Steueroasen-Leaks

„Paradise Papers“: Vermeintliche Saubermänner fliegen auf

Sänger Bono, der sich vielfältig politisch und sozial engagiert und unter anderem für einen Schuldenerlass der Entwicklungsländer kämpft, investierte den Dokumenten zufolge über Firmen in den Steuerparadiesen Malta und Guernsey.
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Nicht nur multinationale Konzerne, sondern auch zahlreiche Prominente und Politiker umgehen Steuerzahlungen durch Offshore-Investitionen. Darunter auch der wichtigste Berater von Kanadas Premier Trudeau, U2-Frontmann Bono oder Queen Elizabeth II.

München - Die kompliziertesten Vorgänge, die durch die „Paradise Papers“ aufgedeckt wurden, betreffen laut der Süddeutschen Zeitung (SZ) oft die Steuerkonstruktionen multinationaler Konzerne.

Während die im April 2016 veröffentlichten „Panama Papers“ vor allem Steuerhinterziehung, Korruption und andere Delikte belegten, geben die „Paradise Papers“ Einblicke in die Arbeit hochspezialisierter Berater, die komplizierte Konstrukte zur Steuervermeidung schaffen, wie der NDR hervorhob. Meist seien die angewandten Tricks legal, ähnelten jedoch im Ergebnis dem der Steuerhinterziehung, weil ein enormer Schaden durch nicht gezahlte Steuern entstehe.

Nike drückt weltweite Steuerquote auf 13,2 Prozent

So gelinge es dem US-Sportartikelhersteller Nike, durch Offshore-Firmen und mithilfe der auf den Bermudas gegründeten Anwaltskanzlei Appleby seine weltweite Steuerquote auf 13,2 Prozent zu drücken. Zu den Kunden der Kanzlei gehörten demnach auch der Taxi-Konkurrent Uber, der Internet-Riese Facebook und der Haushaltsgerätehersteller Whirlpool.

Die neuen Dokumente enthüllen dem Bericht zufolge auch, nach welchen Kriterien der Computergigant Apple eine neue Steueroase für seine Geschäfte suchte: Es sollte ein Land sein, das wenig Transparenz und Steuern verlangt und in dem offenkundig keine Opposition diese Großzügigkeit gegenüber dem iPhone-Hersteller rückgängig machen könnte, wenn sie an die Regierung käme.

Elf Mio. Euro der Queen in Steueroasen

Die Paradise Papers bestehen laut SZ aus Daten, die sich aus 21 unterschiedlichen Quellen speisen. Zum einen seien vertrauliche Dokumente der Anwaltskanzlei Appleby und der kleineren Treuhandfirma Asiaciti Trust mit Hauptsitz in Singapur zugespielt. Zum anderen habe sie die internen Daten der Firmenregister von 19 Steueroasen erhalten wie etwa den Bermudas, den Cookinseln oder Malta.

Doch nicht nur Konzerne nutzen die Steueroasen, auch Prominente: Die britische Königin Elizabeth II. soll rund zehn Millionen Pfund (11 Mio. Euro) aus ihrem Privatvermögen in Fonds auf den Kaimaninseln und den Bermudas angelegt haben. Das Geld sei unter anderem in die umstrittene Handelskette Brighthouse reinvestiert worden, die wegen Wucherzinsen in der Kritik steht, berichteten BBC und Guardian. Geld sei auch in eine Ladenkette für Spirituosen geflossen, die aber später pleite ging. Das Herzogtum von Lancaster, das für die Anlagen der Queen zuständig ist, erklärte: „Alle unsere Investitionen sind vollständig überprüft und rechtmäßig.“

Trudeau-Berater und Bono mit Offshore-Investitionen

Kanadas Premierminister Justin Trudeau war vor zwei Jahren unter anderem wegen seines Versprechens gewählt worden, wirtschaftliche Ungleichheiten zu bekämpfen und für Steuergerechtigkeit zu sorgen. Nun enthüllen die „Paradise Papers“, dass sein wichtigster Spendensammler und Berater Stephen Bronfman gemeinsam mit Ex-Senator Leo Kolber umgerechnet rund 52 Mio. Euro in eine Offshorefirma auf den Kaimaninseln investierte. Der Milliardär Bronfman ist Erbe des früheren Spirituosenimperiums Seagram.

Der irische Rocksänger Bono, der sich vielfältig politisch und sozial engagiert und unter anderem für einen Schuldenerlass der Entwicklungsländer kämpft, investierte den Dokumenten zufolge über Firmen in den Steuerparadiesen Malta und Guernsey.

Nutzer der Offshore-Welt ist den „Paradise Papers“ zufolge auch der US-Investor George Soros, der über die Kanzlei Appleby ein Netz von Firmen unter anderem auf den Britischen Jungferninseln und den Bermudas verwaltet haben soll. Der Gründer des Onlineauktionshauses, Pierre Omidyar, ist demnach Chef einer Firma auf den Kaimaninseln, die als Investitionsvehikel für seinen Trust fungiere.

Hunderte Spuren nach Deutschland

In Deutschland führen die Spuren zu rund tausend Kunden, Begünstigten oder anderweitig Involvierten. Diesen könne „nicht automatisch rechtliches oder moralisches Fehlverhalten“ unterstellt werden, schrieb die SZ. Unter den Offshore-Nutzern sind demnach Firmen wie Sixt, die Deutsche Post, Siemens, Bayer und die Deutsche Bank.

Der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte laut SZ eine Leitungsfunktion bei einer Offshore-Firma. Er soll von 2009 bis 2011 „unabhängiger Aufsichtsrat“ des russisch-britischen Energiekonzerns TNK-BP mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln gewesen sein. Laut SZ will er sich dazu nicht äußern. (APA/AFP)

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