Regierungsbildung

Sebastian Kurz’ Personalwahl als Signal

Dass Karlheinz Kopf zum Ersten Nationalratspräsidenten avanciert, ist unwahrscheinlich. Sebastian Kurz hat andere Pläne.
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Der ÖVP-Chef nominiert einen Nationalratspräsidenten – und ist mit Begehrlichkeiten aus den Ländern konfrontiert.

Von Karin Leitner

Wien –Eine Personalentscheidung ist in der ÖVP schon gefallen. Harald Mahrer, ein Intimus von Parteichef Sebastian Kurz, beerbt Christoph Leitl als Wirtschaftsbundchef, alsbald auch als Präsident der Kammer. Die nächste Personalie steht nun an. Der Erste Nationalratspräsident ist zu benennen. Den Usancen entsprechend steht dieser Posten der stimmenstärksten Partei zu; das ist seit der Wahl die ÖVP. Am Mittwoch wird der Kandidat in der Sitzung des Parlamentsklubs nominiert (dort wird auch August Wöginger als Klubchef gewählt), am Donnerstag im Nationalratsplenum gewählt.

Dass der Vorarlberger Karlheinz Kopf, derzeit Zweiter Präsident, zum ersten aufsteigt, ist laut TT-Recherchen unwahrscheinlich. Sein Verhältnis zu Kurz ist nicht gut. Als Favorit für das zweithöchste Staatsamt gilt Innenminister Wolfgang Sobotka – wenngleich er noch nie Nationalratsmandatar war.

Wird Sobotka oberster Parlamentarier, ist das auch ein Signal in Richtung des potenziellen Koalitionspartners FPÖ – jenes, dass ihr Kurz das gewünschte Innenressort überlässt. Um das zu verhindern, ist ÖVP-intern zuletzt erwogen worden: Generalsekretärin Elisabeth Köstinger, die ein Mandat hat, werkt als Präsidentin, bis die Regierung geformt ist. Erst dann wird der Posten definitiv besetzt.

Sobotka würde gerne weiterhin mitregieren. Bleibt er Minister, könnte Köstinger fürderhin Präsidentin sein. Gibt es kein Regierungsamt mehr für Sobotka, solle er Nationalratspräsident werden; seine niederösterreichische ÖVP mache dahingehend Druck, heißt es gegenüber der TT. Auch aus anderen Landesgruppen kommen Begehrlichkeiten. „Kurz hat viele Interventionen am Hals“, sagt ein hochrangiger Schwarzer.

Vergangenen Sonntagabend ist er in Wien mit den ÖVP-Landeschefs zusammengekommen. Diese haben Kurz wissen lassen, dass Josef Moser ein No-Go als Finanzminister sei. Sie fürchten, dass der Quereinsteiger in dieser Funktion das umsetzen will, worauf er als Rechnungshofpräsident gedrängt hat („Was an Reformen passieren muss, liegt längst auf dem Tisch“). Und das wäre nicht zu ihren Gunsten. In Niederösterreich, Tirol, Kärnten und Salzburg ist Anfang 2018 zu wählen. Bei aller Loyalität zu Kurz: Das eigene Hemd ist auch unter neuer Führung näher als der Bundesrock. Um derlei Widerstände hintanzuhalten, wollte Kurz rasch eine Regierung schmieden. Da spielen die Blauen nicht mit. Sie haben aus den 2000er-Jahren, als sie mit den Schwarzen koalitionär erstmals zugange waren, gelernt. Man lasse sich „nicht über den Tisch ziehen“. Auf Hudriwusch werde kein Bund paktiert.

An einem solchen wurde gestern weitergewerkt. Über jene „Leuchtturmprojekte“, die Kurz und Heinz-Christian Strache am Freitag präsentiert haben, haben die Spitzenverhandler „tiefergehend“ gesprochen. Fachgruppen, darunter jene zu „Sicherheit, Ordnung & Heimatschutz“, haben ebenfalls getagt. Ob und wie es vorangegangen ist, wurde nicht verraten.

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