-Schmankerln. Das Auto fährt voll autonom, wird von zwei Elektromotoren mit zusammen rund 440 PS angetrieben und soll mit einer Batterieladung 600 Kilometer weit rollen.
In Österreich halten alle Japan-Marken zusammen aktuell bei einem Marktanteil von gut 12 Prozent. Tendenz steigend: 2014 konnten hierzulande 33.501 Einheiten abgesetzt werden, 2015 waren es 35.594 und im Vorjahr 36.595. Alles deutet darauf hin, dass diese Bilanz heuer abermals übertroffen wird.