Innenpolitik

„Ein gutes Signal an den Zeitgeist“

Elisabeth Köstinger (ÖVP) wuchs auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Kärnten auf. Das Ministeramt ist für sie quasi eine thematische Heimkehr.
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Interimistisch oder dauerhaft? ÖVP-Generalsekretärin übernimmt morgen das zweithöchste Amt im Staate.

Von Michael Sprenger

Wien –Die erste wichtige Personalentscheidung von ÖVP-Obmann Sebastian Kurz ist gefallen. Wie bereits in der Tiroler Tageszeitung berichtet, wird seine Generalsekretärin Elisabeth Köstinger (38) am Donnerstag zur Nationalratspräsidentin gewählt werden. Köstinger gilt als enge Vertraute von Kurz. Den Usancen entsprechend steht dieses Amt der stimmenstärksten Partei zu. Ob Köstinger für die gesamte Legislaturperiode Nationalratspräsidentin bleibt, ist offen. Köstinger wird auch als künftige Ministerin in einer von Kurz angeführten Regierung gehandelt.

Kritik kommt daher bereits von den NEOS. Sie sprechen von einem „Zwischenparkplatz“ für Köstinger, einer „vollkommenen Geringschätzung des Parlaments“.

Köstinger war bislang nicht im Nationalrat vertreten, wohl aber im Europaparlament.

„Bures war Zahnarztassistentin und hat einen guten Job gemacht. Elisabeth Köstinger wird eine gute Präsidentin sein", meint Andreas Khol (Ex-ÖVP-NR-Präsident).
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Die ÖVP besetzte bislang im Parlamentspräsidium mit Karlheinz Kopf das Amt des Zweiten Nationalratspräsidenten. Der ob seiner Amtsführung über die Parteigrenzen hinaus geschätzte Kopf wäre gerne an die Spitze des Präsidiums aufgestiegen; er zählt aber nicht zum engsten Kreis um den Parteichef.

Für Andreas Khol ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Zweiter Präsident nicht zum Ersten avanciert. Er war für die ÖVP der bis dato letzte Nationalratspräsident (2002 bis 2006). „Auch damals entschied sich Wolfgang Schüssel nicht für Werner Fassl­abend, der damals das Amt des Dritten Nationalratspräsidenten innehatte, sondern für mich. Köstinger ist so nahe an Kurz wie ich damals nahe an Schüssel war.“

Doch anders als Köstinger war Khol langjähriger Nationalratsabgeordneter und Klubobmann. Für Khol ist es nicht von Nachteil, dass sie noch nicht im Nationalrat war: „Köstinger kann es. Es ist auch eine gutes Signal an den Zeitgeist, wenn die ÖVP für dieses wichtige Amt eine Frau nominiert. Das tut der ÖVP gut. Doris Bures von der SPÖ war Zahnarztassistentin – und hat einen guten Job als Erste Nationalratspräsidentin gemacht. Köstinger wird eine gute Präsidentin sein. Sie hat zudem als Europaabgeordnete genug Erfahrung im Parlamentarismus.“ Khol empfiehlt ihr aber, „knifflige Punkte in der Geschäftsordnung zu lernen, um von den Klubs nicht auf das Glatteis geführt zu werden“.

Köstinger ist die dritte Frau, die das protokollarisch zweithöchste Amt der Republik (nach dem Bundespräsidenten) übernimmt, aber die erste aus den Reihen der ÖVP. Und sie wird bei ihrem Amtsantritt als Nationalratspräsidentin bei Weitem jünger sein, als ihre beiden SPÖ-Vorgängerinnen Bures und Barbara Prammer es waren.

Köstinger wuchs in einem landwirtschaftlichen Betrieb im Granitztal auf. Sie war lange das weibliche Gesicht des Bauernbundes. Einige Jahre stand sie zudem der Jungbauernschaft als Obfrau vor. Den Einzug ins Europaparlament schaffte die Politikerin erstmals 2009. Ihr Studium der Kommunikationswissenschaft hat die Kärntnerin nicht abgeschlossen.

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