Tierreich

Ein Herz für Stacheln: Tiroler Tierschutzverein sucht Igelpaten

Kranke und unterernährte Igel würden den Winter ohne menschliche Hilfe nicht überleben.
© Tierheim Mentlberg

Krank, zu dünn oder verletzt: mehr als 200 Igeln half der Tierschutzverein für Tirol 1881 im vergangenen Jahr dabei, über den kalten Winter zu kommen. Auf die Unterstützung privater Igelfreunde sei man angewiesen. Aber wann braucht ein Igel überhaupt Hilfe?

Von Jasmine Hrdina

Innsbruck – Es raschelt im Gebüsch und unterm Laub und der Puls schießt einem in die Höhe: doch nicht selten entpuppt sich das vermeintliche Schreckgespenst als kleiner Igel auf der Suche nach Naschereien. Aber ist es denn nicht schon zu kalt für die stacheligen Tiere? Das fragen sich viele Tiroler, kaum ereilten die Wildtierstation im Tierheim Mentlberg so viele besorgte Anrufe, wie in den vergangenen Tagen, berichtet Christina Skupien vom Tierschutzverein für Tirol 1881. Und die Sorge ist nicht ganz unberechtigt.

Dieser Igel wurde unterkühlt aufgefunden.
© Tierheim Mentlberg

Winterspeck als Überlebensstrategie

Gerade jetzt vermehrt auf Igel zu treffen, sei keine ungewöhnliche Sache, denn im November ist es für die Tiere höchste Zeit, sich in den Gärten satt zu fressen und sich dann ein gemütliches Quartier für den Winter zu suchen. Ein ordentlicher Winterspeck ist dabei lebensnotwendig: bringt ein Igel nicht mindestens 700 Gramm auf die Waage, wird er Winter wohl kaum überleben, erklärt Skupien.

100 bis 200 Igel werden jedes Jahr in der Wildtierstation im Tierheim Mentlberg aufgepäppelt und gepflegt.
© Tierheim Mentlberg

Wer dieser Tage also einem verletzten oder eher kleinem Tier begegnet, sollte es unbedingt einfangen und sich bei der Wildtierstation im Tierheim Mentlberg melden. Dort würde man die Tiere aufnehmen und wieder aufpäppeln. Erreicht ein Igel noch während des Winters sein Idealgewicht, wird er später draußen gebettet und darf in seinen Winterschlaf fallen. Kranke oder Verletzte bleiben die kalten Monate über in der Auffangstation und werden dort gepflegt. Jedes Jahr sind das zwischen 100 und 200 Exemplare. „Der Igel steht auf der Roten Liste und wird durch menschliche Hand ausgerottet. Viele Tiere werden im Straßenverkehr getötet. In den gespritzten Gärten bleiben die Futterinsekten aus und die Igel verhungern. Wir sollten die paar Igel, die uns erhalten bleiben, auch unterstützen“, so das Plädoyer des Tierschutzvereins.

Auf der Suche nach Nahrung verirrt sich manch ein Igel gern in den Städten und ist auf Unterstützung angewiesen.
© Hrdina

Knopfaugen zum Verlieben: Tiroler Igelpaten gesucht

Auf die Hilfe privater Igelfreunde sei man deshalb auch angewiesen, berichtet Skupien „Wir erklären unseren Paten genau, wie er sich zu Hause um einen Igel kümmern kann.“

Der Igel im Winter

Was tun, wenn ich einen Igel auf der Straße oder im Garten sehe?

Ist der Igel verletzt, zieht zum Beispiel ein Bein hinterher, oder wirkt sehr klein und unterernährt, sollte man sich an das Tierheim Mentlberg wenden und das Tier mit Handschuhen oder einem Handtuch einfangen. Ein gut genährter Igel ist „birnenförmig“ und weist keine eingefallenen Stellen auf. Nach Möglichkeit kann man den Kleinen auch zu Hause auf die Küchenwaage setzen: 700 Gramm sollte er jedenfalls schon wiegen.

Im Normalfall rollt sich der Igel ein und faucht, sobald man ihm sich nähert. Tut er dies nicht und wirkt eher apathisch, kann das ein Zeichen dafür sein, dass ihm etwas fehlt. Hier sollte man jedenfalls Hilfe leisten. Selbiges gilt, wenn die Augen verklebt sind und das Tier hustet oder röchelt.

Das Tierheim Mentlberg gibt Auskünfte unter 0512-581451 bzw. per Mail über frontoffice@tierschutzverein-tirol.at.

Was passiert im Winter?

Der Igel hält im Winter einen Winterschlaf. Das bedeutet, der Puls wird schwächer, der Körper verbrennt weniger Kalorien und spart an Energie und die Körpertemperatur reduziert sich. Dafür werden kleine Nester aus Laub und Unterholz gebaut, gerne an geschützten Fleckerl in Gärten und Gebüschen oder unter gestapelten Hölzern.

Während sich Männchen schon im Oktober schlafen legen, sind weibliche Tiere im Regelfall erst im November so weit. Im Idealfall haben sie sich dabei genügend Fettreserven angefressen. Im April oder Mai ist es dann wieder Zeit, das Bett zu verlassen.

Der richtige Umgang beginnt dabei schon beim Einfangen: Denn ja, Igel haben nicht nur süße Knopfaugen, sondern meistens auch Flöhe. „Diese Flohart fühlt sich aber auf dem Igel wohler“, beruhigt die Expertin, „an mir ist zumindest noch nie einer hängen geblieben.“ Gartenhandschuhe anzuziehen oder ein Handtuch zu verwenden, wenn man da Tier hochhebt, sei allerdings dennoch empfohlen.

Eine Plastikbox oder eine große Kartonschachtel, ausgelegt mit Zeitungspapier, eignen sich als Igelgehege, dazu eine nicht zu heiße Wärmflasche mit einem Handtuch bedeckt. Eine Schale Wasser und ein Napf mit Katzennassfutter dienen als reichhaltiges Buffet. Aber Achtung: fühlt sich das Tier beim Aufheben kalt an sollte man mit dem Gaumenschmaus noch warten – unterkühlte Igel dürfen nicht gleich gefüttert werden. Schafft es ein Tier, sich noch während der Wintermonate genügend Reserven anzufressen, ist er in einem „Igelhaus“ im Freien bestens aufgehoben, um in den Winterschlaf zu fallen. Rund um „Eisheiligen“ im Mai ist es dann Zeit, Abschied zu nehmen und den Igel im Garten oder einem begrünten Bereich wieder in die Freiheit zu entlassen.

Eine Box mit Zeitung, Wasser und Katzenfutter reichen als Notunterkunft.
© Tierheim Mentlberg

Empfindliche Näschen sollten Igelpaten allerdings nicht haben: Igel machen ganz schön viel Dreck, das Gehege gehört täglich gereinigt. Außerdem ist es wichtig, dass die das Igelheim an einem ruhigen Ort steht, das Kinderzimmer sei jedenfalls kein ideales Plätzchen, mahnt Skupien: „Ein Igel ist kein Spielzeug für Kinder! Unter der Kontrolle der Eltern kann es allerdings sehr spannend sein, das Tier zu beobachten und einen Bezug zur Natur zu bekommen.“

Ein Handtuch oder Gartenhandschuhe können beim Einfangen hilfreich sein.
© Tierheim Mentlberg

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