Drei Volleyball-Heimspiele in der Ferne
Tirols Volleyballer schwärmten aus: Mit Nikolina Maros, Monika Chrtianska und Alexander Tusch spielen gleich drei heimische Spieler als Legionäre – wie es ihnen in der neuen sportlichen Heimat ergeht.
Von Sabine Hochschwarzer und Daniel Suckert
Innsbruck — Insgesamt 19 ÖVV-Volleyballer sind über ganz Europa verstreut, mittendrin auch drei Tiroler: Nikolina Maros und Monika Chrtianska in der Schweiz bzw. Liechtenstein sowie Alexander Tusch in Estland. Warum das Trio auszog, erzählten sie kürzlich im TT-Gespräch.
Nikolina Maros: Tirol und den gleichnamigen VC hat die Innsbruckerin schon im Vorjahr verlassen, von Linz übersiedelte die 20-Jährige im Herbst nach Lugano, an den Luganer See. „Es ist wunderschön hier, fast wie im Urlaub. Man spürt die Nähe zu Italien", schwärmt Maros, die dank fünf Jahren Schulitalienisch auch keine sprachlichen Probleme hat und sogar beim Übersetzen ins Englische hilft. Lugano Volleyball selbst fasziniert sie nicht weniger. „Es ist spannend, alles kennen zu lernen, aber auch anstrengend", spielt die Diagonalangreiferin auf die Partien in der ersten Schweizer Liga an. Viermal treffen die zehn Teams aufeinander.
Derzeit liegt ihr Klub auf Rang sieben — auch dank Maros, die zur Topscorerin avancierte und in der Ligawertung auf Platz sechs rangiert: „Dafür gibt es hier sogar ein eigenes Dress, das ist echt lässig." Den Kontakt zur Tiroler Heimat hält sie regelmäßig, durch ein BWL-Online-Studium in Innsbruck und auch wegen ihrer Familie — und damit auch mit ihrem Heimatklub VC Tirol. Ihre jüngere Schwester Patricia spielt inzwischen dort. Wahlschweizerin Maros: „Gut, dass die Spiele auf Facebook übertragen werden. Wenn es geht, dann bin ich live dabei."
Monika Chrtianska: Schaan heißt ihre neue Heimat — die mit etwa 6000 Einwohnern größte Gemeinde des kleinen Fürstentums Liechtenstein. Im Jahr zuvor hatte die Sport-BORG-Maturantin noch für Neuchâtel auf der Außenbahn angegriffen, seit September smasht sie für den VBC Galina, Liechtensteins größten Klub, der wie ihr Ex-Verein in der ersten Schweizer Liga mitspielt. Die Umstellung war für die 20-Jährige also weniger groß, das Rundherum wie der nahegelegene Walensee als Ausflugsziel haben sich aber verändert. Wie auch ihre Einstellung. „Ich glaube, ich mache nun alles bewusster. Es ist nicht selbstverständlich seinen Sport als Beruf auszuüben", sagt Chrtianska. In ihrer Familie zwar nicht ungewöhnlich — Papa Stefan trainiert die Alpenvolleyball und Bruder Stefan spielt dort — als etwas Besonderes nimmt die ehemalige TI-Spielerin ihr Gastspiel dennoch wahr: „Ich bin einfach dankbar."
Auf Platz fünf rangieren die Liechtensteinerinnen, die demnächst auch im CEV-Cup auftreten, derzeit. In fünf Spielen setzte es drei Niederlagen, eine davon schmerzte etwas — das 2:3 gegen Lugano, sozusagen das Tiroler-Damen-Derby in der Schweizer Liga. „Aber nur, weil es knapp war. Sonst war es schön, Niki wiederzusehen", sagt Chrtianska. Dass mit Maros ausgerechnet eine ihrer besten Freundinnen nun auch in der Schweiz spielt, freut die Innsbruckerin und ergänzt schmunzelnd: „Vielleicht schaffen wir es ja irgendwann mal, beim gleichen Verein zu landen."
Alexander Tusch: Sommer, Sonne, Sonnenschein — aber nicht beim „Tuschi". Auf der estnischen Insel Saaremaa in der Hauptstadt Kuressaare regieren vornehmlich Wind und Wolken. Nebenerscheinungen für den ehemaligen Hypo-Aufspieler, den es in die Fremde zog. „Ich wollte irgendwann einmal das Privileg genießen, ein Legionär zu sein", erklärt der „Tuschi" mit einem Grinser. Im „Bed & Breakfast"-Hotel wird ihm sogar die Wäsche gewaschen — da fühlt man sich hin und wieder wie ein kleiner Star. Tusch zog das Leben in der Fremde dem Angebot der Hypo Tirol Alpenvolleys vor.
Die Inselstadt hat zwar gerade einmal 13.000 Einwohner, „trotzdem gibt es zwei Stripclubs und zwei Discos", meint Tusch mit einem Augenzwinkern. Verliebt habe er sich (noch) nicht, aber in seiner Freizeit geht die Nummer eins auf der Aufspieler-Position von Saaremaa VK einer anderen Leidenschaft nach: Golf.
Sein neu gegründeter Club tritt in der baltischen Liga, dem estnischen Play-off und dem estnischen Cup an. Und das mit Erfolg. Das Tusch-Team ist immer noch ungeschlagen. Die Halle fasst zwar „nur" 500 Zuschauer, ist mittlerweile aber bei fast jedem Heimspiel ausverkauft. Tusch: „Es ist ein Hexenkessel und die Esten können ordentlich laut sein. Generell sind die Hallen auf einem Top-Niveau. Etwas, was man sich in Österreich wünschen würde."
Wenn einmal nicht trainiert oder gespielt wird, vertreibt sich Tusch die Zeit mit den anderen Legionären. Die Playstation gehört ebenso zum Inventar wie das Serienangebot über Netflix. Zwischendurch geht es auch einmal zum Fischen an die Ostsee oder man schwingt den Golfschläger.
Was das Essen betrifft, fällt dem 24-Jährigen gleich der Begriff „deftig" ein: „Ich mag es nicht ungern, nur vor den Spielen esse ich meine geliebten Nudeln."
Dass der „Tuschi" noch länger auf der 2000 Kilometer nordöstlich entfernten Insel bleibt, ist nicht auszuschließen. „Es gefällt mir hier und ich komme viel herum. Laut jetzigem Stand kann ich mir ein weiteres Jahr gut vorstellen." Und manchmal scheint ja auch die Sonne ...