Neue Generaldirektorin

Französin Audrey Azoulay will UNESCO-Spaltung kitten

Audrey Azoulay bei einer Pressekonferenz.
© Thomas Samson / AFP

Am Freitag soll die UNO-Kulturorganisation UNESCO eine neue Chefin bekommen. Diese muss sich nach dem Austritt der USA und Israels großen Problemen stellen.

Von Stephanie Lob/AFP

Paris – Wenn die Französin Audrey Azoulay am Freitag wie geplant an die Spitze der UNESCO gewählt wird, warten gewaltige Aufgaben auf sie: Die frühere französische Kulturministerin muss die tiefe Spaltung der UNO-Organisation kitten und sie neu ausrichten. Denn die vor einem Monat erklärten Austritte der USA und Israels stellen das Ziel der 1945 gegründeten UNESCO in Frage.

Die Organisation will durch Kultur, Bildung und Wissenschaft den Frieden in der Welt fördern. Nach ihrer Nominierung durch den UNESCO-Exekutivrat vor vier Wochen versprach Azoulay, „die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Mitgliedstaaten wiederherzustellen“. Was die 45-Jährige nicht an politischer Erfahrung hat, muss sie durch Instinkt und diplomatisches Geschick ausgleichen.

Denn die Französin mit jüdisch-marokkanischen Wurzeln hat nur ein gutes Jahr politische Erfahrung als Ministerin für Kultur und Kommunikation unter dem abgewählten französischen Präsidenten Francois Hollande vorzuweisen. Das Amt hatte sie von Februar 2016 bis Mai 2017 inne, seit 2014 beriet sie den Sozialisten.

Lange Liste prominenter Unterstützer für Azoulay

Bei der Wahl zur Nachfolgerin der bulgarischen UNESCO-Chefin Irina Bukova – der ersten Frau an der Spitze der UN-Organisation – setzte sich Azoulay unter anderem gegen Kandidaten aus Katar und Ägypten durch. Die arabischen Länder konnten sich im Bruderstreit um Katar nicht einigen, davon profitierte letztlich die Französin.

Zudem half ihr eine beeindruckende Liste von Unterstützern, zu denen der deutsche Regisseur Volker Schlöndorff genauso gehört wie der bekannte britische Theaterregisseur Peter Brook.

Diese Kontakte hat Azoulay nicht nur ihrer kurzen Tätigkeit als Kulturministerin zu verdanken, sondern leitenden Posten beim einflussreichen Nationalen Kino-Zentrum (CNC) in Paris, über das Frankreich seine Autorenfilme fördert und gegen die Konkurrenz aus Hollywood verteidigt.

Absolventin von Elite-Universitäten

Durchsetzungsfreudig und humorvoll, so beschreiben sie ihre Unterstützer. Als Absolventin von französischen Elite-Hochschulen wie ENA und Sciences-Po bereitete sich Azoulay auf Führungspositionen vor – das hat sie mit dem sechs Jahre jüngeren Präsidenten Emmanuel Macron gemein, der ihre Kandidatur unterstützte.

Azoulay selbst nennt sich eine „Weltbürgerin mit familiären Bindungen nach Marokko“. Sie wurde am 4. August 1972 geboren, ihr Vater ist der einflussreiche marokkanische Bankier und Politiker Andre Azoulay, der König Mohammed von Marokko berät wie zuvor auch dessen Vater Hassan. Azoulays Mutter ist die Schriftstellerin Katia Brami.

Ihre jüdischen Wurzeln und ihr marokkanisches Erbe könnten ihr dabei helfen, die Gräben in der UNESCO zu überwinden, die durch die umstrittene Aufnahme der Palästinensergebiete 2011 aufgerissen wurden und durch eine Reihe von Entscheidungen zum Schutz des palästinensischen Kulturerbes noch vertieft wurden.

Ihr Ziel beschrieb Azoulay auf Twitter in den Worten des verstorbenen französischen Regierungschefs und früheren KZ-Insassen Leon Blum: „Die UNESCO muss das moralische und intellektuelle Gewissen der Menschheit sein.“

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