Facebook-Affäre: Grünes Licht von SPÖ und ÖVP zu Strafverfolgung
Laut Staatsanwaltschaft Wien haben SPÖ und ÖVP ihr Einverständnis für die Strafverfolgung in der Facebook-Affäre gegeben. Vor der Wahl waren Seiten auf dem sozialen Netzwerk aufgetaucht, auf denen sowohl SP-Chef Kern als auch VP-Chef Kurz verunglimpft wurden.
Wien – In der Facebook-Affäre des abgelaufenen Wahlkampfs haben sowohl SPÖ und ÖVP grünes Licht für Strafverfahren gegeben. Das hat die Staatsanwaltschaft Wien der APA am Freitag bestätigt. Kritik übt die SPÖ indessen daran, dass es keine Ermittlungen gegen den Sprecher von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) gibt, dem die SPÖ vorwirft, Geld für Informationen über den roten Wahlkampf geboten zu haben.
Sowohl VP-Chef Sebastian Kurz als auch SP-Chef Christian Kern haben die Betreiber von im Wahlkampf verwendeten, verdeckten Facebook-Gruppen angezeigt. Die Betreiber der Seiten – Peter Puller, der Partner des früheren SP-Beraters Tal Silberstein, sowie ein früherer niederösterreichischer VP-Funktionär – wurden ausgeforscht. Wie die Staatsanwaltschaft Wien der APA bestätigt, haben sowohl Kern als auch Kurz grünes Licht für eine weitere Strafverfolgung gegeben.
„Ermächtigungsdelikte“ erfordern Erlaubnis der Opfer
Nötig war die Freigabe der Betroffenen Politiker deshalb, weil die infrage kommenden Delikte („Üble Nachrede“ und Beleidigung) „Ermächtigungsdelikte“ sind, gegen die die Justiz nur mit Erlaubnis des jeweiligen Opfers vorgehen kann. Für die Betreiber der insgesamt drei Seiten gilt die Unschuldsvermutung.
Nicht ermittelt wird gegen den Sprecher von Außenminister Kurz, Gerald Fleischmann. Ihm wird von der SPÖ vorgeworfen, Puller für Informationen über den SP-Wahlkampf 100.000 Euro „Bestechungsgeld“ geboten zu haben. Puller hatte nämlich behauptet, dass ihm Fleischmann bei einem Treffen im Sommer Geld für einen „Seitenwechsel“ geboten habe. Fleischmann wies das zurück und gab an, Puller hätte geleugnet, für die SPÖ tätig zu sein, woraufhin man über mögliche PR-Aufträge gesprochen habe.
„Weisungsrat“ mit der Causa befasst
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wird der Causa aber offenbar nicht nachgehen: Der SPÖ wurde nämlich schriftlich mitgeteilt, dass kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Dem Justizministerium hat die WKStA trotzdem bereits einen Vorhabensbericht übermittelt – was darauf schließen lässt, dass die Behörde keinen „Anfangsverdacht“ für ein Ermittlungsverfahren sieht. Außerdem wurde der „Weisungsrat“ des Ministeriums mit der Causa befasst.
Für SP-Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter ist das Vorgehen der Justiz „mysteriös“, weil der Weisungsrat schon vor Einleitung von Ermittlungen befasst werde. In einer parlamentarischen Anfrage an Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) will die SPÖ nun wissen, welche Ermittlungsschritte die WKStA in der Causa durchführen durfte, ob es diesbezügliche schriftliche oder telefonische Kontakte mit dem Ministerium gab und warum ein Verfahren gegen einen engen Kurz-Mitarbeiter behindert werde. Immerhin stehe der Pressesprecher im öffentlichen Dienst und könne nicht ohne weiteres PR-Aufträge anbieten.
Betroffenen Personen noch nicht informiert
Strafrechts-Sektionschef Christian Pilnacek wollte die Causa auf APA-Anfrage nicht inhaltlich kommentieren, weil die betroffenen Personen vom Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft noch nicht informiert worden seien. Grundsätzlich betonte er aber, dass ein derartiger Vorhabensbericht auch bedeuten könnte, dass die Staatsanwaltschaft keinen strafrechtlichen Tatbestand erfüllt sieht und daher kein Ermittlungsverfahren einleitet.
Außerdem betonte Pilnacek, dass der von der SPÖ ins Treffen geführte Vorwurf der Betriebsspionage („Auskundschaftung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses“) ein „Privatanklagedelikt“ sei, das die Staatsanwaltschaft nicht von sich aus verfolgen könne. Hier müsste die SPÖ also selbst tätig werden. Sehr wohl von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden könnte dagegen der Vorwurf der „Bestechung von Bediensteten“ (§309 StGB). Diese Bestimmung stellt allerdings explizit auf Bedienstete von Unternehmen ab und nicht auf Mitarbeiter politischer Parteien. (APA)