Erdogan umwirbt Atatürk-Anhänger
Der türkische Präsident hielt eine Rede zum 79. Todestag des Republikgründers.
Ankara – Zwei Jahre vor der Präsidentenwahl in der Türkei umwirbt Staatschef Recep Tayyip Erdogan ihm traditionell kritisch gegenüberstehende Anhänger von Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk. Zum 79. Todestag Atatürks sprach Erdogan zugleich der größten Oppositionspartei CHP das Recht ab, sich als Hüterin des Erbes des säkularen Republikgründers zu verstehen.
„Wir werden nicht erlauben, dass eine amorphe Partei wie die CHP unserem Volk Atatürk stiehlt“, sagte Erdogan am Freitag in Ankara. Anhänger der CHP werfen Erdogan vor, die von Atatürk betriebene Ausrichtung der Türkei nach Westen rückgängig machen und das Land islamisieren zu wollen.
Der Präsident kritisierte, die CHP habe ihren Gründer Atatürk für „ihre eigenen ideologischen Absichten“ missbraucht. Die Folge davon sei, „dass zwischen dem Atatürk in den Herzen unseres Volkes und dem Kemalismus, der danach entworfen wurde, ein sehr großer Unterschied entstanden ist“. Erdogan betonte: „Eine Verbindung zwischen so einer Partei und Atatürk herzustellen, ist die größte Verunglimpfung des Veteranen.“ Nicht zuletzt Putschisten hätten immer wieder versucht, „sich unter dem Deckmantel des Kemalismus zu verstecken“.
Atatürk selber hatte die Republikanische Volkspartei (CHP) ins Leben gerufen, die über seinen Tod im Jahr 1938 hinweg die einzige zugelassene Partei in der Türkei war. Heute ist die CHP die größte Oppositionspartei, in Ankara regiert seit dem Jahr 2002 Erdogans islamisch-konservative AKP.
Erdogan will Macht festigen
Im November 2019 sind Präsidenten- und Parlamentswahlen in der Türkei geplant. Mit diesen Wahlen soll der von Erdogan betriebene Umbau zu einem Präsidialsystem mit ihm selber an der Spitze abgeschlossen werden. Erdogan hat als Ziel für sich und die AKP ein Wahlergebnis von jeweils mehr als 50 Prozent ausgegeben.
In der ganzen Türkei wurde am Freitag zum Zeitpunkt von Atatürks Tod um 09.05 Uhr (Ortszeit/07.05 MEZ) am 10. November 1938 des verstorbenen Republikgründers gedacht. Sirenen heulten, Passanten blieben stehen, Fahrer hielten ihre Autos an. (dpa)